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29.06.2022 Hamburg: Auf den Boom bei Anlageimmobilien folgt Konsolidierung

2021 gab es Rekordwerte bei Umsätzen und Preisen am Markt für Anlageimmobilien. Dynamisch entwickelten sich die Preise vor allem schwächerer Lagen, wie die Zahlen des Hamburger Gutachterausschusses belegen. Dieser Trend setzte auf Chancen in einem positiven Marktumfeld. Doch die Marktbedingungen haben sich 2022 drastisch verändert. Der „Marktbericht 2022 – Anlageimmobilien in Hamburg“ des Immobiliendienstleisters Zinshausteam & Kenbo analysiert die Zahlen des Gutachterausschusses und die Entwicklungen am Hamburger Immobilienmarkt.

„Wir haben angesichts der dynamischen Preisentwicklung am Zinshausmarkt bereits in den vergangenen Jahren immer mal wieder erwartet, dass der Zenit der Preise erreicht wird“, erklärt Lars Linnenbrügger, geschäftsführender Gesellschafter bei Zinshausteam & Kenbo. „Nun ist dieser Moment gekommen – zumindest temporär. Seit Ende 2021 im Neubau und seit Februar 2022 auch im Bestand stagnieren die Preise bzw. gehen zurück.“

„2022 bleibt ein unruhiges Jahr“

Die Energiekrise im Kontext mit dem Krieg in der Ukraine, Inflation und Zinswende, die anhaltenden Einschränkungen durch die Pandemie samt brüchiger Lieferketten und steigender Baukosten haben auch die Rahmenbedingungen für den Anlageimmobilienmarkt binnen weniger Monate erheblich verändert. „2022 ist und bleibt ein unruhiges Jahr, weil es kaum prognostizierbar ist“, so Linnenbrügger.

Das war so im vergangenen Jahr nicht absehbar und spiegelt sich auch noch nicht in den Zahlen des Hamburger Gutachterausschusses wider. Zwar fällt der Umsatzsprung um 71 % von 2020 auf 2021 im Segment Zinshäuser deshalb so spektakulär aus, weil es 2020 pandemiebedingt einen deutlichen Umsatzrückgang gab. Doch die 2,5 Mrd. Euro Umsatz aus 480 Transaktionen (2020: 382) sind ein Allzeithoch – ebenso wie der durchschnittliche Verkaufsfaktor von 32,5 Nettokaltmieten oder der Verkaufspreis von 4.297 €/m2.

2022 stärkerer Fokus auf etablierte Lagen

Die stärksten Preissprünge machten schlechte Lagen mit 16 % auf 2.868 €/m2 sowie mäßige Lagen mit 14 % auf 3.088 €/m2. Auch im Fünf-Jahres-Vergleich liegen diese beiden Lagen vorn. „Die Preisdynamik und anhaltende Nachfrage am Zinshausmarkt hat in den letzten Jahren die als chancenreich wahrgenommenen, also bisher scheinbar unterbewerteten Standorte in den Fokus der Käufer gerückt“, sagt Linnenbrügger. „Allerdings erwarten wir für das laufende Jahr angesichts der multiplen Krisen eine stärkere Fokussierung auf die sicheren, etablierten und damit teuren Lagen.“

Im vergangenen Jahr wurden die meisten Transaktionen in Harburg (23) und Rahlstedt (19) erfasst – ökonomisch unterdurchschnittliche Stadtteile. Auf Rang 3 folgt Winterhude (18) vor Bergedorf (17) und Eimsbüttel (16).

Neubaueigentumswohnungen mit starkem Umsatzzuwachs

Im Segment Eigentumswohnungen liegen die etablierten Stadtteile mit überdurchschnittlichen Preisen bereits bei der Zahl der Transaktionen bereits vorne. Von den insgesamt 6.241 verkauften Eigentumswohnungen gab es die meisten Deals in Winterhude (323), der HafenCity (298) und in Eimsbüttel (287). Der Durchschnittspreis aller verkauften Eigentumswohnungen stieg um 15 % auf 6.927 €/m2 – 50 % mehr, als vor fünf Jahren.

Preistreiber sind die Neubaueigentumswohnungen. Die 1.574 verkauften Einheiten entsprechen zwar nur einem Viertel der Transaktionen, sorgen aber mit 1,35 Mrd. Euro für 37 % des Umsatzes.

Grundstücke sind Preistreiber

Im vergangenen Jahr wurden 270.000 m2 Bauland für Geschosswohnungsbau verkauft – deutlich unter dem zehnjährigen Durchschnitt von 428.000 m2. Bauland ist knapp und teuer. Allein 2021 stieg der durchschnittliche Hamburger Bodenrichtwert um gut ein Viertel auf 2.457 €/m2 je Quadratmeter Wohnfläche. „Neben anderen Faktoren sind die Grundstückswerte ein überdurchschnittlicher Preistreiber für die Baukosten“, betont Linnenbrügger.

Die steigenden Baukosten sowie die Pandemie haben inzwischen Bremsspuren beim Wohnungsbau in Hamburg hinterlassen. So ging die Zahl der fertiggestellten Wohnungen um über 30 % auf 7.836 Einheiten zurück – wovon Eigentumswohnungen mit einem Minus von 49 % über- und Mietwohnungen mit Minus 27 % unterdurchschnittlich betroffen waren.

Zuwanderung sinkt, Mieten steigen

Allerdings deckt die Zahl an Fertigstellungen locker den Bedarf – wenn man von der Bevölkerungsentwicklung ausgeht. Hamburg wuchs von 2021 nur um 1.457 Personen – die bei einer durchschnittlichen Hamburger Haushaltsgröße von 1,8 Personen rechnerisch für einen zusätzlichen Bedarf von 809 Wohnungen stehen.

„Allerdings verweist eine Studie der ARGE Kiel darauf, dass über 10 % der Menschen in überbelegten Wohnungen leben“, so Linnenbrügger. „Und diese Quote wird auch nicht sinken, weil die Mieten steigen.“ Tatsächlich machte der Mietenspiegel im November 2021 einen Sprung von 7,3 % auf 9,29 €/m2. Neben stark anziehenden Mieten für neue Wohnungen, verteuern Sanierungen und Modernisierungen insbesondere Wohnungen der 1950er und 1960er Jahre. Diesen Kostentreiber wird es durch die verstärkten Klimaschutzanstrengungen auch weiter geben.

Erhöhung der Grunderwerbsteuer und Zinswende

Doch nicht nur globale Krisen verteuern das Wohnen und den Wohnungsbau. In Hamburg wird etwa zum 1. Januar 2023 die Grunderwerbsteuer von 4,5 % auf 5,5 % erhöht. „Das ist natürlich eine Verteuerung zur Unzeit“, so Linnenbrügger. „Aber die parallele Senkung der Grunderwerbsteuer für junge Familien auf 3,5 % ist ein wichtiges Signal zur Förderung des Wohneigentums.“ Das vermisst der Immobilienexperte wiederum bei der 2021 eingeführten Genehmigungspflicht zur Aufteilung von Zinshäusern in Eigentumswohnungen.

Ein zentrales Thema für Wohnungsbau und Wohnimmobilienkauf wird jedoch die Zinswende sein. Erstmals seit elf Jahren hat die EZB den Leitzins zum 1. Juli um 0,25 % erhöht. Weitere Erhöhungsschritte bis Jahresende werden erwartet. „Für Investoren, die mit viel Eigenkapital arbeiten, ist die Erhöhung der Zinsen – die die Banken durch erhöhte Liquiditäts- und Risikoaufschläge bereits seit Ende 2021 vorweggenommen hatten – kein großes Problem“, kommentiert Linnenbrügger. „Alle anderen müssen angesichts des weiterhin hohen Preisniveaus neu kalkulieren – zumal auch die Banken höhere Risikoanforderungen stellen.“

Weniger Neubau, mehr Interesse am Bestand

Ganz sicher werde es weniger Wohnungsneubau geben und es wird mehr in den Bestand investiert. Eine Studie der ARGE Kiel sieht ein Potenzial von 4,3 Mio. Wohneinheiten in Deutschland durch den Umbau von Büroflächen, Aufstockung von gewerblichen Bauten oder den Dachgeschossausbau.

„Allerdings befeuern wirtschaftliche und politische Krisen das Investment in Sachwerte – Immobilien zuvorderst“, so Linnenbrügger. „Bei gleichzeitig verringertem Angebot aus dem Neubausegment, kann das im Core-Segment wieder zu anziehendem Interesse am Bestand führen. Dabei werden die höheren Finanzierungskosten der Käufer von den Verkäufern bei der Preisbildung berücksichtigt werden müssen – die Einsicht entwickelt sich erfahrungsgemäß mit Verzögerung.“

Bei Gewerbeinvestments fehlt Angebot

Nach Zahlen des Gutachterausschusses ist der Umsatz mit Büro- und Geschäftshäusern 2021 um 19 % auf 2,85 Mrd. Euro zurückgegangen. „Der Umsatzrückgang am Investmentmarkt in Hamburg gründet weniger in der Zurückhaltung der Käufer, sondern in einem Mangel an Angebot – in der richtigen Assetklasse“, kommentiert David Kenney, geschäftsführender Gesellschafter bei Zinshausteam & Kenbo. „Die richtigen Assets sind in guten Lagen langfristig vermietete Büroimmobilien – am besten an die Öffentliche Hand – sowie Produktions- und Logistikimmobilien.“

„Gerade Light-Industrial und Logistikimmobilien sind sehr gefragt“, betont Kenney. „Schon während der Pandemie hat sich die Einstellung zum Thema Bevorratung geändert und eine enorme Nachfrage nach Lagerraum ausgelöst. Aber auch mittelständische Handwerks- oder produzierende Betriebe suchen Fläche.“ Nicht nur Fonds investieren in dieses mit Einstiegsfaktoren um die 20-fache Jahresnettokaltmiete renditeträchtige Segment. Auch größere Privatinvestoren und Family Offices kaufen.







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