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28.01.2022 Stopp der KfW-Förderung ist weiterer Rückschlag für Wohnungsbau

In den Großstädten herrscht Wohnungsmangel. Entsprechend müssten die Bauleistungen nach Berechnungen von Aengevelt Research gegenüber den bisherigen jährlichen Fertigstellungen auf rund 600.000 Wohneinheiten pro Jahr verdoppelt werden, um das Defizit abzubauen.

Die gerade erfolgte Streichung der KfW-Förderprogramme für effiziente Gebäude bewirkt genau das Gegenteil, nicht nur, weil 40.000 bis 50.000 Wohneinheiten davon betroffen sind, sondern auch, weil Investoren nachhaltig verunsichert werden. Zudem wird der Wegfall der Förderung in Mietwohnungsprojekten, die damit kalkuliert wurden, zu einer deutlichen Erhöhung des Mietniveaus führen bzw. sogar zu einem Realisierungs-Stopp.

In ihrer Koalitionsvereinbarung hatte die neue Bundesregierung versprochen, den Wohnungsneubau auf jährlich 400.000 Einheiten zu steigern – was zwar über den derzeit erreichten Baufertigstellungen von rund 300.000 Wohneinheiten, aber immer noch weit unter dem Bedarf von 600.000 Einheiten pro Jahr liegt.

Die anhaltend viel zu niedrigen Wohnungsbauleistungen hängen u.a. damit zusammen, dass es immer schwieriger wird, den Wohnungsbau wirtschaftlich darzustellen, da Bauland knapp und teuer ist, und zahlreiche Auflagen – darunter auch Klimaschutz- und Energiesparvorschriften –den Wohnungsbau massiv verteuert haben.

Umso wichtiger sind Förderprogramme, mit denen der Staat Anreize setzen kann, um bestimmte soziale oder ökologische Ziele zu erreichen. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude der staatlichen Förderbank KfW war genau ein solches Programm. Entsprechend haben Bauherren ihre Planungen so gestaltet, dass sie die Kriterien des Förderprogramms erfüllen (insbesondere den KfW-Effizienzhausstandard 55), und die Fördermaßnahme – entweder per Zuschuss oder per Darlehen – fest in ihren Wirtschaftlichkeitsrechnungen einkalkuliert. Denn erst nach Abschluss der Planung und Kalkulation können Anträge eingereicht werden.

Auf dieser Grundlage sind insgesamt von rd. 24.000 Bauherren Anträge für etwa 20.000 Gebäude, d.h. 40.000 bis 50.000 Wohneinheiten, eingereicht worden, die ein Fördervolumen von 7,2 Mrd. Euro erforderten. Die KfW hatte zu diesem Zeitpunkt indessen lediglich 1,8 Mrd. Euro zur Verfügung und hätte nur ein Viertel der eingereichten Anträge bewilligen können. Normalerweise stockt die Bundesregierung die fehlenden Mittel dann auf, um die Lücke zu schließen.

Stattdessen stoppt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz das Förderprogramm komplett und lehnt alle eingereichten und bereits von der KfW angenommenen, aber noch nicht zugesagten Anträge ab. Selbst die 1,8 Mrd. Euro, die noch zur Verfügung gestanden hätten, werden einbehalten. Damit hätte man immerhin ein Viertel der Anträge bewilligen können, sei es im Losverfahren oder nach der Reihenfolge des Eingangs der Anträge.

Aengevelt rechnet nun damit, dass ein beträchtlicher Teil der bis zu 50.000 betroffenen Wohneinheiten überhaupt nicht mehr realisiert wird, weil die Baumaßnahmen ohne die fest einkalkulierte Förderung nicht mehr wirtschaftlich zu realisieren sind. Damit rückt das 400.000-Einheiten-Ziel der Ampelkoalition in noch weitere Ferne.

Noch schlimmer ist aus Sicht der Immobilienexperten indessen der Vertrauensschaden, der durch die Programmstreichung angerichtet worden ist: Investoren, die ihr Kapital im Wohnungsbau anlegen wollen, kalkulieren sehr langfristig, weil sich Wohnungsbauinvestitionen oftmals erst im Laufe mehrerer Jahrzehnte rechnen. Und im Rahmen dieser langen Zeiträume müssen Investoren mit verlässlichen Rahmenbedingungen rechnen können. Wenn der Staat aber zunehmend diese Rahmenbedingungen verändert, also beispielsweise Mietpreisbremsen für Bestandsgebäude einführt, die es bisher nicht gegeben hat, zwingt er die Investoren dazu, zusätzliche Risiken einzukalkulieren. Die Folge sind höhere Mietforderungen und/oder dass viele Bauvorhaben komplett unterbleiben, weil die Risiken zu groß sind.

Ein eingeführtes, bewährtes und von der Bundesregierung beworbenes Förderprogramm ohne Vorwarnung einzustellen, nachdem sich Investoren bereits darauf eingestellt haben, die Förderung zu erhalten, zeigt jedoch, dass sich Wohnungsbauinvestoren immer weniger auf den Staat verlassen können.

Dazu Dr. Wulff Aengevelt: „Die Streichung der KfW-Förderprogramme ist ein weiterer Rückschlag für den Wohnungsbau. Die Bauherren von rund 50.000 Wohneinheiten haben die Förderung bereits in ihren Planungen und Wirtschaftlichkeitsrechnungen einkalkuliert und gehen jetzt leer aus. Aber der Schaden geht weit darüber hinaus. Wer in den Wohnungsbau investiert, braucht verlässliche Rahmenbedingungen. Wer aber Mietpreisbremsen für den Wohnungsbestand einführt oder zugesagte Förderprogramme streicht, erschüttert das Vertrauen der Investoren in die Verlässlichkeit der politischen Rahmenbedingungen – eine frühere Stärke der Bundesrepublik, die durch solche überstürzten Entscheidungen zunichte gemacht wird. Wie wollen wir den Wohnungsmangel abbauen, wenn die Fördermittel, die es überhaupt noch gegeben hat, auch noch gestrichen werden?“

Aus Sicht von Aengevelt Research kann der Vertrauensschaden, der durch die überraschende Programmstreichung angerichtet worden ist, allenfalls geheilt werden, indem das angekündigte Nachfolgeprogramm jetzt sehr kurzfristig aufgelegt wird. Da das Programm im Koalitionsvertrag enthalten ist, müssten Mittel dafür bereitstehen. Dabei sollten für die Antragsteller, die jetzt leer ausgegangen sind, Sonderbedingungen gelten, um den Aufwand, den sie in ihre Planung investiert haben, zu schützen und um zu vermeiden, dass Projekte fallengelassen werden.

Allerdings sollten die Hoffnungen nicht zu hoch gehängt werden angesichts des in diesem Zusammenhang bereits erfolgten Verweises von Bundesfinanzminister Christian Lindner auf „die begrenzten fiskalischen Spielräume“.






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