WIEN AKTUELL (10/2003, Wien)

Matteo Thun - Ein Star-Architekt auf der Suche nach dem Wohlfühl

Der italienische Star-Architekt auf der Suche nach dem Wohlfühlbüro

Matteo Thun: Visionen bei Office-Gebäuden

Seit 1984 hat Matteo Thun sein Studio in der Mailänder Via Appiani mitten in Mailand und gilt mit seinen Arbeiten als Teil der "Mailänder Schule². Gemeinsam mit seinen Partnern gestaltet er berufsübergreifend Architektur, Design und Kommunikation. In der Tradition seines mehrjährigen Partners Ettore Sottsass ist er dabei um Ganzheitlichkeit bemüht. Aus interdisziplinären Herausforderungen entsteht eine Kultur der dialektischen Befruchtung. Nutznießer dieser modernen Vorgangsweise sind international erfolgreiche Industrien und Bauträger.

Der vielseitige Designer und Architekt hat sich mit dem Büro als Arbeitsplatz auseinandergesetzt und ist zu folgendem Schluss gekommen: "Bürogebäude sind eine simple Reihung sich vertikal und horizontal wiederholender Arbeitsplätze.² Trotz der scheinbaren Banalität haben es viele Verwaltungsbauten zu Weltruhm gebracht. So wurden Gebäude wie das "Chrysler Building² von William van Alen und die "Hong Kong und Shanghai Bank² von Norman Foster auf Grund ihrer imposanten Erscheinung und ihrer innovativen Typologien zu Begriffen in der Architekturgeschichte. Auch bei den jüngsten Bürogebäuden wird ein Identität stiftendes Erscheinungsbild, die Corporate Identity, angestrebt.

Die Architektur beschränkt sich nicht selten auf "shell and core², auf die Planung von Gebäudehülle und Kern. Mietbüros werden oft von Investoren erstellt, bevor alle Mieter und damit deren Bedürfnisse bekannt sind. Die Raumgestaltung ist dann meist Sache des Innenarchitekten. Doch erst wenn das gesamte Gebäude vom Städtebau bis zum Schreibtisch durchgängig gestaltet wird, kann ein Gesamtkunstwerk entstehen, das mehr ist als eine in sich geschlossene hoch effiziente Arbeitswelt.

Für die jeweiligen Büroformen haben sich im Laufe der Zeit optimierte Abmessungen herausgebildet. Qualitätvolle Büroarchitektur spielt sich jedoch gerade zwischen den vorgegebenen Rastern ab: in den Empfangshallen und Kommunikationsbereichen, an den Oberflächen. Städtebauliche Rahmenbedingungen, die bauliche Umsetzung Ressourcen sparender Energiekonzepte, vor allem aber die räumliche Version der Architekten führen zu neuen Interpretationen standardisierter Typologien und damit zu außergewöhnlichen Beispielen von Architektur. Welche Chancen eine Organisation bei der Modernisierung ihrer Räume auch immer nutzt und für welches Bürokonzept sie sich entscheidet, am Ende muss sich der Mitarbeiter mit seiner Arbeit und seinem Arbeitsort identifizieren und wohl fühlen.

Vier Kriterien muss das Wohlfühlbüro erfüllen:
  • Es muss so standardisiert sein, dass Umbelegungen ohne Betriebsunterbrechungen, ohne Handwerker, Schmutz und Lärm möglich sind und zugleich den persönlichen Aufgaben, Gewohnheiten und individuellen Anforderungen leicht anzupassen sind.
  • Räume, Raumklima (Licht, Luft, Akustik) und Mobiliar müssen den physiologischen Anforderungen, ergonomischen Standards und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen und zugleich die jeweilige Tätigkeit optimal unterstützen.
  • Die Räume sollen die Transparenz der Abläufe begünstigen, Kommunikation und Synergie zwischen Mitarbeitern und Bereichen mit unterschiedlichen Schwerpunkten fördern und so zur Qualität, Geschwindigkeit und Flexibilität der Prozesse beitragen.
  • Die stille Botschaft der Räume und ihrer Einrichtung soll die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und seinen Produkten unterstützen, Werte nach innen und außen kommunizieren, erwünschte Verhaltensweisen fördern und unerwünschte erschweren.

Denn Maßstab für die Qualität von Arbeitsorten bleibt auch und gerade in einer flexibilisierten, beschleunigten und technologisierten Wirtschafts- und Arbeitswelt der Mensch.

C.M.
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