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24.08.2022 Achterbahnfahrt bei den Bauzinsen

Die Zinsen für Baufinanzierungen verharren unter 3 Prozent. Dieser Ruhe ist allerdings nur bedingt zu trauen: In einem sowieso schon nervösen Umfeld nimmt die EZB den Märkten durch die Abschaffung der „Forward Guidance“ zudem noch ein Planungsinstrument. Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG, rechnet daher mit deutlichen Kursausschlägen und einem Aufwärtspotenzial für die Bauzinsen.

Zinsen (noch) auf Entspannungskurs

Nachdem die Zinsen für Baufinanzierungen im Juli deutlich um rund 0,5 Prozentpunkte gefallen sind, steigen sie im August wieder an. Der repräsentative Bestzins bei Dr. Klein liegt aktuell bei 2,61 Prozent (Stand: 23.08.2022). Für Dr. Klein Vorstand Michael Neumann ein Zeichen, dass die Märkte verunsichert sind und eine eindeutige Tendenz derzeit fehlt: „Die Bauzinsen sind aktuell wieder relativ weit von der 3-Prozent-Marke entfernt und bewegen sich zuletzt stark schwankend.“ Grund für diese Entwicklung ist, dass die 10-jährige Bundesanleihe, an deren Kurve sich die Bauzinsen orientieren, immer wieder Phasen mit starker Nachfrage aufweist. Wenn die Anleiherendite sinkt, sinkt auch das Zinsniveau – wie vor allem im Juli geschehen. Dieser Trend könnte allerdings nur von kurzer Dauer gewesen sein, da die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe seit Anfang August wieder ansteigt und über 1 Prozent geklettert ist.

Planbarkeit? Fehlanzeige - hohe Volatilität als Folge

Auch Michael Neumann mahnt daher: „Die Renditekurve der 10-jährigen Bundesanleihe zeigt stärkere Schwankungen und wird auch die Bauzinsen wieder mitziehen.“ Zudem spricht noch ein anderer Faktor für die Wahrscheinlichkeit zunehmender Volatilität: Nach fast einem Jahrzehnt wendet sich die Europäische Zentralbank von ihrem Konzept der „Forward Guidance“ ab, die den Märkten eine langfristige Planbarkeit ermöglichte. Mit diesem Instrument hat die Notenbank bisher zukünftige geldpolitische Absichten transparent kommuniziert und die Zinserwartungen beeinflusst. Diese Langfristigkeit ist nicht mehr zeitgemäß, die Entscheidungen müssen unverzüglich nach aktueller Lage getroffen werden – und mit der Abkehr dieser Kommunikationspraxis verschafft sich Christine Lagarde eine größere Flexibilität im Kampf gegen die Inflation und für den Erhalt der Währungsunion.

Wieder mehr Luft nach oben?

Eine Flexibilität, die sie bereits im Juli genutzt hat, als sie entgegen der angekündigten 0,25 Prozentpunkte den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte angehoben hat – trotz hoher Verschuldungsquoten einiger Eurostaaten. Damit sich daraus keine Euro-Krise entwickelt, hat die EZB mit TPI (Transmission Protection Instrument) ein Instrument geschaffen, mit dem sie gezielt Risikoländer wie Italien durch den Kauf von Staatsanleihen unterstützen kann. „Der Erfolg dieser Maßnahme ist die Grundlage für einen größeren Spielraum für die EZB, doch kräftiger an der Zinsschraube zu drehen“, so Michael Neumann. Ihm zufolge geht der Markt derzeit davon aus, dass der Leitzins bis Jahresende eine 1 vor dem Komma aufweisen wird. Er rechnet mit einer Aufwärtsbewegung bis Ende des Jahres. „Der Druck auf die Baufinanzierungszinsen kann sich in den kommenden Monaten wieder erhöhen“, so der Experte. „Wegen der vielen wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten weltweit erwarte ich aber weiterhin starke Schwankungen.“

Tendenz

Kurzfristig: schwankend seitwärts
Mittelfristig: volatil, leicht steigend







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