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20.06.2022 Aengevelt befürwortet temporäres Einsparen von Erdgas in Gebäuden

Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien
Die Gefahr einer gravierenden Erdgasknappheit im kommenden Winter rückt nach den jüngsten Reduzierungen der russischen Liefermengen näher. Einer der größten Erdgasverbraucher in Deutschland ist der Bestand an Wohn- und Bürogebäuden. Dort könnten laut Aengevelt immerhin 10 % bis 20 % Energie eingespart werden, wenn die rechtlichen Vorschriften über Mindesttemperaturen für die Dauer der Verknappung verändert würden.

Die deutschen Erdgasspeicher sind zurzeit zu 56 % gefüllt, was in etwa dem langjährigen Durchschnittswert zu dieser Jahreszeit entspricht. Bis Winteranfang ist allerdings ein Füllstand von rund 90% erforderlich, um störungsfrei durch die kalten Monate zu kommen. Die Erreichung dieses Ziels wird durch die aktuelle Reduzierung der russischen Lieferungen unrealistisch. Für den damit wahrscheinlichen Fall, dass in Deutschland Erdgas zeitnah deutlich zu knapp wird, stehen verschiedene Gegenmaßnahmen zur Verfügung. So könnte die Energiewende verschoben werden. Kraftwerke werden in größerem Umfang als geplant mit Kohle beheizt, um Erdgas einzusparen. Auch die Abschaltung der verbliebenen Kernkraftwerke könnte hinausgezögert werden – was aber politisch ebenfalls extrem umstritten ist. Im Zuge einer Priorisierung der Gaslieferungen könnten „Luxuseinsätze“ wie die Beheizung von Schwimmbädern oder Saunen verboten werden – was allerdings eher symbolische als deutlich verbraucheinsparende Wirkungen hätte.

Erhebliche Einsparpotentiale bietet dagegen der Gebäudebestand. 52 % der rund 40 Millionen Wohnungen in Deutschland werden mit Erdgas beheizt, zudem weitere 23% mit Heizöl. Umstellungen der Heizungsart auf erneuerbare Energien werden zwar zurzeit mit großem Einsatz betrieben, können aber allein aus Kapazitätsgründen der Lieferanten und Handwerksbetriebe bis zur nahen Heizperiode keine großen Mengeneffekte mehr erreichen.

Vor diesem Hintergrund verweist Aengevelt darauf, dass dagegen die Absenkung der Raumtemperatur insbesondere während der Heizperiode um 3 Grad Celsius in Bestandsgebäuden eine Energieeinsparung von rund 20 % bewirken würde. Eine entsprechende Umstellung der Heizungsanlagen ist allerdings aus mietrechtlichen Gründen nicht zulässig:

• Mieter müssen mindestens zwischen dem 1. Oktober und dem 30. April jederzeit die Möglichkeit haben, ihre Heizung anzuschalten und ihre Wohnung auf eine bestimmte minimale Raumtemperatur hochheizen zu können.

• Falls es außerhalb dieses Zeitraums so kalt ist, dass die Innentemperatur dauerhaft auf unter 18 Grad Celsius sinkt, muss der Vermieter die Heizungen auch schon vorher bzw. länger in Betrieb nehmen.

• Zwischen 6:00 und 24:00 Uhr muss das Badezimmer auf mindestens 22 Grad gebracht werden können, das Schlafzimmer auf 18 Grad, die übrigen Räume auf mindestens 20 Grad. Nachts müssen mindestens 18 Grad erreicht werden. Diese Werte sind auch bei extremer Kälte zu garantieren. Abweichende Mietvertragsklauseln sind nichtig.

Würde der Gesetzgeber die Anforderungen an die vermieterseits zu gewährleistenden Mindesttemperaturen – abgesehen von plausiblen Ausnahmen - temporär senken, könnten nach Erhebungen von Aengevelt erhebliche Minderungen des Erdgasverbrauchs erreicht werden.

Sowohl der Deutsche Städte- und Gemeindebund als auch der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) hatten deshalb ebenfalls gesetzliche Regelungen empfohlen, um durch Absenkung der Mindestraumtemperaturen eine ansonsten definitive unverhältnismäßige hohe Preiswelle zu vermeiden. Der Bundeswirtschafts- und Umweltminister will diese Möglichkeit prüfen, während z.B. die Bundesbauministerin diesem Vorschlag bereits eine Absage erteilt hat.

Für Bürogebäude gilt nach den Technischen Regeln für Arbeitsstätten eine Mindesttemperatur von 20 Grad bei sitzenden Tätigkeiten ohne körperlichen Einsatz; in der Praxis finden sich jedoch vielfach höhere Temperaturen. Auch hier wären laut Aengevelt Energieeinsparungen von 10 % bis 20 % möglich, falls die Technischen Regeln eine Mindesttemperatur von 18 Grad zumindest für die Dauer der Verknappung zulassen würden.

Aengevelt verweist darüber hinaus eindringlich darauf hin, dass analoge Regelungen auch für Szenarien getroffen werden müssen, in denen Gebäude zeitweise überhaupt nicht mehr hinreichend beheizt werden können, weil eine adäquate Erdgasversorgung nicht mehr gewährleistet ist. Es muss jetzt durch Regierungshandeln ausgeschlossen werden, dass vor dem Hintergrund der kriegsbedingten Energieverknappungen und -verteuerungen Vermieter und Mieter über Mietminderungen und komplexer werdende Betriebskostenabrechnungen und daraus resultierende höher werdende angemessene Betriebskostenvorauszahlungen in langwierige private und oder gerichtsanhängige Mietvertragsstreitigkeiten mit allen Folgen für den Mietfrieden geraten.

Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien: „Unser politisches System muss zeigen, dass es in der Lage ist, die sich abzeichnenden Krisensituationen zu bewältigen. Wir müssen deshalb jetzt so schnell wie möglich auf Seiten des Gesetzgebers die Weichen richtig stellen, um den Erdgasverbrauch situationsgerecht zu reduzieren. Alle politischen Argumente gegen gesetzliche Änderungen zur knappheitsbedingt temporären Absenkung der Mindesttemperaturen in Büro- und Wohngebäuden sind unlogisch, denn sie werden spätestens ohnehin hinfällig, wenn das Gas für breite Bevölkerungskreise rationiert werden muss und Heizungen somit nur noch temporär, eingeschränkt oder gar nicht mehr betrieben werden können.“








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