KÖLN (10/2005, National)

Aurelis - der Landentwickler Expertengespräch mit F. L. Mörsdorf

AURELIS - DER LANDENTWICKLER
Expertengespräch mit F. L. Mörsdorf, Geschäftsführer, und M. Becker, Regionalleiter Region West

Herr Mörsdorf, die aurelis ist vielen noch als ehemaliges Tochterunternehmen der Deutschen Bahn bekannt. Würden Sie uns bitte ein aktuelles Portrait Ihres Unternehmens schildern?

Mörsdorf: Die aurelis Real Estate GmbH & Co. KG hat von der Deutschen Bahn AG etwa 1.800 Grundstücke ge-kauft, um sie zu entwickeln und zu veräußern. Wir betreuen die Projekte bis zur Schaffung von Planungsrecht oder Baureife. Darüber hinaus vermietet aurelis auch für gewerbliche Zwecke. Das gesamte Portfolio umfasst rund 30 Millionen m2. aurelis ist damit eines der größten deutschen Immobilienunternehmen.

51 % der aurelis-Geschäftsanteile werden von einer Investorengruppe unter Führung der WestLB gehalten. 49 % sind im Eigentum der Deutschen Bahn AG.

Wir sind mit Regionalbüros in Hamburg, Köln, Frankfurt und München sowie mit Projektbüros in Berlin, Düsseldorf, Heidelberg und Nürnberg vertreten. Die Zentrale ist in Eschborn bei Frankfurt am Main.

Erläutern Sie uns doch bitte einmal die wichtigsten Aufgabenfelder der aurelis.

Mörsdorf: Die Ziele von aurelis sind, den Bestand an vermieteten Objekten zu optimieren, auf den freien Grundstücken durch Projektentwicklungen eine Wertsteigerung unserer Areale zu erzielen und vermarktungsfähige Objekte zu veräußern.

aurelis ist auf allen Geschäftsfeldern aktiv, die für ganzheit-liches Immobilienmanagement notwendig sind: Die Kernkompetenzen des Immobiliengeschäfts sowie die Steuerung der Geschäftsfelder Vertrieb/Marketing, Projektentwicklung, Portfolio Management und Immobilienmanagement werden durch Experten im Unternehmen abgedeckt. Darüber hinaus bedienen wir uns bei der operativen Umsetzung externer Partner. Die Steuerungsfunktionen bleiben bei den Verantwortlichen der jeweiligen Geschäftsbereiche von aurelis.

In welchen einzelnen Schritten wird die Revitalisierung ehemaliger Eisenbahnareale durch Ihr Unternehmen vorangetrieben?

Mörsdorf: In der Regel sind die Flächen auf ihre Entbehrlichkeit geprüft und werden nicht mehr für den Bahnbetrieb benötigt. Die noch auf den Flächen befindlichen Bahnanlagen werden von der Deutschen Bahn AG in enger Abstimmung mit aurelis sukzessive zurückgebaut. Die Entbehrlichkeit und der Rückbau sind Grundvoraussetzung für die beim Eisenbahnbundesamt zu beantragende Entwidmung. Ist die Entwidmung vollzogen, so fällt die Fläche in die Planungshoheit der Kommune.

Parallel erarbeitet die aurelis in enger Kooperation mit den Kommunen Nutzungskonzepte für die Flächen, die sowohl den gesamtstädtischen als auch den Gegebenheiten der Fläche und den Anforderungen des Marktes Rechnung tragen. Auf Grundlage von Nutzungskonzepten oder auch Machbarkeitsstudien wird das offizielle Bebauungsplanverfahren eingeleitet. Am Anfang steht der so genannte Aufstellungsbeschluss, in dem die Kommune für eine bestimmte Fläche den generellen Willen zur Entwicklung bekundet. Nach der inhaltlichen Bearbeitung - hierzu zählen neben den städtebaulichen Disziplinen wie Verkehrs- und Freiflächenplanung auch die ökologischen und technischen Fachgutachten - werden im Verfahren die öffentlichen Belange in Form der Offenlage abgeprüft. Die Anregungen und Einwände werden in die Konzepte aufgenommen und der Plan kann beschlossen werden. Ergebnis ist ein rechtsgültiger Bebauungsplan, der insbesondere die Art und das Maß der baulichen Nutzung definiert. Die Fläche mit Bebauungsplan stellt letztendlich unser Produkt dar, welches wir am Markt den Investoren bzw. Bauträgern anbieten.

Bei einer Gesamtfläche von 10 ha und mehr, wie dies an mehreren Standorten haben, entwickeln wir in Teilflächen. Hier dauert die vollständige Entwicklung eines Projektes fünf bis 15 Jahre.

Ehemalige Bahnflächen bieten nicht nur auf Grund ihrer zentralen Lage große Entwicklungspotenziale. Welche Vorteile hat das Flächenrecycling gegenüber der Neuerschließung sonst noch?

Mörsdorf:

  • Der Flächenverbrauch von Neubauland wird reduziert. Gegenüber dem "Bauen auf der grünen Wiese" müssen keine Grünflächen versiegelt werden.
  • Das Stadtbild wird maßgeblich aufgewertet - aus Brachen werden lebenswerte Stadtviertel.
  • Es besteht die Chance, neu erkannte Anforderungen der Stadtentwicklung abzudecken. Besteht beispielsweise ein Bedarf an modernem Wohnraum in der Innenstadt, kann man ihn auf unseren Flächen befriedigen.
  • Bestehende Infrastruktur wird ausgenutzt.
  • Die Innenstadt kann ohne zusätzliche Flächenausdehnung expandieren.


Der wichtigste Vorteil aber ist: Wir tragen zur Belebung der Innenstädte bei und unterstützen den Trend "Zurück in die Stadt". Dabei werden die Lebensbereiche Wohnen, Freizeit und Arbeit wieder zusammengeführt.

Landentwicklung ist Teamwork. Wer sind Ihre Partner und wie binden Sie diese in Ihre Projekte ein?

Mörsdorf: Die beiden wichtigsten Partner sind die Deutsche Bahn AG, die die Flächen beräumt, und die Kommunen, mit denen wir die komplette Planung verhandeln.

Aber die Prozesse, die hinter einer Bauleitplanung liegen, sind komplex. Es kommt vor, dass wir bis zu 50 externe Partner - von der Behörde über den Projektentwickler bis zum Planer - über lange Zeiträume koordinieren und steuern.

aurelis ist nicht nur Landentwickler und -vermarkter, sondern auch ein bedeutender Anbieter in der Vermietung von Gewerbeflächen. Welche Zielgruppen können Sie mit Ihrem Angebot bedienen?

Becker: Unser Mietportfolio allein in NRW beläuft sich auf ca. 1.300.000 m2. Wir bieten Bürogebäude, Hallen oder Freiflächen an, die immer verkehrsgünstig, weil bahnhofsnah, gelegen sind. Unsere Büroflächen sind sowohl für kleine wie auch mittelständische Unternehmen geeignet .

Die Hallen können zu den verschiedensten gewerblichen Zwecken genutzt werden, zum Beispiel als überdachte Marktfläche, als Diskothek, Theater oder für Gastronomie, als Lagerraum oder für andere Logistiknutzungen. Die Flächen können beispielsweise als Parkplatz oder für den Automobilhandel verwendet werden.

Flächen dieser Größenordnung zu entwickeln, bedeutet auch ein hohes Maß an wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verantwortung. Wie geht die aurelis mit dieser Herausforderung um?

Mörsdorf: Wir versuchen, für jedes Projekt einen individuellen Ansatz im Sinne einer nachhaltigen Flächen- bzw. Stadtentwicklung zu finden; das heißt ausgewogene, wirtschaftlich und gesellschaftlich tragfähige, interdisziplinäre Lösungsansätze. Ziel ist es, die Nutzungsidee mit Aspekten wie harmonische Eingliederung ins städtische Umfeld, Umweltverträglichkeit, Marktakzeptanz und Wertschöpfung für alle Beteiligten in Einklang zu bringen. Wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass sich die Projektpartner gegenseitig verstehen und respektieren, die jeweilige Interessenslage erkennen und kompromissbereit sind.

Bitte stellen Sie uns Ihre wichtigsten städtebaulichen Vorhaben in der Rhein- und Ruhrregion einmal kurz vor.

Becker: Die derzeit wichtigsten Projekte der aurelis sind das "Deutzer Feld" in Köln und die "Neuen Düsseldorfer Stadtquartiere". Darüber hinaus bieten wir Wohnbauflächen in Dortmund und Gelsenkirchen: "Dortmund- Kronprinzenviertel", "Dortmund-Stadtquartier Ost" sowie "Gelsenkirchen, Schalke-Süd". In Dortmund bringen wir darüber hinaus Teilflächen für den Umbau des Hauptbahnhofes - Projekt "3do" - ein. In Duisburg-Wedau, mit ca. 90 ha das zukünftig größte Entwicklungsareal der aurelis in Nordrhein-Westfalen, werden ab 2008 Wohnbaufelder in direkter Nachbarschaft zur "Sechs-Seen-Platte" und dem Stadtwald Duisburg angeboten. Weitere bedeutende Wohnbauareale sind in Krefeld-Verschubbahnhof (10 ha) und Wuppertal-Wichlinghausen (ca. 13 ha).

Für das Entwicklungsareal "Deutzer Feld" in Köln ist der Bebauungsplan seit Mai 2003 verabschiedet. Bitte nennen Sie unseren Lesern die dort geplanten Vorhaben und die Details zum vorgesehenen Nutzungsmix.

Becker: Auf dem 50.000 m2 großen "Deutzer Feld" können auf vier Baufeldern insgesamt 96.000 m2 Bruttogeschossflächen (BGF) an Büroflächen entstehen. In den Baufeldern 1 und 2, dem Eingangsbereich von der Kölner City in das "Deutzer Feld", können jeweils bis zu 32.500 m2 BGF in Hochhäusern gebaut werden. Auf Baufeld 3 entstehen in viergeschossiger Bauweise ca. 22.000 m2 BGF und auf Baufeld 4 in bis zu sieben Geschossen ca. 9.000 m2 BGF.

Was macht den besonderen Reiz dieser Lage aus und welche verschiedenen Optionen für Entwickler und Nutzer gibt es, sich hier mit einem Teilprojekt zu engagieren?

Becker: Das "Deutzer Feld" ist der Bürostandort mit der besten Verkehrsanbindung in Köln. Über den ICE-Bahnhof Köln-Deutz ist das Areal an das ICE-Netz der Deutschen Bahn AG und die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke Köln-Frankfurt angeschlossen, die auch die beiden Großflughäfen Köln/Bonn und Frankfurt miteinander verbindet.

Der Nahverkehr ist über die S-Bahn-Haltestelle "Trimborner Straße" angeschlossen. Ein weiterer eigener S-Bahn-Haltepunkt für das Areal ist in Planung.

Über die neue Westtangente hat das "Deutzer Feld" einen eigenen Autobahnzubringer erhalten, der Autobahnanbindungen in alle Richtungen in kürzester Zeit ermöglicht. Die rechte Rheinseite in Köln-Deutz erfährt durch die Entscheidung von RTL, in die Kölner Messehallen zu wechseln, eine erhebliche Entwicklungsdynamik.

In welchem Zeithorizont kann hier gegebenenfalls ge-baut und gemietet werden?

Becker: Für die Grundstücke "Deutzer Feld" besteht Planungsrecht, die Eigentumsverhältnisse sind klar. Anträge auf Bauvorbescheid und Bauanträge können unmittelbar gestellt werden. Wenn man von einer Planungs- und Bauzeit von ca. 1,5 Jahren ausgeht, könnten die Objekte voraussichtlich schon 2007 bezogen werden.

Ihr derzeit größtes Entwicklungsareal in NRW sind die "Neuen Düsseldorfer Stadtquartiere" mit einem Plangebiet von ca. 35 ha Ausdehnung. Welche Ziele verfolgen Sie mit diesem städtebaulich ambitionierten Projekt?

Becker: Wir wollen den Trend "Zurück in die Stadt" unterstützen und die Trennung der Lebensbereiche aufheben. Überlegen Sie sich doch mal, wie viel Zeit man täglich mit dem Pendeln zwischen Arbeitsplatz und Wohnort verbringt. Deshalb haben wir ein multifunktionales Nutzungskonzept erarbeitet mit einer urbanen Durchmischung von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit.

Die großzügig dimensionierten Stadtgärten bieten sehr gute Naherholungsmöglichkeiten, und die Fläche zeichnet sich durch eine hervorragende Lage in Düsseldorf aus. Der Vertriebsstart war bisher viel versprechend. Wie sieht der aktuelle Zeitplan für die Erschließung der einzelnen Teilgebiete aus?

Becker: Maßgeblich für die Haupterschließung des Gesamtareals ist die vierspurige Entlastungsstraße vom Bereich Wehrhahn bis zur Münsterstraße. Die Straße einschließlich der notwendigen Kanäle wird derzeit geplant. Mit der Realisierung kann voraussichtlich 2007 begonnen werden. Parallel zur Entlastungsstraße werden - abhängig vom Vermarktungsstand - die weiteren Erschließungsanlagen gebaut.

Was bedeutet für die aurelis und ihre Partner Time to Market?

Mörsdorf: Time to Market bezeichnet in der Betriebswirtschaft ja nichts anderes als den Zeitraum vom Beginn der Entwicklung bis zur Marktreife eines Produktes. Mit den Leistungen, die wir erbringen, um die aurelis-Flächen baureif zu machen, nutzen wir diesen Zeitraum, um die Wertschöpfung zu erhöhen. Der Entwicklungswert der Areale von aurelis beläuft sich auf ein Vielfaches des aktuellen Marktwertes. Und mit ihren Hochbauprojekten können Investoren die Werthaltigkeit der Immobilien weiter steigern.

Im Übrigen gilt vor allem in Zeiten der Marktschwäche: Jetzt ist die Zeit, um die umfassenden Aufgaben der Entwicklung großer Flächen sauber bearbeiten zu können. Jetzt sollten die planerischen Weichen gestellt werden, um bei einer Markterholung schnell reagieren zu können. Wer heute besonnen investiert, profitiert morgen davon.

Der Slogan Ihres Unternehmens lautet "aurelis. Erfolg hat einen Grund". Würden Sie abschließend diesen Anspruch zusammenfassend einmal erläutern?

Mörsdorf: Wir nutzen die Doppelbedeutung des Wortes "Grund" und spielen auf die eben beschriebenen Chancen an, die unsere Flächen für Investoren, Bauträger und Kommunen bieten.

Das Interview führte Andreas P. Lienig
Facts:
Kontakt: aurelis Real Estate GmbH & Co. KG
Region West
Dompropst-Ketzer-Straße 1-9
50667 Köln
Tel. 0221 - 91 24 89 - 0
www.aurelis-real-estate.de
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