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18.08.2021 Zinsen sinken weiter: Strafzinsen für Private und Unternehmen

Sparen kostet immer mehr in Deutschland, das zeigt eine Analyse der aktuellen Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) durch WeltSparen. Der durchschnittliche Zinssatz für Privatkunden für bis zu einjährige Spareinlagen fällt erneut ins Minus auf ein neues Rekordtief von -0,04 Prozent. Geschäftskunden trifft es noch härter: Sie müssen im Schnitt -0,49 Prozent Negativzinsen zahlen.

In Europa sind Privatkunden wie Unternehmen beim Sparen mit sehr unterschiedlichen Konditionen und einem ungleichen Zugang zu verzinsten Sparprodukten konfrontiert. Dabei ist der Kontinent geteilt in wettbewerbsfähige und nicht wettbewerbsfähige Märkte: In Ländern mit einer Zinsspanne haben Verbraucher immer noch die Wahl, anderswo können sie Negativzinsen kaum mehr umgehen.

Großbanken bieten kaum noch Sparangebote, gleichzeitig nehmen Top-Angebote ab
Laut WeltSparen-Zinsradar sind die großen europäischen Märkte bei den Zinssätzen für Privatkunden zweigeteilt: In Deutschland, Österreich, Frankreich und Spanien sind die Wahlmöglichkeiten für Verbraucher stark eingeschränkt. Das Vereinigte Königreich, Italien und die skandinavischen Länder weisen dagegen noch beträchtliche Zinsspannen auf, die bis zu über einem Prozent reichen. In Frankreich, Italien, Schweden und Portugal sind die besten Zinssätze für Spareinlagen mit einjähriger Laufzeit zwar weiterhin rückläufig und die größten Banken in diesen Märkten können ihren Kunden nur sehr geringe oder sogar gar keine Zinsen mehr anbieten. Dennoch lohnt sich der Vergleich, um positive Zinsen zu erzielen und Negativzinsen zu vermeiden.

• Großbanken am Nullpunkt: Die Kunden der drei größten Banken in Deutschland, den Niederlanden und Spanien haben gar keine Optionen für verzinste einjährige Festgeldanlagen mehr.
• Die größten Banken in Österreich, Polen, Schweden, Frankreich, Irland und Portugal bieten noch Festgelder mit einjähriger Laufzeit an, allerdings nur zu Niedrigzinsen von durchschnittlich maximal 0,05 Prozent.
• Norwegens Großbanken sind mit einem durchschnittlichen Zinssatz von 0,5 Prozent für einjähriges Festgeld der Ausreißer unter den europäischen Volkswirtschaften.
• Spitzenzinsen von über einem Prozent erzielen Verbraucher in Norwegen, Schweden und dem Vereinigten Königreich. In Polen und Italien sind fast ein Prozent Zinsen möglich.

Sinkende Spitzenzinsen für Festgelder: schwindende Optionen für Sparende

Die Spitzenzinsen für Festgeldanlagen bewegen sich kaum in Europa. Aktuell existieren zudem kaum noch Unterschiede zwischen ein- und dreijährigen Anlagen. Im Angesicht aktueller Rekordinflationsraten wie in Deutschland mit zuletzt 3,8 Prozent wird es für Sparer schwierig, ihre Anlagen sicher gewinnbringend anzulegen und die Folgen der Inflation zu mildern. Immerhin steigt in Deutschland erstmals seit über einem halben Jahr der Durchschnitt der Top-Angebote für dreijährige Festgeld leicht um 0,016 Prozentpunkte.

• Die durchschnittlichen höchsten 3-Jahres-Zinssätze in Deutschland sind geringfügig gestiegen – zum ersten Mal seit dem Januar dieses Jahres.
• Die Durchschnittszinsen der Top-Angebote zeigen, dass Verbraucher in Deutschland, Spanien und den Niederlanden noch Zinsen für ihre Ersparnisse erzielen können, die um ein Vielfaches höher sind als bei den größten Banken des Landes. In Deutschland liegen die besten verfügbaren 1-Jahres-Angebote bei 0,523 Prozent und die besten verfügbaren 3-Jahres-Zinsen bei 0,603 Prozent.
• Eine Ausnahme bildet das Vereinigte Königreich, lediglich hier steigen die Spitzenzinsen für ein- und dreijährige Festgelder.

EZB-Daten: Durchschnittszins für Privatkunden mit neuem Negativrekord

Die jüngsten EZB-Daten für den Juni 2021 zeigen, dass der durchschnittliche Zinssatz für Verbraucher in der Eurozone auf einen neuen Tiefststand von 0,14 Prozent gefallen ist. In fast allen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums sowie im Vereinigten Königreich sind die durchschnittlichen Zinssätze heute niedriger als vor einem Jahr. Die Ausnahmen sind Belgien, Finnland, Irland und Luxemburg sowie Spanien, wo die Zinsen bei kläglichen 0,01 Prozent verharren. In sieben Ländern der Eurozone liegen die durchschnittlichen 1-Jahres-Zinssätze bei oder unter 0,1 Prozent.

Deutschland ist das einzige Land der Eurozone mit einem negativen Durchschnittszins. Mit -0,04 Prozent erreicht die Bundesrepublik bei den bis zu einjährigen Einlagen einen erneuten Tiefstand. Verantwortlich dafür ist sicherlich auch der Rückzug vieler Banken aus dem Einlagengeschäft, so dass aktuell ein Mangel an verzinsten Sparoptionen am Markt besteht.

• Deutsche Verbraucher kämpfen mit Negativzinsen. Der Durchschnittszins hierzulande erreicht mit -0,04 Prozent ein neues Rekordtief.
• Knapp darüber liegen Spanien mit einem Durchschnittszins 0,01 Prozent, Österreich mit 0,03 Prozent und Portugal mit 0,05 Prozent.
• In Italien und Frankreich hingegen erhalten die Verbraucher mit durchschnittlich 0,47 Prozent fast ein halbes Prozent auf ihre Einlagen.
• Das Vereinigte Königreich und Schweden weisen im Vergleich mit 0,27 Prozent beziehungsweise 0,23 Prozent etwas niedrigere, aber respektable Durchschnittszinsen auf.

Unternehmenszinsen europaweit im Sturzflug: Zehn Märkte im Minus

Der durchschnittliche Zinssatz für Unternehmen in der Eurozone sinkt auf einen neuen Tiefststand von -0,31 Prozent. Acht Länder der Eurozone und zwei Märkte außerhalb des Euroraums verlangen im Durchschnitt Negativzinsen auf Unternehmenseinlagen. Deutschlands, Dänemarks und Irlands Unternehmen sind mit fast einem halben Prozent im Minus am stärksten betroffen.

• Deutschland, Dänemark und Irland sind die teuersten Märkte für Geschäftskunden: Unternehmen müssen in den drei Ländern zwischen -0,45 Prozent und -0,49 Prozent Verwahrentgelt für ihre Einlagen zahlen.
• Auch in den Benelux-Ländern, in Österreich und mehreren osteuropäischen Märkte sind Negativzinsen fällig.
• Leichte Erholung in Spanien: Der Unternehmenszins steigt um 33 Basispunkte auf 0,2 Prozent, nachdem er im Vormonat noch im negativen Bereich lag.
• In Italien sinkt der Zinssatz für Unternehmenseinlagen von 0,48 Prozent im Vormonat auf lediglich 0,18 Prozent.

Kommentar von Dr. Verena Thaler, VP Strategy & Business Development bei Raisin DS
Während die Zinssätze in vielen EU-Ländern auf ein Allzeittief gefallen sind, steigt bei vielen Unternehmen die Liquidität und die Europäer sparen mehr denn je. Dabei sind sowohl Privat- als auch Geschäftskunden je nach Land mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen konfrontiert.

Nur wenige Anleger haben Zugang zu wettbewerbsfähigen Zinssätzen am eigenen Markt, während andere – insbesondere Geschäftskunden – kaum Ertrag erzielen oder mit Negativzinsen bestraft werden. Ähnlich unterschiedlich gestalten sich die Kosten je nach Land für Banken, die sich durch Kundeneinlagen refinanzieren.

Ein entscheidender Schritt zur Beseitigung dieser Ungleichheit ist die Stärkung der Europäischen Bankenunion, auf die die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin drängt. Wie EZB-Vizepräsident Luis de Guindos in seiner Rede im März 2021 betonte, wird die Bankenunion den europäischen Banken und damit auch den Verbrauchern mehr Stabilität bringen. Dafür brauche es laut Guindos aber die Einführung eines einheitlichen, harmonisierten europäischen Einlagensicherungssystems, kurz EDIS.

Nur wenn die EU eine Bankenunion einschließlich EDIS einführt, können Banken und Sparer von denselben Rahmenbedingungen bei grenzüberschreitenden Finanzierungsmöglichkeiten beziehungsweise europaweitem Sparen profitieren. Banken könnten sich günstiger refinanzieren, indem sie leichter Einlagen in weniger wettbewerbsfähigen Märkten anbieten können. Gleichermaßen erhielten Sparende durch grenzüberschreitende Sparangebote oft höhere Zinsen als in ihrem Heimatmarkt. Erst wenn das möglich ist, profitieren Verbraucher wie Unternehmen vollständig vom Binnenmarkt und der gemeinsamen Währung, die laut einer aktuellen Umfrage der Europäischen Kommission von 80 Prozent aller Bewohner der Eurozone befürwortet wird.





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