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15.09.2021 Bundestagswahl: Keine größeren Auswirkungen auf die Börsen erwartet

Selten war ein Wahlausgang so schwer prognostizierbar wie die anstehende Bundestagswahl, allein schon weil gemäß Umfragen bis zu sechs verschiedene Regierungskoalitionen mehrheitsfähig wären. Entsprechend groß ist das Überraschungspotenzial am Wahltag. Schon kleinere Verschiebungen von Wähleranteilen könnten heute aussichtsreiche Optionen unmöglich oder andere Varianten doch noch umsetzbar werden lassen.

Der Online-Prognose-Marktplatz PredictIt erlaubt einen beachtenswerten Blick auf die Frage, wer als Nachfolger(in) Angela Merkels in das Bundeskanzleramt einziehen und welche Parteienkonstellation die künftige Regierung bilden könnte. PredictIt bietet registrierten Nutzern die Möglichkeit, auf verschiedene Ausgangsmöglichkeiten politischer Ereignisse zu wetten.

Dabei werden Veränderungen von Erwartungen der Teilnehmer in Form steigender oder fallender Kurse der jeweiligen Ereignisse innerhalb einer Spannbreite von 1 bis 99 US-Dollar-Cent dargestellt. Aktuell liegt bei der Frage, wer am 31. Dezember 2021 Bundeskanzlerin bzw. Bundeskanzler sein wird, Olaf Scholz mit einem Kurs von 71 Cent weit vor Armin Laschet mit 11 und Annalena Baerbock mit 2 Cent. Interessanterweise rangiert Angela Merkel mit 17 Cent an zweiter Stelle. Diese Option könnte im Falle einer erneut langwierigen Phase von Koalitionsverhandlungen und einer Regierungsbildung erst im kommenden Jahr eintreten.

Zur Frage nach der künftigen Regierungskonstellation liegt zurzeit eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP mit 38 Cent vor einer rot-grün-roten Regierung mit 23 Cent. Wenn man trotz aller Unsicherheiten davon ausgeht, dass in Anlehnung an den Ansatz der Schwarmintelligenz onlinebasierte Wetten bessere Prognosen als klassischen Umfragen liefern – was bei der US-Präsidentschaftswahl im letzten Herbst zumindest teilweise der Fall war – könnte man somit einen wahrscheinlichen Wahlausgang ableiten. Für die internationalen Kapitalmärkte wäre diese Option kurzfristig allerdings kaum mehr als eine Randnotiz. Zwar würde die Konstante der letzten Jahre, die CDU/CSU nicht mehr der Regierung angehören.

Allerdings könnte man durch die Regierungsbeteiligung der FDP davon ausgehen, dass ein aus Sicht von Börsenteilnehmern als problematisch angesehener weniger marktwirtschaftlich orientierter Kurs vermieden werden könnte. Einzig im Falle sehr langer Verhandlungen und entsprechend anhaltender Unsicherheit dürfte der politische Prozess die Börsen zumindest in Deutschland belasten.

Die aus Börsensicht aber viel wichtigere Frage ist, ob die künftige Regierung die vielen wegweisenden Weichenstellungen zur Bekämpfung des Klimawandels, zum Management der demografischen Herausforderungen sowie zur Zukunftssicherung des Standortes Deutschland und Europa richtig vornimmt. Die Antworten darauf werden sich erst sukzessive in den Monaten zeigen.

(Kommentar von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel)







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