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03.11.2021 Wenn das Erbbaurecht endet: Was es jetzt zu beachten gilt

Die erste große Welle rollt an: Bei 22 Prozent aller deutschen Erbbaurechtsgeber laufen bis 2030 die Verträge aus. Für wen jetzt Handlungsbedarf besteht und was es für potenzielle Neukäufer zu beachten gilt, weiß Anne Ahler, Spezialistin für Baufinanzierung bei Dr. Klein in Lübeck.

Das Konzept klingt verlockend: Ein eigenes Heim bauen oder kaufen und sich dabei die Kosten für den teuren Grund und Boden sparen, indem man das Grundstück einfach mietet. Erbbaurecht – umgangssprachlich auch Erbpacht genannt – macht es möglich: Der Erbbaurechtsnehmer wird Eigentümer der Immobilie, aber pachtet das Grundstück für einen vorab vereinbarten Zins. Allerdings es gibt einen Haken: Das Erbbaurecht hat eine Ablaufzeit. In der Regel endet der Vertrag nach 50 bis 99 Jahren. Dann wird er verlängert oder das Bauwerk geht ins Eigentum des Erbbaurechtsgebers über. Und dieser Knackpunkt ist bei vielen Erbbaurechtsverträgen bald erreicht: Laut einer Studie des Deutschen Erbbaurechtsverbands e. V. laufen bei 22 Prozent aller deutschen Erbbaurechtsgeber bis 2030 die Verträge aus. Das hat entscheidende Konsequenzen – sowohl für Neukäufer von Erbbau-Immobilien als auch für bisherige Erbbaurechtsnehmer.

Erbbau-Immobilie kaufen: Besonderheiten bei der Finanzierung

„Da Banken bei der Kreditvergabe für Immobilien auf Grundstücken mit Erbbau eher skeptisch sind, ist die Restlaufzeit des Vertrages für die Finanzierung der entscheidende Dreh- und Angelpunkt. Denn beim Kauf startet die Laufzeit nicht von Neuem“, erläutert Anne Ahler, Spezialistin für Baufinanzierung bei Dr. Klein in Lübeck. Eine Grundvoraussetzung ist eine Restlaufzeit von noch mindestens 40 Jahren. Außerdem muss die Tilgung des Darlehens spätestens 10 Jahre vor Ablauf des Erbbaurechtsvertrags abgeschlossen sein. Ansonsten kann die Immobilie auf einem Erbbau-Grundstück nicht als Sicherheit für das Darlehen genutzt werden. „Die Laufzeit des Darlehens ist somit abhängig von der Laufzeit des Erbbaus. Bei der Rate sind die Käufer also nicht flexibel“, erklärt die Spezialistin von Dr. Klein.

Ebenso liegt die Entscheidung über die Höhe des Darlehens nur bedingt in der Hand der Käufer: Zum einen fordern die Banken meist einen höheren Eigenkapitaleinsatz von etwa 20 bis 40 Prozent. Zum anderen hat auch der Erbbaugeber Mitsprache: „In der Belastungsvollmacht kann festgelegt werden, in welcher Höhe ich das Haus mit einem Darlehen belasten darf. Das sollten Interessenten unbedingt beim Erbbaurechtsgeber erfragen“, rät Anne Ahler.

Ende in Sicht: die Konsequenzen für bisherige Erbbaunehmer

Bei Laufzeiten von 50 bis 99 Jahren erscheint das Vertragsende beim Neuabschluss in unendlicher Ferne. „Viele Erbbaunehmer sind daher damals blauäugig reingegangen und wussten nicht so recht, was es für sie bedeutet“, meint Anne Ahler von Dr. Klein. Nahe nun das Ende der Vertragslaufzeit, sei es daher umso wichtiger, sich rechtzeitig über die Optionen zu informieren: „Etwa fünf bis zehn Jahre vor Laufzeitende sollte man mit dem Erbbaurechtsgeber ins Gespräch gehen, um eine Vertragsverlängerung anzustoßen oder zu klären, ob das Vorkaufrecht genutzt werden kann“, empfiehlt die Spezialistin. Nicht alle Erbbaugeber seien gewillt zu verkaufen. Stehe dies aber zur Debatte, sollte zeitnah eine Finanzierungsberatung dazu stattfinden.

Eine weitere Variante wäre die Vertragsverlängerung. Hierbei hat der Grundstückseigentümer die Möglichkeit, einen höheren Erbbauzins zu verlangen – und der kann drastisch aussehen: Es ist üblich, sich am Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes zu orientieren und der hat sich allein von 1999 bis heute um über 300 Prozent gesteigert. Läuft der Erbbauvertrag nach der vereinbarten Laufzeit hingegen aus, dann geht die Immobilie automatisch an den Erbbaurechtsgeber über. Allerdings muss er in diesem Fall den Erbbaurechtsnehmer entschädigen. Diese Entschädigung beträgt in der Regel zwei Drittel des Verkehrswertes der Immobilie.






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