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10.05.2021 Wohnimmobilien als Anleihesubstitut sind gefragt, hoher Anlagedruck

Im April 2021 wechselten in Deutschland Wohnimmobilien für etwa 1,2 Mrd. Euro den Eigentümer (Transaktionen ab 50 Wohnungen). Im ersten Quartal belief sich das Transaktionsvolumen auf 5,6 Mrd. Euro, womit es das drittumsatzstärkste Auftaktquartal aller Zeiten war. Insgesamt wurden im ersten Quartal etwa 31.000 Wohnungen gehandelt. Auch für den weiteren Jahresverlauf ist mit einem hohen Investmentvolumen zu rechnen. Für das Gesamtjahr ist laut Savills ein Volumen von mehr als 19 Mrd. Euro realistisch.

Die wichtigsten Fakten im Überblick:

• Transaktionsvolumen von 5,6 Mrd. Euro im Q1-2021 und 1,2 Mrd. Euro im April
• Deutschland ist zweitgrößter Markt der Welt
• ESG-Kriterien dürften Nachfrage nach Neubauten und gefördertem Wohnen steigern
• Umlandregionen werden stärker in den Fokus rücken
• Prognose 2021: Mehr als 19 Mrd. Euro Transaktionsvolumen

Wohnen als Anleihesubstitut gefragt

Mehr denn je stehen Wohnimmobilien bei institutionellen Investoren hoch im Kurs. Die nach Anlagemöglichkeiten suchende Kapitalsumme dürfte weiter zunehmen. „Allein bis zum Ende des Jahres 2023 laufen Bundesanleihen mit einem Volumen von 170 Mrd. Euro aus. Dieses freigesetzte Kapital wird angesichts weiterhin niedriger Anleiherenditen zu einem gewissen Teil in Immobilien umgeschichtet werden. Wohnimmobilien eignen sich hinsichtlich ihrer Stabilität dabei am ehesten als Anleihesubstitut“, konstatiert Karsten Nemecek, Managing Director Corporate Finance – Valuation bei Savills Germany und erläutert: „Die Wohnungsmieten in Deutschland weisen im Vergleich zu Gewerbenutzungen wie Büro oder Handel eine niedrigere Volatilität auf. Selbst während der letzten Finanzkrise stiegen die Mieten weiter. Gleiches war auch im letzten Jahr zu beobachten. Diskussionen, wie etwa zum zukünftigen Büroflächenbedarf aufgrund von Homeoffice oder zum Niedergang vieler Einkaufslagen, finden sich am Wohnungsmarkt derzeit ebenfalls nicht. Stattdessen wird sogar über wachsende Wohnflächenbedarfe gesprochen. Für Investoren, die auf langfristig stabile Erträge angewiesen sind, bleiben Wohnimmobilien daher die erste Wahl“.

Deutschland ist der zweitliquideste Markt der Welt – Nachfrageüberhang am Investmentmarkt bleibt bestehen

Aufgrund seiner Größe ist der deutsche Wohnimmobilienmarkt eine der ersten Anlaufstellen für potenziellen Wohnungsinvestoren aus aller Welt. Seit April 2020 – dem ersten vollständigen „Pandemiemonat“ in Deutschland – wurden Wohnimmobilien für rund 17,4 Mrd. Euro gehandelt. Nach den USA war Deutschland somit der weltweit liquideste institutionelle Wohninvestmentmarkt. Dennoch ist die Nachfrage seitens der Investoren weit höher als das verfügbare Angebot. „Neben Offenen Spezialfonds, hinter denen vielfach Kapital von Versicherungen und Pensionskassen steht, und den großen deutschen Wohnimmobilien-AGs konkurrieren seit einiger Zeit auch internationale Private-Equity-Akteure wieder um die verfügbaren Produkte. Viele weitere Investoren, zunehmend auch aus dem Ausland, prüfen Einstiegsmöglichkeiten in den hiesigen Markt“, berichtet Matti Schenk, Associate Research Germany bei Savills. In der Zeit von April 2020 bis Ende April 2021 entfielen rund 35 % des Wohnimmobilientransaktionsvolumens auf Investoren aus dem Ausland. Im Vergleich zum Durchschnitt der fünf Jahre vor Pandemiebeginn (20 %) bedeutet dies einen Anstieg der Ankaufsaktivität internationaler Akteure.

Wohnimmobilien machen ein Viertel des gesamten Immobilieninvestmentmarkts aus
Seit April 2020 machten Wohnimmobilien rund ein Viertel des gesamten Immobilientransaktionsvolumens in Deutschland aus. Im Vergleich zu den fünf Jahren vor Beginn der Pandemie hat Wohnen am institutionellen Immobilieninvestmentmarkt somit weiter an Bedeutung gewonnen. So lag der Wohnanteil am gesamten Immobilientransaktionsvolumens im Mittel der Jahre 2015 bis 2019 nur bei 21,7 %.

ESG-Kriterien: Neubau und gefördertes Wohnen im Blickfeld

Bei den Anlagepräferenzen der Investoren gewinnen ESG-Kriterien immer mehr an Bedeutung. Die Berücksichtigung hoher baulicher Standards im Hinblick auf die ökologische Nachhaltigkeit („E“) begründet unter anderem eine sehr hohe Nachfrage nach Neubauimmobilien. Auf Käufe von Projektentwicklungen entfielen seit April 2020 nahezu 5,0 Mrd. Euro bzw. circa 40 % des Transaktionsvolumens. Im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019 lag dieser Anteil nur bei 23 %. „Insbesondere bei Wohnimmobilien rückt die soziale Nachhaltigkeitskomponente („S“) stärker in den Fokus. Zwar sind gerade bei dieser Dimension von ESG noch viele Unklarheiten vorhanden, viele Investoren assoziieren damit jedoch einen bestimmten Anteil preisgedämpfter Wohnungen“, berichtet Schenk und fügt hinzu: „Wir registrieren, dass sich immer mehr Investoren mit dem Thema erschwingliches oder gefördertes Wohnen auseinandersetzen“. Aufgrund von Vorgaben vieler Gemeinden muss bei vielen Bauvorhaben ohnehin ein gewisser Teil geförderter Mietwohnungen enthalten sein. Seit April 2020 waren bei etwa 12 % aller erfassten Transaktionen zumindest teilweise geförderte Wohnungen enthalten.

Umlandregionen bleiben Nische am Investmentmarkt – Bedeutungszuwachs in Sicht

Im Zuge der Lockdown-Erfahrung und in Erwartung eine stärkeren Homeoffice-Nutzung rückt das Wohnen im Grünen stärker in den Blick. In der Tat sind die Mieten und Kaufpreise auch im Umland der Großstädte zuletzt stark angestiegen. Seit April 2020 wurden allein im Umland der sieben A-Städte (Raumabgrenzung gemäß BBSR) Wohnimmobilien für rund 703 Mio. Euro gehandelt. Das waren zwar nur rund 4 % des gesamten Transaktionsvolumens, im Mittel der Jahre 2015 bis 2019 lag der Anteil jedoch bei nur 2,3 %. Im Zuge einer stärkeren Neubautätigkeit, auch von Mehrfamilienhäusern, dürfte das Volumen und auch die Investorennachfrage in den Umlandregionen in den kommenden Jahren ansteigen.

Ausblick: Hoher Anlagedruck trifft auf stärkere Regulierung

Angesichts der weiter steigenden Investorennachfrage werden die Preise für Wohnimmobilien weiter hoch bleiben. Auf der Ertragsseite könnten zusätzliche Regulierungen jedoch Mietsteigerungen erschweren und somit in Zukunft die Gesamtrenditen schmälern. „Die jüngst beschlossenen Entscheidungen im Rahmen des Baulandmobilisierungsgesetztes haben den Spielraum für Eigentümer weiter eingeschränkt. Zudem wird Wohnen eines der zentralen Themen im Bundestagswahlkampf werden. Schon jetzt werden Forderungen wie etwa die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels erhoben“, konstatiert Nemecek und kommentiert: „Die im Raum stehenden Regulierungen könnten dazu führen, dass noch mehr Investoren auf Neubauten setzen oder sich für gefördertes Wohnen interessieren. Angesichts der geringen und breit gestreuten Mietausfallwahrscheinlichkeit ist eine generelle Abkehr von Langfristinvestoren aber auch bei stärkerer Regulierung unwahrscheinlich“.









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