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06.04.2021 Wohnungseigentum: Verwaltervertrag ist nicht Verwaltervertrag

Mit dem neuen Wohnungseigentumsgesetz, das seit Dezember 2020 in Kraft ist, müssen jetzt viele Verwalterverträge sukzessive neu gefasst und vereinbart werden. Mit einem eigentümer- und verbraucherorientierten Muster-Verwaltervertrag will der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) dem Vertragsgestaltungsvorteil der gewerblich tätigen Verwalter entgegenwirken. Deren Vertragsformulare enthalten naturgemäß Regelungen, die die Wohnungseigentümer benachteiligen. Mit dem WiE-Muster-Verwaltervertrag können Wohnungseigentümer ihre Interessen souverän in die Vertragsverhandlungen mit der Verwalterin oder dem Verwalter einbringen und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben im Verwaltervertrag fixieren.

Aufgrund der vielen gesetzlichen Änderungen im neuen Wohnungseigentumsgesetz (WEGesetz) fragen sich viele Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs), ob und wie sie die Verwalterverträge ändern müssen. Altverträge behalten zwar ihre Gültigkeit, aber spätestens bei einem Verwalterwechsel muss der Verwaltervertrag den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Als Verbraucherschutzverband bietet WiE eine aus Eigentümersicht gestaltete Alternative zu den Muster-Verträgen der Verwalterverbände oder den Muster-Verträgen aus dem Internet und der juristischen Fachliteratur: einen verbraucherorientierten Muster-Verwaltervertrag für WEGs, der klar und eindeutig die Interessen der Wohnungseigentümer vertraglich festlegt.

Besonderheiten des WiE-Muster-Verwaltervertrags

Zum einen stellt das WiE-Muster die wichtigsten Anforderungen einer WEG an die Tätigkeiten der Verwalter und den Leistungsumfang zusammen. Zum anderen führt das Formular auf und erläutert, welche Grundleistungen zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung gehören und damit pauschal mit dem Verwalterhonorar vergütet sein sollten und welche Sonderleistungen in der Regel zusätzlich zu bezahlen sind. Hingegen geht in den Verträgen von Verwalterseite der Trend zu immer weniger im Honorar enthaltenen Grundleistungen bei einer steigenden Anzahl an zusätzlich zu vergütenden Sonderleistungen. So besteht die Gefahr, dass WEGs den Überblick über das tatsächliche Honorar der Verwalter verlieren oder erst gar nicht erhalten. Eine gezielte Methode zur Honorarerhöhung?

10 wichtige Punkte, in denen sich der WiE-Muster-Verwaltervertrag von anderen konkret unterscheidet:

• Kein vertraglicher Anspruch der Verwalter auf Entlastung
Damit die WEGs nicht unbeabsichtigt auf Schadensersatzforderungen gegen Verwalter verzichten.
• Keine Haftungsbeschränkung für die Verwalter
Keine Deckelung von Schadensersatzansprüchen auf die Höhe der Berufshaftpflicht-Versicherungssumme der Verwalter. Auch andere Arten von Haftungsbeschränkungen sollten nicht akzeptiert werden.
• Keine Befreiung von In-Sich-Geschäften (§ 181 BGB)
Diese Vorschrift verbietet es einem Verwalter, Verträge mit sich selbst zu schließen.
• Einschränkung der Sondervergütung für das Ermöglichen von Online-Teilnahmen an Eigentümerversammlungen
Extra zu vergütender Mehraufwand kann entstehen. Aber es ist keinesfalls akzeptabel, wenn Verwalter die Investitions- und Einarbeitungskosten ihres Unternehmens darüber abrechnen.
• Keine Sondervergütung für WEG-Versammlungen in Abendstunden und an Wochenenden
Dies sind übliche Zeiten für Eigentümerversammlungen.
• Keine Sondervergütung für Gerichtstermine
Verwalter sind gesetzliche Vertreter der WEG. Es ist ureigene Aufgabe gesetzlicher Vertreter, Gerichtstermine wahrzunehmen, wenn ein Gericht das anordnet.
• Keine Sondervergütungen allein wegen der Pandemie
Nur weil die Arbeit in Pandemiezeiten schwieriger wird, wird eine Grundleistung nicht zu einer Sonderleistung.
• Ausarbeitung eines Erhaltungsplans muss im Grundpreis enthalten sein
Eine solide Planung von Wartungen und Reparaturen ist keine Sonderleistung.
• Keine Begrenzung der Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen
Die Erfüllung dieses gesetzlichen Anspruchs der Eigentümer stellt eine Grundleistung dar.
• Kein „Lösegeld“ für eine frühzeitige Verwalterabberufung
Verwalter können nun jederzeit abberufen werden. Deshalb sollten WEGs darauf hinwirken, dass über den Zeitpunkt der Abberufung hinaus keine Vergütungsansprüche von Verwaltern mehr bestehen.

Diese Liste ist nicht abschließend.

Vertragsentwürfe nicht ungeprüft übernehmen

WiE empfiehlt allen WEGs, von Verwaltern vorgelegte Verträge sorgfältig zu prüfen und mit dem WiE-Muster-Verwaltervertrag zu vergleichen. Individuell ausgehandelte Verträge sollten sie wegen möglicher Fallstricke und Fußangeln von WiE oder fachkundigen Rechtsanwälten prüfen lassen.

Gewarnt wird auch vor schneller, ungeprüfter Übernahmen von Muster-Verträgen aus dem Internet oder aus juristischen Fachbüchern. Weder ist die Qualität dieser Verträge bekannt noch wird transparent, welche Interessen in diesen Verträgen ruhen. Selbst wenn der Vertrag von einem Eigentümerverband herausgegeben wird, muss immer geprüft werden, welchen Zweck und welche Interessen dieser Vertrag verfolgt.

Der WiE-Muster-Verwaltervertrag bietet Wohnungseigentümern die Möglichkeit, ihre eigenen Vorstellungen und Anforderungen besser zu erkennen, zu optimieren, zu konkretisieren und schriftlich zu fixieren. Leitlinie der vertraglichen Gestaltung ist es, der Eigentümergemeinschaft die umfangreichen Kontroll- und Sicherungsrechte zu bewahren, die ihr von Gesetzes wegen zustehen, ohne die gesetzlichen Befugnisse der Verwalter zu verletzen und ohne den reibungslosen Ablauf der Verwaltung zu gefährden. Darüber hinaus bleibt es jeder WEG überlassen, im Muster-Verwaltervertrag Änderungen aufgrund individueller Besonderheiten vorzunehmen.






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