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11.07.2022 Hotelmarkt: Hoffnung in Köln, Chancen in Bonn, Leiden in Düsseldorf

Nach zehn Jahren konstanten Wachstums war die Corona-Pandemie auch für die Hotelbranche in Nordrhein-Westfalen eine beispiellose Zäsur. Welche Hotelmärkte haben die Krise am besten überstanden? Und wo bieten sich auch unter den veränderten Vorzeichen noch Chancen für Investoren? Diese Fragen beantwortet der seit 2015 regelmäßig veröffentlichte „Hotelmarkt Report NRW“, in dem aktuelle Marktbedingungen analysiert werden und in ein Ranking der 15 wichtigsten Destinationen münden. Die jetzt vorliegende Ausgabe 2022 zeigt auf, dass einige lokale Märkte durchaus weiter Chancen für Hotelentwicklungen bieten. Das gilt vor allem für Köln und Bonn als bestbewertete Städte des landesweiten Vergleichs. In Münster, Aachen und dem aufstrebenden Bielefeld steckt ebenfalls noch Potenzial.

Autor der 52-seitigen Untersuchung ist das Team der bundesweit tätigen Schollen Hotelberatung GmbH & Co. KG, die in neuer Gesellschafter- und Geschäftsführer-Konstellation die Arbeit der seit Jahrzehnten etablierten Schollen Hotelentwicklung GmbH fortsetzt. Die Experten haben für den Report Marktdaten aus den 15 Städten mit eigenen Analysen kombiniert und die Resultate im von ihnen entwickelten Bewertungssystem - dem so genannten „Schollen-Scoring“ - abgebildet. Wichtig: Im Fokus der Untersuchung steht dabei ausschließlich das Segment der Hotels und Hotels garnis, weil es den jeweils für Investoren relevanten Teil des Beherbergungsmarktes darstellt. Die Ergebnisse bieten aber auch Projektentwicklern, Hotelgesellschaften und Vertretern der untersuchten Städte eine umfassende Orientierungshilfe im Hinblick darauf, wo sich nach den Erschütterungen durch die Pandemie ein Engagement lohnt.

Fünf Bewertungs-Kategorien, sieben Scoring-Stufen

Das erwähnte „Schollen-Scoring“ bewertet den Hotelmarkt einer Stadt in fünf Kategorien. Sie bilden - jeweils gestützt auf eine Vielzahl von Einzelindikatoren - das Volumen und das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, das Preisniveau, die Wettbewerbssituation, den Makrostandort und die Zukunftsaussichten ab. Teilaspekte und Gesamtbewertung ordnet das Ranking dann auf einer Skala von „Dreifach-Plus“ über „Neutral“ bis Dreifach-Minus ein, die am deutschen Gesamtmarkt orientiert wurde und damit auch bundesweite Aussagekraft hat.

Dabei hatten es die Autoren in den vergangenen beiden Jahren mit Rahmendaten zu tun, die nach zehn Jahren konstanten Wachstums auf dem Gesamt-Hotelmarkt Nordrhein-Westfalens völliges Neuland bedeuteten: Pandemiebedingt fielen die Übernachtungszahlen 2021 auf unter 30 Millionen und lagen damit um 44,4 % unter denen des Rekordjahres 2019. Beleg dafür, dass die von einem hohen Anteil an Geschäftsreisenden geprägte Destination NRW besonders unter der Pandemie gelitten hat. Entsprechend wurde das Land im Bundesvergleich der Übernachtungszahlen von Schleswig-Holstein und Niedersachsen überholt und rutschte auf Platz 5 ab. Innerhalb des bevölkerungsreichsten Bundeslandes vollzog sich parallel die gleiche Entwicklung: Spitzenreiter bei den Übernachtungszahlen in den zwölf regionalen Reisegebieten war nicht mehr die normalerweise dort „gesetzte“ Top-Destination Köln mit dem Erftkreis, sondern der touristisch geprägte Teutoburger Wald gefolgt vom Sauerland.

Köln büßt ein, ist aber immer noch Spitze

2019 war für Köln erstmals in der Geschichte des Hotelmarkt-Reports NRW die Klassifizierung Dreifach-Plus im Schollen-Scoring vergeben worden. Jetzt musste die Domstadt unter dem Eindruck der Corona-Pandemie Federn lassen: Mit einem gegenüber dem Vorkrisenniveau zuletzt um 59 % gesunkenen Übernachtungsvolumen ist Köln nach Düsseldorf die am härtesten getroffene Destination im Städte-Vergleich. Die Experten rechnen aber damit, dass sich NRWs größter Hotelmarkt zügig wieder erholt. Dafür spricht der gesunde Mix aus Business- und Freizeitreisenden, der in der Vergangenheit zuverlässig für eine Bettenauslastung oberhalb der 50 % sorgte. Zudem wuchs die Nachfrage in den Vor-Covid-Jahren regelmäßig stärker als das Bettenangebot. Letzteres wird sich bis 2025 mit Blick auf die 2020/21 bereits realisierten und noch in der Pipeline befindlichen Projekte um rund 18 % erhöhen. Aus Sicht des Schollen-Teams ist das durchaus noch ein gesundes Wachstum. Ihr Fazit: „Köln bleibt für Investoren und Hotelgesellschaften weiter ein attraktives Ziel.“ Dokumentiert wird das mit einem Doppel-Plus-Scoring und weiterhin Platz 1 im Ranking.

Hotelschließungen in Bonn

In Bonn, wie auch in den meisten der 15 größten NRW-Städte ist ein Corona-Markteffekt abzulesen: Der Nachfrage-Einbruch hat den Strukturwandel in der Hotellerie zu Gunsten der großen Ketten und zu Lasten der privaten Betreiber massiv beschleunigt. Besonders drastisch ist diese Entwicklung in Bonn abzulesen, das einen echten Sonderfall innerhalb des Städterankings bildet: Rund 20 Hotels mit ca. 1.500 Betten wurden von 2020 bis heute geschlossen, gut zwei Drittel dieser Betten fanden sich in privat geführten Häusern. Diese Entwicklung mit einem Betten-Minus von über 12 %, was den Spitzenwert innerhalb der Top 15 Städte darstellt, kommt aus Sicht der Report-Autoren umso überraschender, weil der Bonner Hotelmarkt seit Jahren sehr stabil performt und als einer der attraktivsten in NRW gilt. Das unterstrich nicht zuletzt das Doppel-Plus-Rating in den drei bisherigen Städterankings des Reports. Auch in der Krise zeigte Bonn noch Stärke in Form der mit 28,2 % besten Bettenauslastung aller untersuchten Standorte. Das Schollen-Team vermutet daher die Ursache für die drastische Marktbereinigung in strukturellen Defiziten bei den betroffenen Betrieben, die durch die Corona-Krise schonungslos offengelegt wurden.

Weil auch für Bonn nach überwundener Pandemie wieder gesunde Marktverhältnisse wie vor 2019 erwartet werden, bietet der Bettenrückgang für Investoren unverhoffte Chancen in der Stadt am Rhein. Das gilt umso mehr, weil die Projektpipeline, nachdem das prizeotel in diesem Jahr eröffnet hat, bis 2025 aktuell komplett leer ist. „Potenzial sehen wir für das markengebundene Economy- und Budget-Segment, Boutique-Konzepte und den Bereich des temporären Wohnens“, so das Fazit des Reports, der Bonn deshalb als einzige Stadt neben Köln mit Doppel-Plus klassifiziert und weiter auf Platz 2 führt.

Düsseldorf: Stärkster Einbruch und heftigster Wettbewerb

Ganz anders als in Bonn stellt sich die Situation in Düsseldorf dar: Die Landeshauptstadt ist und bleibt zwar ein starker Makrostandort und nach Köln der größte Hotelmarkt in NRW, verzeichnete aber als ausgeprägte Business- und Messedestination mit dem höchsten Anteil internationaler Gäste ein Übernachtungs-Minus von 61 % gegenüber 2019 – der heftigste Einbruch aller 15 Städte. Gleichzeitig setzt sich der seit Jahren anhaltende Betten-Boom ungebremst fort: Bis 2025 werden gegenüber dem Jahr 2020 rund 6.000 Zimmer neu an den Markt gebracht worden sein, das ist ein Zuwachs von 40 % innerhalb von fünf Jahren. Greifbarer Ausdruck dieses Gigantismus‘ ist der in 2022 eröffnete Triple-Brand aus Adina, Hampton by Hilton und Premier Inn am Hauptbahnhof mit zusammen 717 Zimmern. Vor diesem Hintergrund sehen die Schollen-Experten extreme Wettbewerbsbedingungen insbesondere auf die Privathotellerie zukommen, die hier ohnehin schon auf dem Rückzug ist. 77,5 % der Zimmer sind aktuell bereits in der Hand von Markenhotels, der zweithöchste Wert in NRW. Diese Daten schlagen sich auch auf die Wertung im Hotelmarkt-Report nieder: „Nach Überwindung der Pandemiefolgen sehen wir zwar weiterhin eine positive Nachfrageentwicklung für die Landeshauptstadt, jedoch wird dies auf absehbare Zeit nicht annähernd ausreichen, um das stark wachsende Zimmerangebot zu kompensieren“, so die Prognose der Autoren. Neue Hotelentwicklungen sind aus ihrer Sicht nur noch in absoluten Ausnahmefällen sinnvoll. Deshalb stuften sie die Landeshauptstadt zum zweiten Mal in Folge im Scoring eine Stufe herab, mit dem Rating neutral rangiert Düsseldorf nur noch auf Platz fünf.

Münster und Aachen rücken vor

Die Rheinmetropole musste damit auch Aachen und Münster an sich vorbeiziehen lassen, deren Hotelmärkte 2022 mit dem Rating einfach plus klassifiziert wurden. Münster bewies auch in der Krise seine Stärke: Gegenüber dem Rekordjahr 2019 mit knapp 900.000 Übernachtungen brach der Markt 2021 „nur“ um 41 % ein, das ist der niedrigste Rückgang aller Top-15-Städte. Auch die Bettenauslastung lag mit 27,5 % sehr nahe am Wert des Spitzenreiters Bonn. Die besondere Qualität des Hotelmarktes in der westfälischen Universitätsstadt, der bereits im ersten Report 2015 als „Hidden Champion“ eingeschätzt wurde, haben inzwischen diverse Investoren erkannt und sind in Münster aktiv geworden. Sie sorgen dafür, dass die Angebotsseite bis Ende 2022 gegenüber 2019 um 700 Zimmer wächst und die Markenhotellerie erstmals mehr als 50 % Marktanteil haben wird. Das ist aber immer noch der niedrigste Wert aller untersuchten Städte und lässt noch viel Luft nach oben für aktuelle Konzepte von Hotelketten. Weil gleichzeitig alles für eine zügige Rückkehr zur hohen Nachfrage auf dem Niveau von 2019 spricht, sieht der Report in Münster jetzt den drittstärksten Hotelmarkt in NRW und bewertet die Aussichten für weitere Hotelinvestments positiv. Potenzial sieht man speziell für markengebundene Projekte außerhalb des bereits stark vertretenen 4-Sterne-Segments in sehr guten Lagen sowie für temporäres Wohnen. Letzteres rückt innerhalb des Gastgewerbes und insbesondere in Form von Serviced Apartments übrigens immer stärker in den Fokus von Investoren und Hotelgesellschaften.

Genau wie Münster gegenüber 2019 einen Platz gut gemacht hat Aachen auf Rang 4. In der Kaiserstadt war die Nachfrage vor der Pandemie-Phase über Jahre hinweg deutlich stärker gewachsen als das Zimmerangebot und hatte Aachen verbunden mit einer Bettenauslastung von mehr als 50 % schon im Report 2019 zu einem der Aufsteiger gemacht. Auch 2021 punktete die attraktive Tourismus-Destination mit einer unter Covid-Bedingungen guten Bettenauslastung von 25 %, auch in dieser Kategorie Platz 3 in NRW. Das Schollen-Team geht davon aus, dass sich der positive Nachfragetrend in Aachen fortsetzen wird, wenn die Pandemie überwunden ist. Dann ergeben sich sehr gesunde Marktbedingungen, weil der Anteil der Markenhotellerie mit 72 % zwar bereits relativ hoch ist, aber für die kommenden Jahre keine weiteren Projekte in der Pipeline stecken. Potenzial bestehe hier weiter für Hotelentwicklungen in ausgewählten Lagen und das Segment des temporären Wohnens.

Potenzial für Markenhotellerie in Bielefeld

Im Städte-Ranking bilden die fünf Standorte mit neutralem Scoring das Mittelfeld. In dieser Gruppe sticht Bielefeld als aufstrebende Destination auf Platz 6 heraus. Die ostwestfälische Großstadt hat während der Krise viertbeste Bettenauslastung im Land geschafft und bietet mit seiner verkehrsgünstigen Lage und starken wirtschaftlichen Struktur alle Voraussetzungen, bei den Übernachtungszahlen in der Post-Covid-Zeit wieder auf Wachstumskurs zu gehen. Diese Entwicklung würde sich dann in einem Markt vollziehen, der noch Spielräume nach oben hat. Dafür sprechen der mit 52 % zweitniedrigste Anteil der Markenhotellerie im Ranking und die Situation auf der Angebotsseite. Zwar wird sich die Zimmerzahl bis 2025 gegenüber 2020 um 27 % erhöhen, in den vier Jahren davor gab es in Bielefeld aber eine Phase ohne relevanten Zimmerzuwachs. Deshalb sehen die Schollen-Experten noch ein gewisses Potenzial insbesondere für markengebundene Produkte in den derzeit noch durch die Privathotellerie geprägten mittleren und unteren Marktsegmenten sowie – auch hier – für temporäres Wohnen.

Ruhrgebiet: Nur Essen nicht im Minus-Bereich

In der neutralen Zone hat es mit Essen nur eine der großen Ruhrgebietsstädte geschafft. Insgesamt leiden die sechs wichtigsten Destinationen im industriellen Herz NRWs unter ihren makroökonomisch schwächeren Rahmendaten, zunehmendem Wettbewerbsdruck auf ihren Hotelmärkten und auch in der Pandemie unterdurchschnittlicher Auslastung. Dass Essen als einziger Standort nicht unter dem Strich liegt, hat maßgeblich mit dem Ende des über Jahre sehr dynamischen Zimmerzuwachses in der Krupp-Metropole zu tun. Weil gegenwärtig keine neuen Hotelprojekte bekannt sind, wird sich die Wettbewerbssituation auf absehbare Zeit und damit auch nach Ende der Pandemie zumindest nicht weiter verschärfen, während dann von einer Regeneration der Nachfrage ausgegangen werden kann. „Für markengebundene Budget-Hotelprojekte in ausgesuchten Lagen sowie temporäres Wohnen könnte noch gewisses Potenzial vorhanden sein“, lautet daher das Fazit im Report.

Ähnlich wie Essen hatte Dortmund als zweite große Ruhr-Destination 2019 mit rund 1,3 Millionen Übernachtungen einen Rekordstand aufzuweisen. Hier fällt der Corona-Einbruch um 55,6 % aber mit einer massiven Ausweitung der Zimmerkapazitäten zusammen. Fünf große Hotelprojekte werden das Bettenangebot bis 2025 um 30 % gegenüber dem Jahr 2020 ausweiten. Selbst bei einer Rückkehr zu den starken Übernachtungszahlen werden Bettenauslastungen an die 50 %, die Dortmund im Rekordjahr 2019 erreichte nicht mehr realistisch sein. Daher rutscht auch Dortmund in den Bereich einfach minus. Dort trifft es auf Bochum, wo es mit einem erwarteten Zimmerzuwachs von rund 40 % bis 2024 auf dem Hotelmarkt sehr ungemütlich werden kann. Duisburg komplettiert das Ruhr-Trio unter dem Strich.

Oberhausen, Gelsenkirchen und Krefeld mit Doppel-Minus

Am Ende des Feldes rangieren drei Destinationen im Doppel-Minus-Bereich. Während das bei Gelsenkirchen und Krefeld vor allem dem sehr geringen Übernachtungsvolumen geschuldet ist, schlägt in Oberhausen der Betten-Boom der vergangenen Jahre nunmehr voll durch. Schon vor der Pandemie hatte sich die noch 2017 mit 51 % auf Top-Niveau performende Auslastung auf Talfahrt begeben, nachdem das Angebot durch eine Flut von Neueröffnungen über Jahre stärker wuchs als die Nachfrage. Diese Situation gab es innerhalb der Top-15-Städte sonst nur noch in Wuppertal. Alle drei Schlusslichter bieten aktuell kaum Potenzial für neue Hotelentwicklungen.

Privathotellerie: Der Druck wird immer größer

Standortübergreifend zeigt der Report, dass die Luft für die Privathotellerie immer dünner wird – Betriebsschließungen im Zuge der Pandemie gehörten in allen Städten zum Lagebild. In Zukunft werden die kürzlich eröffneten und noch in der Pipeline befindlichen Hotelprojekte den Wettbewerbsdruck für die privaten Häuser weiter erhöhen, prognostizieren die Report-Autoren auch in Städten, in denen die Marktdurchdringung der Hotelketten bislang noch nicht besonders ausgeprägt ist. Dabei werden künftig Betriebsübernahmen und Re-Brandings für Bewegung auf den Märkten sorgen.







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