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06.07.2021 Deutscher Investmentmarkt ist zur Jahresmitte wieder auf Kurs

Der deutsche Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien beendete, nach Angaben von Colliers, das erste Halbjahr mit einem Transaktionsvolumen von 23,1 Milliarden Euro. Nach einem ruhigen Jahresstart sorgte das äußerst dynamisch verlaufene zweite Quartal, das mit einem Volumen von 14,3 Milliarden Euro sogar die Vergleichswerte aus den Boomjahren 2017 bis 2019 von circa 13,5 Milliarden Euro übertraf, für einen kräftigen Aufholprozess. Während sich der Rückstand des aktuellen Jahreswertes auf den Fünfjahresdurchschnitt binnen drei Monaten von 28 Prozent Ende März auf 6 Prozent Ende Juni verkürzte, weist der Vergleich mit dem Zehnjahresdurchschnitt statt einem Minus von 11 Prozent nun wieder ein kräftiges Plus von 17 Prozent aus.

Geschäftsaktivitäten fast wieder im „Normalmodus“

Matthias Leube, CEO bei Colliers, bestätigt die positive Grundstimmung unter den Investoren: „Mit Brechen der dritten Infektionswelle, steigender Durchimpfung und schrittweiser Rücknahme von Kontaktbeschränkungen ist der Immobilieninvestmentmarkt vor vielen anderen Wirtschaftsbereichen fast wieder im ´Normalmodus´ angekommen. Steigende Pitchanfragen sind hierfür ein untrügliches Zeichen, der per Umfrage ermittelte Immobilienklimaindex ein weiteres. Der Index ist seit April über alle Nutzungsarten gestiegen und konnte im Juni nochmals an Dynamik gewinnen. Die Überwindung der gesamtwirtschaftlichen Krise im weiteren Jahresverlauf wird auch die Vermietungsmärkte weiter stützen. Die Rückkehr des ifo Geschäftsklimaindex auf ein Niveau, das vor Ausbruch der Corona-Krise und der Konjunkturdelle Ende 2019 registriert wurde, ist hierfür ein entscheidendes Signal.“

Christian Kadel, Head of Capital Markets bei Colliers, führt weiter aus: „Der deutsche Investmentmarkt ist wieder auf Kurs. Die Atempause, die wir im ersten Quartal gesehen haben, war erwartungsgemäß temporärer Natur und wurde zur Vorbereitung der zwischen April und Juni getätigten Abschlüsse genutzt. Um die Stärke des aktuellen Halbjahresergebnisses auch gegenüber dem Allzeitrekord des Vorjahres von 28,5 Milliarden Euro bewerten zu können, muss man zum einen das Volumen der damaligen TLG-Übernahme durch Aroundtown von rund 4 Milliarden Euro als Ausnahmedeal berücksichtigen. Zum anderen prägten in der ersten Jahreshälfte 2020 noch Abschlüsse, die in Vor-Corona-Zeiten verhandelt wurden, das Transaktionsgeschehen. Die Abschlüsse der letzten sechs Monate haben sich hingegen unter dem Eindruck der Pandemie vollzogen und sind somit ein klares Votum für den deutschen Investmentmarkt. Das derzeit lebhafte Marktgeschehen lässt sich auch an der Gesamtzahl aller registrierten Dealabschlüsse ablesen, die mit 676 über dem Vorjahresniveau von 660 liegt.“

Rückkehr von Großdeals trotz Corona-Bedingungen

Ein wesentlicher Treiber des „Quartalssprints“ war die Rückkehr von Megadeals, also Deals ab einem Volumen von 500 Millionen Euro aufwärts. Mit dem Verkauf des Berliner Großprojektes FÜRST (ehemaliges Kudamm-Karree) von Vivion an Aggregate sowie eines 69 deutsche Gewerbeimmobilien umfassenden Portfolios von Summit an den Opportunity Fonds Epsio 5 von Tristan wurden gleich zwei Abschlüsse in der Größenordnung von jeweils rund einer Milliarde Euro getätigt. Bei den Münchener Büroobjekten Rosenheimer Höfe, Uptown München und den Highlight Towers handelt es sich um drei Landmarks von je 650 Millionen Euro. Insgesamt stieg die Zahl der Abschlüsse in der Kategorie über 250 Millionen Euro binnen drei Monaten von drei auf zehn.

Befeuert von den erwähnten Großabschlüssen dominierten Einzelverkäufe mit einem Gesamtvolumen von 17,8 Milliarden Euro und einem Marktanteil von rund 77 Prozent. „Prüf- und besichtigungsintensivere Paketverkäufe, die wegen der Corona-bedingten Einschränkungen in den letzten Monaten das Nachsehen hatten, sind wieder vermehrt in Vorbereitung“, so Kadel. Portfolien bieten die Möglichkeit, abseits der von Produktmangel und weiter anziehenden Preisen geprägten Investmentmentzentren größere Ticketsummen zu platzieren. Gerade in der Fläche breit verteilte Nutzungsarten wie Logistikimmobilien oder Fachmärkte stellen unter Rendite-Risikogesichtspunkten attraktive Alternativen dar. Über die Bündelung können Mindestticketgrößen erzielt werden, die für internationale Investoren eine Voraussetzung für ein Engagement sind.

Kadel: „Zudem ist der Verkauf des Summit-Portfolios auch in vielerlei anderer Hinsicht richtungsweisend für den Markt. Er steht für die Rückkehr ausländischen Kapitals, aber auch für die Rückkehr der opportunistisch geprägten Akteure, die während der Pandemie den Markt risikoaversen Core-Investoren überlassen haben. Mit einem Marktvolumen von über 40 Prozent dominieren allerdings noch Core-Investments. Zusammen mit Core-Plus-Käufen liegt der Anteil bei rund 70 Prozent.“
Bis zur Jahresmitte wurden 15,8 Milliarden Euro und damit rund 69 Prozent des Anlagekapitals von heimischen Investoren angelegt. Rund 7,3 Milliarden Euro flossen aus dem Ausland nach Deutschland, davon 2,3 Milliarden Euro aus Großbritannien (10 Prozent Marktanteil), 1,3 Milliarden Euro aus den USA (6 Prozent) und 970 Millionen Euro aus Österreich (4 Prozent).

Bei der Branchenauswertung der bedeutendsten Investorengruppen zeigt sich ein weitestgehend unverändertes Bild. Auf der Verkäuferseite sind Asset- und Fondsmanager mit 5,1 Milliarden Euro bzw. 22 Prozent Marktanteil knapp an den lange führenden Projektentwicklern mit 5,0 Milliarden Euro bzw. 21 Prozent Marktanteil vorbeigezogen. Bei den Käufern nehmen Asset- und Fondsmanager mit 6,2 Milliarden Euro bzw. 27 Prozent unverändert die Spitzenposition vor offenen Immobilien- und Spezialfonds mit 5,6 Milliarden Euro bzw. 24 Prozent ein.

Büroobjekte in TOP 7 wieder ganz oben auf der Liste

Nach 40 Prozent Marktanteil in den ersten drei Monaten dieses Jahres hat die Bedeutung der sieben großen Investmentzentren zur Jahresmitte deutlich zugenommen. Der aktuelle Anteil liegt bei 54 Prozent. Mit 12,4 Milliarden Euro wurde der Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2020 nahezu exakt erreicht. „Auch wenn die Aufbruchstimmung an fast allen Standorten mit Händen zu greifen ist, verlief die Entwicklung der Städte bis zur Jahresmitte noch uneinheitlich“, beobachtet Kadel. Berlin und München führen die TOP 7 unter anderem wegen der Landmarkdeals mit 4,3 Milliarden Euro bzw. 3,1 Milliarden Euro an und konnten den Fünfjahresdurchschnitt um 25 bzw. 32 Prozent deutlich übertreffen. Beim drittplatzierten Frankfurt ließ die Veräußerung von Objekten in ähnlicher Größenordnung noch auf sich warten, ist aber auf Jahressicht absehbar. Damit fiel das Halbjahresergebnis von 1,8 Milliarden Euro um 28 Prozent hinter den Durchschnittswert der vergangenen fünf Jahre zurück. Auch Hamburg, das noch im Jahresabschlussquartal 2020 großvolumige Abschlüsse verzeichnete, blieb mit 1,3 Milliarden Euro um 20 Prozent hinter seinem langjährigen Durchschnitt zurück. Düsseldorf und Köln erzielten je ein Transaktionsvolumen von 750 Millionen Euro – ein unterdurchschnittlicher Wert für die Landeshauptstadt, ein überdurchschnittlicher für Köln. Ruhig blieb es in Stuttgart mit einem Umsatz von 448 Millionen Euro und dem mit 36 Prozent größten Minus unter den TOP 7.

Büroimmobilien mit gestärkten Marktanteilen

Bei den Nutzungsarten konnte zur Jahresmitte eine Verschiebung zugunsten von Büroimmobilien verzeichnet werden, deren Marktanteil bei 48 Prozent lag. Es folgen als „Krisengewinner“ Industrie- und Logistikimmobilien mit 19 Prozent, die Einzelhandelsimmobilien mit 12 Prozent wiederholt auf den dritten Platz zurückdrängten. In diesem Segment sind es vor allem die großvolumigen Betriebstypen wie Shoppingcenter oder innerstädtische Kauf-, Waren- oder Geschäftshäuser in 1a-Lagen, die für den Bedeutungsrückgang sorgten. Kleinteilige Fachmarktportfolien oder Fachmarktzentren mit Lebensmittelschwerpunkt, Baumärkte und Fachmärkte mit Sport- und Freizeitsortimenten stemmen sich diesem Gesamttrend mit dynamischem Wachstum entgegen, können ihn aber wegen kleinerer Volumina nicht umkehren. Am Hotelmarkt hellt sich die Stimmung zunehmend auf. Angesichts längerer Verhandlungen und langwieriger Prüfungen seitens finanzierender Banken wird es noch dauern, bis die Trendwende am Investmentmarkt ankommt. Der aktuelle Marktanteil ist nochmals leicht auf 4 Prozent abgerutscht.

Weitere Preissteigerungen im Core-Segment deuten sich an

Gegenüber dem Vorquartal sind die Spitzenrenditen überwiegend stabil geblieben. An Standorten und in Segmenten, wo im vergangenen Quartal Core-Benchmark-Deals zu verzeichnen waren, zeigten sich Renditekompressionen, die in den nächsten Monaten auch auf breiterer Basis erwartet werden. So gab die Brutto-Spitzenrendite für Büros in Berlin leicht um 10 Basispunkte auf 2,70 Prozent nach und markiert mit München das untere Ende der Spanne in den TOP 7. Am oberen Ende ist weiter Köln mit 3,30 Prozent zu finden, gefolgt von Düsseldorf mit 3,20 Prozent sowie Frankfurt, Hamburg und Stuttgart mit 3,00 Prozent. Aktuelle Verhandlungen deuten vielerorts auf steigende Kaufpreise für Core-Produkte hin. Der Nachfrageüberhang bei Logistikimmobilien ließ die Spitzenrenditen bereits deutschlandweit an den Topstandorten um 15 Basispunkte auf 3,55 Prozent sinken. Die Renditespreizung im Einzelhandelssegment setzte sich hingegen mit steigenden Renditen fort und bewegt sich in einer Spanne von 2,80 Prozent in Frankfurt und 3,40 Prozent in Düsseldorf, Köln und Hamburg.

Ausblick: Transaktionsvolumen von über 55 Milliarden Euro für 2021 wieder möglich
Kadel: „Der Markt hat sich im zweiten Quartal eindrucksvoll zurückgemeldet. Viele Großabschlüsse sind weit in den Verhandlungen fortgeschritten und werden voraussichtlich im zweiten Halbjahr zum Abschluss kommen. Aufgestautes Nachfragepotenzial erwarten wir bis ins nächste Jahr hinein vor allem von ausländischen Investoren. Wir erwarten ein Transaktionsvolumen von über 55 Milliarden Euro für das Gesamtjahr 2021.“






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