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13.05.2022 Büromarkt: Starke Aktivität am Vermietungsmarkt trotz Unsicherheiten

Das erste Quartal des Jahres 2022 zeigte zwei sehr unterschiedliche Gesichter: Zum Jahresbeginn trieben steigende Energie- und Rohstoffpreise die Inflation in die Höhe. Im Februar stiegen die Inflationsraten in ganz Europa auf den höchsten Stand seit mehreren Jahrzehnten – auch die Auswirkungen auf die allgemeine Wirtschaftslage zeichneten sich allmählich ab. Aufgrund der ansonsten recht guten Wirtschaftslage erhöhten die Zentralbanken zur Eindämmung der Inflation die Zinssätze, ohne die Auswirkungen auf das Wachstum weiter zu berücksichtigen. Allerdings änderte sich die Situation am 24. Februar schlagartig: Die Ereignisse in der Ukraine beeinflussen seitdem die wirtschaftlichen Aussichten für ganz Europa erheblich. Die Energie- und Rohstoffpreise kletterten folglich noch weiter in die Höhe. Zudem nahmen auch die Störungen der Versorgungsketten und die Kosten signifikant zu, obwohl sie zuvor schon auf einem nie dagewesenen Niveau lagen.

Das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern hat sich in ganz Europa ebenfalls deutlich verschlechtert, nicht nur in den Ländern, die direkt an die Konfliktgebiete grenzen. Das Ende des ersten Quartals war geprägt von steigenden Erzeugerpreisen, zunehmenden Inflationserwartungen und rückläufigen Prognosen für das BIP-Wachstum.

Dennoch ist schon jetzt absehbar, dass sich die monetären Bedingungen verschärfen werden. Es wird erwartet, dass die Bank of England ihren Leitzins in diesem Jahr weiter anhebt, um der Inflation zu begegnen. Die EZB kündigte bereits an, keine weiteren Anleihen anzukaufen. Auch sie wird die Zinsen voraussichtlich noch deutlich vor dem Jahresende anheben.

Starke Nachfrage begünstigt Spitzenmieten

Der gewichtete nominale Büro-Mietpreisindex von JLL[1] stieg dementsprechend nur leicht an (+0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal). Mit 1,7 Prozent liegt das jährliche Plus der europäischen Büromieten jedoch noch immer deutlich unter dem Fünfjahresschnitt (3,2 Prozent). Premium-Büros haben sich hinsichtlich Auslastung und Preisgestaltung deutlich besser entwickelt als Objekte von geringerer Qualität. Acht der 23 Index-Städte verzeichneten Mietzuwächse: Dublin (+4,3 Prozent gegenüber Vorquartal), Mailand (+3,3 Prozent gegenüber Vorquartal), Edinburgh (+2,6 Prozent gegenüber Vorquartal) und Stockholm (+2,4 Prozent gegenüber Vorquartal). In Budapest (-2,0 Prozent gegenüber Vorquartal) und Paris (-1,1 Prozent gegenüber Vorquartal) gingen die Spitzenmieten hingegen zurück. In den meisten anderen europäischen Index-Städten blieben die Spitzenmieten jedoch unverändert.

Hela Hinrichs, Senior Director JLL EMEA Research & Strategy, sagt: „Die gestiegene Nachfrage nach Büroflächen und der geringere Leerstand sorgten in den meisten Teilen Europas für einen weiteren Aufwärtstrend der Spitzenmieten. In einigen Märkten sind Nutzer sogar bereit, mehr als die Spitzenmiete zu zahlen, um hervorragend ausgestattete Büroflächen anzumieten. Das ist vor allem bei prestigeträchtigen Teilmärkten, wie dem historischen Stadtzentrum von Mailand, der Fall.“ Es ist zu erwarten, dass der europäische Büroindex im Verlauf des Jahres weiter ansteigen wird.

Noch mäßige Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die Büronachfrage

Trotz der zunehmenden Unsicherheit in der zweiten Hälfte des ersten Quartals blieb die Nachfrage auf vielen europäischen Märkten robust. Der Büroflächenumsatz lag im ersten Quartal 2022 mit 2,5 Mio. m2 ganze 31 Prozent über dem Vorjahreswert – und nur 2,7 Prozent unter dem Fünfjahres-Quartalsdurchschnitt. Hinsichtlich neuer Nachfrage zeigt sich viel Bewegung im Markt, ebenso wie bei Verhandlungen und neuen Deals – insbesondere in Nordeuropa. Insgesamt ist die Präsenz russischer Unternehmen in Europa eher begrenzt. „Einige Länder meldeten im ersten Quartal 2022 allerdings rückläufige Flächenumsätze, bedingt durch die abwartende Haltung vieler Unternehmen nach dem Kriegsausbruch“, analysiert Hela Hinrichs.

Sowohl Westeuropa (+25 Prozent gegenüber Vorjahr) vor allem aber Osteuropa (+98 Prozent gegenüber dem schwachen ersten Quartal des Vorjahres) verzeichneten auf regionaler Ebene ein deutliches Wachstum beim vierteljährlichen Flächenumsatz.

Beim Vermietungsvolumen im Städtevergleich zeigten sich einige Gewinner: Dublin (+945 Prozent gegenüber Vorjahr), Warschau (+167 Prozent gegenüber Vorjahr), Madrid (+99 Prozent gegenüber Vorjahr), London (+90 Prozent gegenüber Vorjahr), München (+89 Prozent gegenüber Vorjahr) verzeichneten die stärksten Zuwächse beim Vermietungsvolumen in Q1. Dem gegenüber ging das Volumen in einigen wenigen Städten zurück: Luxemburg (-42 Prozent gegenüber Vorjahr), Brüssel (-41 Prozent gegenüber Vorjahr), Stockholm (-22 Prozent gegenüber Vorjahr) und Utrecht (-21 Prozent gegenüber Vorjahr) gehörten zu den Verlierern im ersten Quartal.

Paris, der größte Büromarkt Europas, erreichte im ersten Quartal 2022 einen Büroflächenumsatz von 504.000 m2. Das entspricht einem Rückgang von 26 Prozent gegenüber dem Vorquartal – gleichzeitig bedeutet das einen Anstieg um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Obwohl das Vermietungsvolumen im ersten Quartal um 7,5 Prozent hinter dem Fünfjahres-Quartalsdurschnitt zurückblieb, ist die Stimmung im Zentrum von Paris gut. Die Neuvermietungen kamen vor allem von Unternehmen aus den Bereichen Biowissenschaften, Finanzen, Technologie und Luxusgüter sowie öffentliche Einrichtungen. „Die angespannte Lage auf dem CBD-Markt führte zu einer Abwanderung in Richtung La Défense – das Energieunternehmen Enedis mietete 26.000 m2 im Altiplano. In der anhaltenden geografischen Polarisierung in Paris sind derzeit vor allem die zentralen Kerngebiete sehr nachgefragt“, beobachtet Hela Hinrichs.

Auch in London blieb die Vermietungsstimmung im ersten Quartals 2022 positiv. Vor allem Finanzdienstleistungsunternehmen sorgten für anhaltend gute Nachfrage. Aber auch der TMT-Sektor zeigte sich mit der Rückkehr zur Präsenzarbeit vielversprechend. Das Vermietungsvolumen kletterte im ersten Quartal um 90 Prozent auf 225.000 m2 bis Ende März – nicht zuletzt durch Aufträge wie die der internationalen Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells (24.700 m2), der Versicherungsgruppe Newline Underwriting Management Limited (3.000 m2) und der Citibank (2.200m2). Der Büroflächenumsatz lag damit 26 Prozent über dem Fünfjahres-Quartalsdurchschnitt.

Die Top-5-Städte in Deutschland erreichten im ersten Quartal des Jahres einen Anstieg um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 705.000m2, blieben damit aber immer noch 7,2 Prozent hinter dem Fünfjahres-Quartalsdurchschnitt zurück. Großer Beliebtheit erfreuten sich München (+89 Prozent gegenüber Vorjahr), Düsseldorf (+36 Prozent gegenüber Vorjahr) und Frankfurt (+35 Prozent gegenüber Vorjahr). Sowohl Berlin (-17 Prozent gegenüber Vorjahr) als auch Hamburg (-10 Prozent gegenüber Vorjahr) verzeichneten rückläufige Vermietungsaktivitäten. Besonders die Sektoren Technologie und Bildung prägten das Vermietungsgeschehen – mit großen Abschlüssen von Bosch Energy and Building Solutions (19.700m2) und der CBS Cologne Business School (16.600m2).

In Zentral- und Osteuropa haben vor allem in Warschau die Vermietungsaktivitäten sehr stark zugenommen (+167 Prozent gegenüber Vorjahr), aber auch die tschechische Hauptstadt Prag (+62 Prozent gegenüber Vorjahr) und Budapest (+ 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr) konnten mehr Bürovermietungen verzeichnen. „Langsam, aber sicher lassen die direkten Auswirkungen der Pandemie auf den Büromarkt nach. Mitarbeiter kehren allmählich zurück in die Büros. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass viele Unternehmen ihre Strategien überdenken und wieder verstärkt auf dem Vermietungsmarkt aktiv werden“, sagt Hela Hinrichs.

Stabiler Büro-Leerstand, weniger Neubauten

Im ersten Quartal 2022 blieb der Leerstand von Büroflächen in Europa stabil bei 7,2 Prozent. Der anhaltende Trend zu Unternehmenskonsolidierungen und die Verlagerung in gut ausgestattete sowie nachhaltige und energieeffiziente Flächen in sehr guten Lagen werden wahrscheinlich auch in diesem Jahr Druck auf die Branche ausüben.

Nichtsdestotrotz stieg In insgesamt elf der 23 Index-Städte der Leerstand im ersten Quartal des Jahres an. Besonders betroffen davon waren Budapest (+60 Basispunkte auf 9,8) und Prag (+60 Basispunkte auf 8,4 Prozent) sowie Dublin (+50 Basispunkte auf 11,2 Prozent). In neun der 23 Index-Städte ging das verfügbare Angebot an Büroflächen zurück – allen voran in Lyon (-90 Basispunkte auf 4,9 Prozent), Barcelona (-60 Basispunkte auf 6 Prozent) und Brüssel (-50 Basispunkte auf 7,8 Prozent). In Paris, München und Mailand blieb der Leerstand hingegen stabil.

Insgesamt wurden in Europa im ersten Quartal 2022 Büro-Neubauten mit einer Fläche von 1,3 Mio. m2 fertiggestellt. 14 Prozent weniger als noch im Vorquartal, aber dennoch ein Anstieg von neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Löwenanteil davon entfiel auf Projekte in Berlin (296.000 m2), Paris (241.000 m2), Mailand (147.000 m2) und London (142.000 m2).

Hela Hinrichs gibt einen Ausblick: „Die Ukraine-Krise wirkt sich weiterhin auf die Bautätigkeit aus. An vielen Standorten, nicht nur in Zentral- und Osteuropa, herrscht derzeit ein erheblicher Mangel an Arbeitskräften. Auch weiter steigende Baukosten in ganz Europa sind nicht auszuschließen. Viele der benötigten Baumaterialien stammen aus Russland oder der Ukraine. Für das Jahr 2022 wird daher erwartet, dass sich weitere Bauprojekte verschieben werden.“









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