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01.12.2021 WEG-Verwaltung weichgespült: Rechtsanwälte werden auch Verwalter

Nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz haben Wohnungseigentümer ab Dezember 2022 bzw. Juni 2024 einen Anspruch auf die Bestellung eines „zertifizierten Verwalters“. Der Bundesrat hat nun am 26.11.2021 der neuen Rechtsverordnung, in der u.a. Prüfungsinhalte und -verfahren festgelegt werden, nicht nur zugestimmt, sondern sie auch zu Lasten der Eigentümer weiter „weichgespült“. Aus Sicht des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum (WiE) ist die Verordnung nicht ausreichend, um langfristig und nachhaltig die Qualität der WEG-Verwalter zu erhöhen. WiE stellt die Frage, ob jetzt die Bezeichnung „zertifizierter Verwalter“ noch das Papier wert ist, auf dem sie gedruckt wird?

„Alle Rechtsanwälte dürfen sich nun als zertifizierte Verwalter bezeichnen. Ob sie Erfahrungen in der WEG-Verwaltung vorweisen können oder überhaupt in diesem Feld jemals tätig waren, spielt keine Rolle“, erläutert Gabriele Heinrich, Vorständin von Wohnen im Eigentum, die neue Verordnung aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV).

Denn alle Personen mit einer in § 7 der „Verordnung über die Prüfung zum zertifizierten Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz“ (VerwZertV) aufgeführten Ausbildung dürfen sich nun als „zertifizierte Verwalter“ bezeichnen. Eine Prüfung ist für sie nicht erforderlich. Das sind: alle Volljuristen, alle Immobilienkaufleute, alle Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, alle geprüften Immobilienfachwirte und alle Absolventen eines Hochschulabschlusses mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt. Sie müssen auch keinerlei Praxiserfahrung in der WEG-Verwaltung nachweisen.
Bereits der Entwurf sah zwar vor, dass diese Personen zertifizierten Verwaltern gleichgestellt sein sollten, sie hätten sich aber nicht so bezeichnen dürfen. Um sich „zertifizierter Verwalter“ nennen zu können, hätten sie erst die Prüfung ablegen und bestehen müssen. So intransparent und „nicht zu Ende gedacht“ die Gleichstellung nach dem Verordnungsentwurf des BMJV auch war, der Bundesrat hat sie nun noch weiter verwässert.

Als Begründung für die Änderung werden im Beschluss des Bundesrats Praktikabilitätsgründe angeführt. Zwar hatte WiE auch kritisiert, dass es Wohnungseigentümern schwerfallen wird, zwischen zertifizierten Personen, gleichgestellten Berufsgruppen, Personengesellschaften mit Zertifizierungs-Status und zertifizierten Verwaltern zu unterscheiden. Durch die Streichung der Prüfungspflicht für Rechtsanwälte, die sich „zertifizierte Verwalter“ nennen wollen, wird das Verfahren nicht eindeutiger. „Das Zertifikat wird abgewertet, wenn Rechtsanwälte ohne Kenntnisse in Buchhaltung, Erstellung von Jahresabrechnungen oder bautechnischen Fachkenntnissen sich jetzt als ‚zertifizierter Verwalter‘ nennen können. Oder wenn Immobilienkauffrauen ohne jegliche Kenntnisse und Erfahrungen im WEG-Recht die Rechtsberatungsbefugnis haben“, so Heinrich.

Das Zertifikat wurde hier schon vor der Einführung weichgespült. Ein zertifizierter Verwalter und eine zertifizierte Verwalterin muss nun

• nicht einmal eine Prüfung abgelegt haben und auch
• keine Praxiserfahrung in WEG-Verwaltung vorweisen.
• Wohnungseigentümer haben kein Auskunftsrecht über den Sachstand zum Zertifikat.
• Die Verordnung sieht keine Möglichkeiten vor, Sanktionen gegen Unternehmen zu verhängen, wenn sie falsche Angaben zur Zertifizierung machen.

„Allein anhand der Bezeichnung ‚zertifizierter Verwalter‘ können Wohnungseigentümer die Qualität von Verwaltungen auch zukünftig nicht beurteilen“, stellt Heinrich fest.
WiE warnt Wohnungseigentümer, Beiräte und Wohnungseigentümergemeinschaften davor, sich bei der Bestellung einer neuen Verwaltung auf die Bezeichnung „zertifizierter Verwalter“ zu verlassen.

Nach dieser wichtigen Änderung stellt WiE auch die Frage, ob die Verordnung die im Wohnungseigentumsgesetz (§ 26a) genannten Anforderungen noch erfüllt. Der Paragraf 26a WEGesetz erlaubt zwar Befreiungen von der Prüfungspflicht, verbindet aber mit dieser Befreiung nicht das Recht zum Führen des „Zertifikatstitels“.

„Das Ziel muss weiterhin ein anerkannter Ausbildungsberuf
‚Wohnungseigentumsverwalter/in‘ sein“, fordert Gabriele Heinrich. Nur auf diesem Weg könne tatsächlich nachhaltig, durchgängig und zukunftsorientiert die Qualität der WEG-Verwaltung sichergestellt werden. WiE hofft, dass die neue Regierungskoalition den Ausbildungsberuf auf den Weg bringen wird. Aktuell ist nach dem Koalitionsvertrag vorgesehen, einen „echten“ Sachkundenachweis einzuführen – im dritten Anlauf.

Hintergrundinformation: Anspruch auf Zertifizierung im neuen Wohnungseigentumsgesetz

Bislang kann jede Person ohne fachliche Vorkenntnisse und Erfahrungen den Verwalterberuf ausüben. Gesetzliche Vorgaben für die Berufszulassung gibt es dazu bisher nicht, es wird lediglich eine Fortbildungspflicht im Umfang von 20 Stunden in drei Jahren gefordert.

Nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz kann jeder Wohnungseigentümer in Wohnungseigentümergemeinschaften mit mehr als acht Sondereigentumsrechten ab 01.12.2022 verlangen, dass ein von der IHK zertifizierter Dienstleister als Verwalter bestellt wird. Für kleine WEGs mit weniger als 9 Sondereigentumsrechten gilt: Hier muss mindestens ein Drittel der Eigentümer dies verlangen. Für bereits bestellte Verwalter gilt eine Übergangsfrist bis 01.06.2024.








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