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20.10.2021 Die Marktmeinung aus Stuttgart: Ampel-Signalfarben

Die neue Regierung für Deutschland nimmt Gestalt an. Von den verschiedenen Möglichkeiten, die rein rechnerisch möglich sind, scheint sich die Ampel-Variante abzuzeichnen. Zumindest haben alle drei beteiligten Parteien SPD, die Grünen und die FDP ihre Bereitschaft zu Koalitionsverhandlungen und den Willen, ein Scheitern zu vermeiden, kundgetan. Obwohl eine alte Börsenregel besagt, dass politische Börsen kurze Beine hätten, stimmt diese Entwicklung viele Börsianer schon länger positiv. Das Börsianer-Schreckgespenst „Rot-Grün-Rot“-Koalition, das einen deutlichen Linksruck gebracht hätte, war schon am Wahlabend Ende September vom Tisch, wodurch sich auch die Befürchtungen der Investoren an den Kapitalmärkten rasch verflüchtigten.

Und da nun der wirtschaftsfreundlichen FDP trotz Abwesenheit der sich sortierenden Union eine entscheidende Rolle in der Regierungsbildung zugesprochen wird, schalteten die Börsenampeln hierzulande nach einer kleinen Korrekturphase sogar wieder auf Grün um. Dabei ist doch die Weltkonjunktur derzeit angezählt und hat von vielen Wirtschaftsinstituten die gelbe Karte gezeigt bekommen. Lieferengpässe z.B. bei Halbleitern, stark steigende Energie- und Rohstoffkosten und knappe Transport- und Logistik-Kapazitäten beeinträchtigen die wirtschaftliche Entwicklung. Die starke Konjunkturerholung aufgrund vieler Nachholeffekte wird nun für das Jahr 2022 erwartet, während das vierte Quartal 2021 durchaus mit einem Nullwachstum enden könnte.

Sorgen bereiten aktuell die Wirtschaftsdaten aus China, dessen Wachstum zwar immer noch 4,9% aufweist, damit aber deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Große chinesische Projektentwickler aus dem Immobiliensektor sind hoch verschuldet und verschärfen dadurch das Problem, denn die chinesische Regierung ist wild entschlossen, diversen aus ihrer Sicht kapitalistischen Fehlentwicklungen Einhalt zu gebieten. Konnte man früher darauf vertrauen, dass die chinesische Regierung im Zweifel für die Wirtschaft entschied, scheint sie zur Zeit andere Ziele zu verfolgen.

Sowohl nach innen gegenüber den reichen Eliten als auch nach außen möchte China als starker Staat auftreten, was nicht nur in Bezug auf die Taiwan-Frage internationale Investoren zunehmend verunsichert. Dabei verwundert es schon, dass manche Entscheidungen zunehmend aus Sicht geopolitischer Interessen und weniger aus wirtschaftlichem Sachverstand getroffen werden. So zum Beispiel die Entscheidung, von Australien keine Kohle mehr zu kaufen, weil von dort kritische Stimmen zur chinesischen Politik laut wurden. Die Kohlelager in China sind inzwischen leer, was zu Stromausfällen und wegen der ohnehin schon bestehenden Lieferengpässen zu Fabrikstillständen und sinkender Industrieproduktion führt. Daraus resultierende Preissteigerungen erhöhen den Inflationsdruck weltweit.

Steigende Inflationsraten bei einer gleichzeitigen Abschwächung des Wirtschaftswachstums erschweren die Geldpolitik der Zentralbanken. So wird vor diesem Hintergrund die US-amerikanische Zentralbank Fed die Reduzierung ihrer monatlichen Anleihekäufe (Tapering) nochmals zurückstellen. Für die Aktienmärkte spielen in den nächsten Wochen wohl eher die Inflationsraten und die damit einhergehenden Kapitalmarktzinsen eine Rolle als die Frühindikatoren und Wirtschaftsdaten. Sollten die Inflationsraten tatsächlich nur temporärer Natur sein und gegebenenfalls auf ein leicht erhöhtes, aber mit den Zielen der Zentralbanken kompatibles Niveau absinken, dürften sich die Renditenanstiege an den Anleihemärkten und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Aktienmärkte in Grenzen halten. Größere Verwerfungen wären eher bei weiter stark steigenden Inflationsraten und damit verbundenen hektischen Interventionen der Zentralbanken zu erwarten.

Dieses Szenario halten wir im Moment, schon wegen weiterhin negativer Realzinsen, für eher unwahrscheinlich. Die Aktienmärkte können also weiterhin mit einer guten Unterstützung durch die Geldpolitik und durch fehlende Anlagealternativen rechnen.

(Quelle: Bankhaus ELLWANGER & GEIGER AG)






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