News RSS-Feed

06.10.2021 Wohninvestmentmarkt: Berliner Megadeals prägen Quartalsergebnis

Zwei Megadeals, beide mit großem Bezug zum Berliner Wohnungsmarkt haben den deutschen gewerblichen Wohninvestmentmarkt* im dritten Quartal auf ein Transaktionsvolumen von rund 11,64 Mrd. Euro gehoben. Das Quartalsergebnis ist mit einem Plus von 270 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (Q3 2020: 3,1 Mrd. Euro) außergewöhnlich und lässt sich in der Höhe mit Sicherheit nicht mit anderen Quartalen vergleichen.

„Mit einem Transaktionsvolumen von 21,6 Mrd. Euro liegen wir beim Dreivierteljahresergebnis bereits deutlich über dem Vorjahreswert (16,5 Mrd. Euro) und schon jetzt etwa auf dem Gesamtvorjahresniveau von 21,8 Mrd. Euro“, so Michael Bender, Head of Residential JLL Germany. Und Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany ergänzt: „Mit einem erwarteten Transaktionsvolumen in Höhe von bis zu 50 Mrd. Euro werden wir Ende des Jahres für 2021 nicht nur das Vorjahresniveau deutlich toppen, sondern auch einen neuen Rekord am deutschen Wohninvestmentmarkt sehen. Denn auch wenn die im dritten Anlauf (nahezu) erfolgreiche Übernahme der Deutsche Wohnen durch die Vonovia offiziell noch nicht in das dritte Quartal fällt, so hat Vonovia bereits seit dem 26. September eine Aktienmehrheit, die eine Übernahme faktisch sichert.“

Mit insgesamt 87 Abschlüssen lag das dritte Quartal auch in Bezug auf die Zahl der Transaktionen über dem Vorjahresquartal (81), fiel aber deutlich geringer aus als der Quartalsdurchschnitt der vergangenen drei Jahre (im Mittel 107 Abschlüsse pro Quartal) – überwiegend in 2021 bis dato geprägt von kleineren und mittleren Transaktionen mit weniger als 800 Wohneinheiten.

Zwei Megadeals sorgten allerdings für das historische Transaktionsvolumen. Auf sie fiel mit einem Anteil von 65 Prozent der Löwenanteil. Zum einen der 2021 größte Wohnungsdeal durch das schwedische Immobilienunternehmen Akelius, das für einen geschätzten Kaufpreis von über 5 Mrd. Euro sein gesamtes Portfolio in Deutschland an Heimstaden, ebenfalls aus Schweden, verkauft hat, mit 14.050 Wohnungen in Berlin und 3.590 Wohnungen in Hamburg. Während sich Akelius aus dem deutschen Markt zurückzieht, baut Heimstaden damit seine Präsenz auf dem deutschen Wohnungsmarkt weiter aus.

Die deutsche Hauptstadt spielt auch die Hauptrolle bei der zweiten Großtransaktion im dritten Quartal. Das Land Berlin kaufte für 2,46 Mrd. Euro rund 14.750 Wohnungen von den börsennotierten Wohnungsgesellschaften Deutsche Wohnen und Vonovia zurück. Die Bestände dieser Transaktion gehen an die landeseigenen Wohnungsunternehmen HOWOGE, Berlinovo und Degewo und werden ausschließlich über Kredite der Wohnungsgesellschaften finanziert. Unter den Objekten sind auch knapp 10.700 Wohnungen des ehemaligen GSW-Bestands. Die GSW wurde im Jahr 2004 privatisiert und im Jahr 2013 von der Deutsche Wohnen inklusive des Wohnungsbestandes übernommen.

"Die Transaktion passt zur aktuellen politischen Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt: Mit dem Versuch des Berliner Abgeordnetenhauses, den gescheiterten Mietendeckel über eine Bundesratsinitiative auf Bundesebene durchzusetzen, hat die deutsche Hauptstadt zuletzt wieder Signale für eine Verschärfung der Mietpreisregulierung gesetzt", so Scheunemann zur Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt. So sei es nicht verwunderlich, dass viele Akteure der Wohnungswirtschaft im Vorfeld der Bundestagswahl auch eine weitere Verschärfung der wohnungspolitischen Rahmenbedingungen auf Bundesebene befürchtet hatten. Ebenfalls habe die Berliner Abstimmung über die Enteignung von Immobiliengesellschaften mit einer Mindestgröße von 3.000 Wohnungen am grundsätzlichen Sachverhalt nichts geändert, obwohl auf den ersten Blick die nackte Zahl von 56,4 Prozent für große Euphorie unter den Befürwortern gesorgt hat.“

Auf Bundesebene können sich die Marktteilnehmer auch nach den Wahlen auf verlässliche und stabile politische Rahmenbedingungen verlassen. Und die letzten Monate haben gezeigt, dass die Treiber auf der Nachfrage- und Angebotsseite die Preise auf dem Wohninvestmentmarkt weiter steigen lassen, aller Unsicherheit sich verschärfender Regulierungsvorschriften zum Trotz.

Einer der Gründe ist die anhaltende Etablierung der Anlageklasse im Umfeld konservativer, defensiver Investoren aufgrund der hohen Widerstandsfähigkeit, die die Anlageklasse auch während der Covid-19-Krise eindrucksvoll bewiesen hat. Michael Bender erläutert: „Angesichts der hohen Liquidität im Markt stehen viele dieser Investoren auf der Nachfrageseite unter einem hohen Anlagedruck und suchen insbesondere nach Assets, die einen sofortigen Cashflow generieren. Vor diesem Hintergrund ist auch zu verstehen, dass die Käufergruppe der Fondsstrukturen auch im dritten Quartal die stärkste Gruppe auf der Käuferseite darstellt. Gerade für diejenigen, die aus ihren Kapitalerträgen Garantieverpflichtungen erfüllen müssen, ist dies inzwischen einer der wichtigsten Treiber für Engagements auf dem Wohninvestmentmarkt. Eine Nachfrage, die trotz der beträchtlichen Renditekompression wahrscheinlich auch mittelfristig noch anhalten wird, solange der Spread zu Anlagealternativen signifikant und der Mangel an Alternativen hoch bleibt.“

Auch die Angebotsseite bleibt ein Preistreiber. „Die Ziele im Wohnungsneubau, die man sich von Seiten der Bundesregierung im Rahmen der ‚Wohnraumoffensive‘ 2018 gesteckt hatte, konnten nicht erreicht werden. Neben langwierigen Genehmigungsverfahren, mangelnden und schrumpfenden Personalkapazitäten in den Ämtern sowie komplexen Bauvorschriften wurde die politische Handhabe auch zu häufig auf die kommunale Ebene abgewälzt“, so Helge Scheunemann. Der deutsche Chefresearcher von JLL weiter: „Teile des im Juni 2021 verabschiedeten Baulandmobilisierungsgesetzes, das eine flexiblere Planung und schnellere Verfahren ermöglichen soll, sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, kommen aber viel zu spät und greifen insgesamt zu kurz. Darüber hinaus entwickelt sich der Rohstoffmarkt in der Bauwirtschaft trotz der Investitionsbereitschaft der Bauträger zu einem Hemmschuh im Bemühen um einen verstärkten Wohnungsneubau. In der Folge treiben die beschleunigten Anstiege in den Baukosten angebotsseitig die Kaufpreise“.

Allerdings könnten gerade im Bereich des Wohnungsneubaus Chancen einer neuen Regierungskoalition liegen. Denn im Bereich der Wohnungspolitik gibt es trotz teilweise großer Diskrepanzen durchaus Gemeinsamkeiten, so zum Beispiel bei der Digitalisierung in der Bauwirtschaft. Grüne und FDP fordern eine digitale Reform des Bauwesens. Zu den möglichen Punkten gehören dabei beispielsweise die Einführung eines digitalen Bauantrags, ein digitales Baulücken- und Potentialflächenkataster oder etwa eine Harmonisierung der Bauordnungen über die Länder hinweg. Michael Bender ergänzt: „Durch solche tiefgreifenden Reformen könnten Genehmigungsverfahren beschleunigt und bürokratische Hürden abgebaut werden, was den Wohnungsneubau und die Erweiterung des Wohnungsbestandes landesweit deutlich beleben und intensivieren würde, ein Impuls, der auch helfen könnte, eine gemeinsame Linie in Bezug auf die Erreichung der Klimaziele im Wohnungsbestand zu finden.“

Scheunemann abschließend: „Am institutionellen Wohninvestmentmarkt haben sich ESG-konforme Objekte bereits jetzt etabliert und erfahren gegenwärtig eine weiterwachsende Nachfrage am Markt. Manch einer der größeren institutionellen Akteure setzt mittlerweile bereits ausschließlich auf zertifiziertes Produkt. Wir beobachten damit einen Trend, den man sich auf politischer Seite durchaus zu eigen machen könnte, um in Zukunft sowohl ausreichenden Wohnraum als auch ökologisch und sozial nachhaltigen Wohnraum bereitzustellen.“






Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!