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20.07.2022 Sparnation auf Abwegen? Deutsche sparen weniger, Zinsen ziehen an

Anfang Juni hatte die Europäische Zentralbank (EZB) zum Eindämmen der Inflation entschieden, den Leitzins im Juli um 25 Basispunkte anzuheben. Obwohl die erwartete Erhöhung zu einem Wettbewerb für das beste Zinsangebot von Banken sorgte, konnte sie nicht die erhoffte Entspannung schaffen. Im Gegenteil, die Inflation steigt weiter und erreichte im Juni laut Eurostat mit 8,6 Prozent einen neuen Rekord. Im internationalen Vergleich verliert der Euro zudem massiv an Wert, sodass die EZB weiterhin unter enormem Druck steht, in der nächsten Sitzung am 21. Juli weitere Entscheidungen zu treffen.

Wie sich ihre bisherigen Entscheidungen auf Zinsen und Sparverhalten ausgewirkt haben, zeigt die Plattform für Geldanlage WeltSparen im neuen Spar- und Zinsradar.

Top-Zinsen in Deutschland heben ab: Seit Juni Zuwachs um 0,4 Prozentpunkte

Die Entwicklung der Top-Zinsen zeigt, dass deutsche Sparer und Sparerinnen bereits jetzt von der angekündigten Zinswende profitieren. Nachdem sich bereits ab Anfang März eine leichte Erholung abzeichnete, stiegen die Top-Zinsen für Festgelder seit Juni stark an. Tagesgelder verzeichnen einen leichten Zinssprung auf durchschnittlich 0,29 Prozent. Wesentlich besser sieht es bei längerfristigen Sparprodukten aus: Einjährige, zweijährige und fünfjährige Festgelder verzeichneten in den letzten fünf Wochen alle einen Anstieg um mehr als 0,4 Prozentpunkte. Festgelder mit einer Laufzeit von fünf Jahren übersteigen erstmals seit Langem wieder die Zwei-Prozent-Marke.

Die Daten der EZB zur durchschnittlichen Verzinsung neuer Anlagen in Deutschland bestätigen die Trendwende. Bei verschiedenen Geldanlagen mit Laufzeiten von mehr als einem Jahr stiegen die durchschnittlichen Zinsen in den letzten Monaten deutlich. Allein von März bis Mai haben sich die Zinsen von 0,28 Prozent für über ein- bis zweijährige Festgelder und 0,38 Prozent für Festgeld über zwei Jahre auf 0,53 Prozent und 0,66 Prozent fast verdoppelt – sie sind damit so hoch wie zuletzt im Sommer 2020.

Fast unverändert waren Ende Mai hingegen mit 0,14 Prozent die Zinsen für neue Geldanlagen mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr. Sichteinlagen – dazu gehören Tagesgelder und Girokonten – verzeichnen keine Verbesserung, sodass hier Ende Mai nach wie vor im Mittel 0,02 Prozent Strafzinsen fällig waren.

Kontoguthaben der Deutschen stagnieren – Fast 70 Prozent in Sichteinlagen

Ein Blick auf die Guthaben auf Giro-, Spar-, Festgeld- und Tagesgeldkonten in Deutschland lässt nach einem bescheidenen 2021 nur wenig Hoffnung auf ein besseres 2022. So zogen die Deutschen im ersten Quartal 2022 insgesamt rund 2,8 Milliarden Euro von ihren Konten ab. Auch wenn der Anteil gemessen am gesamten Kontoguthaben gering ist – es ist ein Rückgang.

Die jüngsten Daten der EZB ließen kurzzeitig auf eine Verbesserung im zweiten Quartal hoffen. Im April wuchsen die Kontoguthaben um mehr als 16 Milliarden Euro an, verzeichneten im Mai aber wieder einen leichten Rückgang. Generell hat das Einlagenwachstum in Deutschland an Fahrt verloren. Zwischen Mai 2021 und Mai 2022 stiegen die Kontoguthaben lediglich um rund ein Prozent. Im Vorjahreszeitraum waren die Einlagen noch um rund 6,7 Prozent gewachsen. In etwa konstant bleibt der Anteil der kurzfristig verfügbaren Sichteinlagen: Mit 1,84 Billionen Euro liegen weiterhin 69 Prozent der insgesamt 2,65 Billionen Euro auf Konten, die täglich verfügbar sind, dafür aber meist kaum Zinsen bringen, wie Tagesgeld- oder Girokonten.

Leichte Erholung bei Durchschnittszinsen im Euroraum

In der Eurozone zeichnet sich eine leichte Erholung bei den Zinsen ab. Das gilt zunächst für die verschiedenen Anlagen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr. Zwischen März und Mai erhöhten sich die Zinsen für ein- bis zweijährige Festgelder um 0,07 Prozentpunkte auf 0,41 Prozent. Bei Festgeldern mit längeren Laufzeiten von mehr als zwei Jahren stiegen sie im gleichen Zeitraum von 0,52 auf 0,64 Prozent. Im Gegensatz dazu verzeichneten sowohl die Anlagen mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr als auch Sichteinlagen keine spürbare Verbesserung. Sie liegen unverändert bei 0,18 und 0,01 Prozent.

Interessant ist ein Blick auf die Kontoguthaben in der Eurozone. Sie stiegen zwar kontinuierlich an und lagen Ende März bei 8,8 Billionen Euro, ihr Wachstum hat sich aber spürbar verlangsamt. Nur noch um 4,1 Prozent stiegen die Guthaben zwischen März 2021 und März 2022, das ist nur halb so viel wie im Vorjahreszeitraum (8,1 Prozent). In etwa konstant blieb hingegen der Anteil Sichteinlagen, die mit rund 5,4 Billionen Euro knapp 61 Prozent der insgesamt 8,8 Billionen Euro ausmachen.

Kontoguthaben sinken: Deutsche sparen pro Kopf 33 Euro weniger im ersten Quartal

Durchschnittlich haben Sparerinnen und Sparer in der Eurozone von März 2021 bis März 2022 jeweils 1.003 Euro auf Sparkonten eingezahlt. Spitzenreiter unter den größten EU-Volkswirtschaften waren dabei die Niederlande, die knapp 1.629 Euro pro Person gespart haben. Das Schlusslicht in diesem Vergleich bildet Deutschland: Hierzulande haben die Bürgerinnen und Bürger gerade einmal 545 Euro pro Kopf gespart – deutlich weniger als die Italienerinnen und Italiener mit 958 Euro. Im ersten Quartal 2022 war Deutschland eines der wenigen Länder im Euroraum, in denen insgesamt Geld von den Konten abgehoben wurde – rund 33 Euro pro Kopf. Rückgänge hatten in diesem Zeitraum sonst nur Griechenland, Litauen, die Slowakei, Zypern und Österreich zu verzeichnen.

Deutschland liegt bei Kontoguthaben in Europa weiter vorn

Bei den bestehenden Kontoguthaben sind die Deutschen weiter vorne dabei. 31.705 Euro parkt jede Bundesbürgerin und jeder Bundesbürger im Schnitt auf Konten. Das ist der höchste Wert unter den großen Volkswirtschaften der EU. Auf Rang zwei folgen die Niederlande mit einem Pro-Kopf-Guthaben von 31.313 Euro. Dahinter landet Frankreich mit durchschnittlich 26.771 Euro. Der Eurozonen-Durchschnitt liegt bei 25.764 Euro Kontoguthaben pro Person. Deutlich unter diesem Wert liegen Italien und Spanien mit durchschnittlichen Kontoständen von jeweils unter 22.000 Euro pro Kopf.

Katharina Lüth, Chief Client Officer & Managing Director bei Raisin, kommentiert die Studie: "Die angekündigte Erhöhung des Leitzinses durch die EZB zeigt bereits ihre Wirkung: die Zinsen steigen deutlich an. Dennoch liegen weiterhin knapp 70 Prozent der deutschen Sparguthaben als Sichteinlagen auf Konten, die im Regelfall keine oder kaum Zinsen abwerfen. Gerade wenn das Geld kurzfristig verfügbar sein soll und eine Anlage am Kapitalmarkt durch die hohe Volatilität, die wir gerade in Zeiten wie diesen sehen, zu viel Risiko birgt, sind Tages- und Festgeldprodukte ein guter Weg, um die hohe Inflation abzumildern."









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