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27.06.2022 Pandemie hat Finanzmanagement in Deutschland stark verändert

Die vergangenen zwei Jahre der Pandemie haben die Arbeitswelt nicht nur in Bezug auf vermehrte Remote-Arbeit verändert. Auch das Management der Unternehmensfinanzen musste vielfach ins Homeoffice verlegt werden. Finanzverantwortliche erwarten deshalb einen höheren Grad an Digitalisierung und haben ein gesteigertes Bedürfnis nach einer schnelleren Übersicht des tagesaktuellen Cashflows. Dies zeigt eine neue Studie im Auftrag von Agicap, einem Unternehmen für Liquiditätsmanagement, und Arvato, einem Finanzdienstleistungs-Unternehmen. Die Unternehmen erhoffen sich von den Ergebnissen einen tiefen Einblick in das aktuelle und zukünftige Finanz- und Liquiditätsmanagement sowie in Zahlungsausfälle bei Unternehmen. 516 Fachkräfte vor allem aus dem Finanzbereich aus Deutschland nahmen an der Online-Studie teil. Auch in anderen europäischen Ländern wurde die Studie durchgeführt.

Was konkrete Ergebnisse anbelangt, gibt die Mehrheit der in Deutschland Befragten (83 Prozent) an, dass es aufgrund der Corona-Krise für sie und ihr Unternehmen wichtiger geworden ist, den Cashflow des Unternehmens transparent und täglich einsehen zu können. Dies passt zu dem weiteren Ergebnis, dass zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) eine zunehmende Digitalisierung des Finanzmanagements ihres Unternehmens erwarten.

Bei den Befragten scheint hier das Alter eine Rolle zu spielen – von den über 50-Jährigen sehen nur 55 Prozent den gleichen Bedarf, während die Jüngeren das Thema dringlicher sehen (71 Prozent). Zudem sieht mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) häufiger die Notwendigkeit, kurzfristig zu reagieren. Als mögliche Interpretation dieses Ergebnisses könnte auch die Annahme dienen, Teile der heutigen Arbeitswelt seien von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägt (“VUCA”). Diese Merkmale fördern die Notwendigkeit, im Finanzmanagement auch kurzfristig reagieren zu können. Gleichzeitig geben 50 Prozent an, dass sie ein stärkeres Bedürfnis nach Kontrolle verspüren – zum Beispiel durch ein tägliches Abfragen des Cashflows, mehr Reportings oder Dashboards.

Von denjenigen Befragten, die mit Veränderungen für dieses Jahr rechnen, geben 83 Prozent an, dass die Bedeutung eines schnellen Überblicks über den aktuellen und zukünftigen Cashflow ihres Unternehmens angesichts der erwarteten Veränderungen zunehmen wird.

Cloud-basierte Lösungen mit Vorteilen

Auch wurden die Fachkräfte gefragt, ob sie annehmen, eine Cloud-basierte Liquiditätsplanung hätte Vorteile gegenüber einer Liquiditätsplanung, die mit einer lokal installierten Software durchgeführt wird. Mehr als zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) stimmten dieser Frage zu. Bei der Betrachtung von Untergruppen aller Befragten kommen jedoch interessante Unterschiede zum Vorschein: Diejenigen, die ein Cloud-basiertes Cashflow-Management-Tool verwenden, stimmen der Aussage fast alle zu (91 Prozent). Diejenigen, die dies nicht tun, stimmen immerhin noch zu 62 Prozent zu. Ein Vergleich zwischen französischen und deutschen Befragten zeigt zudem: Während nur 67 Prozent der deutschen Befragten die Aussage bejahen, sind es beispielsweise bei den französischen Befragten 80 Prozent.

Regelmäßige Liquiditätsengpässe

Die Frage, ob die Teilnehmenden in ihrem Unternehmen mit Liquiditätsengpässen zu tun haben, bestätigten 61 Prozent – fast ein Drittel (31 Prozent) der Befragten sogar regelmäßig.

„Liquiditätsengpässe im Blick zu behalten ist wichtig, weil sie häufig das Wachstum erschweren. Wer sie prognostizieren kann, ist frühzeitig in der Lage, Gegenmaßnahmen einzuleiten”, sagt Stephan Krehl, General Manager DACH bei Agicap.
Bei der Frage nach den häufigsten Gründen für Liquiditätsengpässe nannten die Befragten vor allem unvorhergesehene Ereignisse wie Naturkatastrophen oder die COVID-19-Pandemie (50 Prozent bewerteten diesen Grund mit „oft” oder „sehr oft”), gefolgt von stark verspäteten oder ausbleibenden Zahlungen der Kund:innen (49 Prozent markierten „oft” / „sehr oft”). 39 Prozent gaben zudem mit „oft” oder „sehr oft” an, dass die Liquiditätsengpässe ihres Unternehmens daran liegen könnten, dass sie kein Interesse an alternativen Finanzierungsformen wie Leasing oder Factoring hätten.

Zahlungsausfälle an der Tagesordnung

Acht von zehn Befragten (81 Prozent) geben an, sie hätten regelmäßig mit Zahlungsausfällen zu kämpfen. Zwar geben dabei 57 Prozent an, dass diese in Bezug auf Häufigkeit und/oder Umfang nur geringfügig sind. Für 24 Prozent der Teilnehmenden haben die regelmäßigen Zahlungsausfälle jedoch ein erhebliches bis existenzbedrohendes Ausmaß. Bei den französischen Unternehmen sieht es indes schlechter aus: 42 Prozent Befragten aus Frankreich geben an, ihre Zahlungsausfälle können „erheblich bis existenzbedrohend” sein (beispielhaft zum Vergleich: Italien 45 Prozent und Spanien 41 Prozent). Ein Zahlungsausfall wurde dabei definiert als Zahlungsstörung, das heißt kein Zahlungseingang innerhalb von zehn Tagen und danach endgültiger Zahlungsausfall.

Sechs Prozent der Kund:innen zahlen verspätet oder gar nicht

Auf die Frage, wie hoch der Anteil der Kund:innen ist, bei denen es zu Zahlungsausfällen kommt, gab die Mehrheit (90 Prozent) an, dass bis zu sechs Prozent ihrer Kund:innen später zahlen als sie sollten. Außerdem gaben 37 Prozent an, ein bis drei Prozent ihrer Kund:innen würden zu spät zahlen, während weitere 29 Prozent sagten, dass es bei ihnen weniger als ein Prozent seien.

„Begleichen Kund:innen ihre Rechnungen nicht fristgerecht, fehlt einem Unternehmen Liquidität. Wird diese dringend benötigt, kann es auch hilfreich sein, dieses Ausfallrisiko zu verkaufen”, sagt Sebastian Ehrke, Director Ecosystem Growth bei Arvato Financial Solutions. „Für das Forderungsmanagement interpretieren wir die Ergebnisse so, dass die Nutzung von externen Dienstleistern zum Eintreiben von Forderungen oder zum Auslagern von Risiken eine zunehmende Rolle spielt", ergänzt Ehrke.

Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass die Mehrheit der Befragten mindestens einmal pro Woche einen Blick auf den Cashflow des Unternehmens wirft (85 Prozent). Etwa ein Drittel (32 Prozent) behält dabei den Cashflow täglich im Auge, 31 Prozent mehrmals pro Woche und 21 Prozent einmal pro Woche.

Gebrauch von Tools

Zudem fragten Agicap und Arvato, welche Tools die Fachkräfte für ihr aktuelles Liquiditätsmanagement verwenden. Etwa ein Drittel der Befragten (35 Prozent) gab an, Excel (cloudbasiert oder lokal installiert) oder Google-Tabellen für ihr Cashflow-Management zu verwenden. Nur 18 Prozent nutzen derzeit ein spezielles Cloud-basiertes Cashflow-Management-Tool, während 21 Prozent ein On-Premise-Tool verwenden. 12 Prozent nutzen einen externen Dienstleister, während überraschenderweise 12 Prozent kein spezielles Tool für ihr Cashflow-Management verwenden. Von den Personen, die zu der Gruppe gehören, die mit der Liquiditätssoftware ihres Unternehmens unzufrieden ist, verwenden 82 Prozent ein Tabellenkalkulationsprogramm.

Auch die Handlungsbereitschaft der Befragten wurde untersucht mit der Frage, ob sie eine Investition in eine Liquiditätsmanagement-Software in den kommenden 12 Monaten in Betracht ziehen. Dabei zeigt sich: 45 Prozent planen, in den nächsten 12 Monaten in eine Cashflow-Management-Software zu investieren, während 26 Prozent sich noch nicht sicher waren. Nur 29 Prozent planen keine Investitionen in Cashflow-Management-Software im kommenden Jahr.

Auf die Frage, aus welchen Gründen keine Investition in eine Liquiditätsmanagement-Software in Betracht gezogen wird, gaben 23 Prozent an, ein neues Tool sei derzeit nicht im Budget vorgesehen, und weitere 16 Prozent sagten, ihre Vorgesetzten würden kein neues Tool wollen.

Die Bedeutung von Transparenz bei der Liquidität und Digitalisierung werden nach Ansicht der Befragten also zunehmen. Doch welche Funktionen wären ihnen bei einem Liquiditätsmanagement-Tool am wichtigsten? Für die Befragten aus Deutschland sind das eine besonders hohe Datensicherheit (35 Prozent), dicht gefolgt von einer Anbindung an die Buchhaltung (34 Prozent) und dem Echtzeit-Einblick in Zahlungseingänge und -ausgänge (26 Prozent) sowie einer benutzerfreundlichen/intuitiven Bedienung (ebenfalls 26 Prozent).

„Finanzverantwortliche sollten aufgrund des derzeit volatilen Marktumfeldes etwa beim Thema Energie die neuen Möglichkeiten betrachten, um die aktuelle und künftige Liquidität des Unternehmens per Mausklick einzusehen. Sie schaffen ihnen mehr Raum für strategisch wichtige Investitionsentscheidungen”, sagt Stephan Krehl. „Zusätzlich gilt es jetzt, die Budgets in den Unternehmen für diese Digitalisierungs-Initiativen freizugeben, um den Erwartungen an eine schnelle Digitalisierung gerecht zu werden.”






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