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07.09.2022 Wie kalt wird uns im Winter? Belastungsfaktoren, wohin man schaut

Die Gemengelage an den Aktienmärkten bleibt unübersichtlich – entsprechend schwer tun sich die Börsen mit der Ausbildung neuer, aber vor allem verlässlicher Trends. Belastend wirkt sich die Aussicht auf weitere Zinsanhebungen aus – zuvorderst in den USA, deren Notenbank klare Kante zeigt, wenn es um die Bekämpfung der Inflation geht. Aber auch die EZB wird nicht umhinkommen, mindestens noch einmal nachzulegen. Die Inflation als solche hingegen spielt Aktien eigentlich sogar noch in die Karten – so dass Sachwerte gefragt sein sollten. Vor allem wenn es sich um Unternehmen handelt, die den Kostendruck auf ihre Abnehmer überwälzen können.

Energiekosten belasten – zuvorderst in Europa

Damit wären wir bei den anhaltend hohen Energiekosten, die ebenfalls auf die Stimmung drücken. Wobei die europäischen Unternehmen und Verbraucher in absoluten Preisen am stärksten zur Kasse gebeten werden. So liegen die Preise am europäischen Gasmarkt um ein Mehrfaches über den Preisen in Nordamerika, aber auch höher als in Asien. Der schwache Euro verteuert das hiesige Preisniveau zusätzlich. Diese massive Preisdifferenz wird voraussichtlich noch über mehrere Jahre hinweg anhalten und bei den energieintensiven Branchen für einen massiven Wettbewerbsnachteil sorgen. Zudem steht das Risiko im Raum, dass es zu Rationierungen bzw. Lieferstopps kommen kann – der Gedanke daran lässt Börsianer auch außerhalb der kalten Jahreszeit frösteln.

Ein weiterer struktureller Nachteil, der sich in vielen westlichen Industrieländern zeigt, ist der Fachkräftemangel – wobei dieser Begriff etwas in die Irre führt. Mittlerweile fällt es vielen Branchen bereits schwer, selbst für Tätigkeiten, die keine mehrjährige Ausbildung erfordern und deshalb noch in den unteren Stufen des jeweiligen Tarifvertrages eingruppiert sind, das benötigte Personal zu rekrutieren. Das wird die Lohnkosten ebenfalls treiben bzw. dazu führen, dass Marktchancen nicht wahrgenommen werden können. Die erwartete Rezession wird hier nur wenig Druck nehmen.

Die negative Stimmung bietet Anlass zur Hoffnung

Bereits diese kleine Auswahl belastender Faktoren – Zinsanhebungen, Energiepreise, Arbeitskräftemangel – macht verständlich, warum zahlreiche Stimmungsindikatoren der Realwirtschaft, aber auch der Investoren sich im negativen Bereich befinden und die Volatilität zugenommen hat. Das wiederum macht Hoffnung. Denn bekanntlich wird die Hausse in der Baisse gezeugt. Wenn es also so ausschaut, als könnte es kaum noch schlimmer werden, bilden die Börsen einen Boden aus, um sich wieder verlässlich nach oben zu orientieren.

Noch aber scheint es nicht so weit. Zwar liegen die ausgewiesenen Kurs-Gewinn-Verhältnisse derzeit auf akzeptablen Niveaus, doch die zuletzt berichteten und erwarteten Gewinne spiegeln die belastenden Faktoren bislang nicht in ausreichendem Maße wider. Hier wird es noch auf Seiten der Unternehmen bzw. Analysten zu Gewinnrevisionen kommen.

Gerade europäische Anleger sollten sich außerhalb des alten Kontinents umtun
Wer auf die daraus resultierende Bodenbildung nicht warten mag, weil er ohnehin einen mehrjährigen Anlagehorizont hat, kann natürlich heute bereits beginnen, schrittweise einzusteigen. Wichtig ist nur zu wissen, dass die kommenden Monate schwankungsanfällig und rückschlaggefährdet bleiben werden. Die Streuung der eigenen Kapitalanlagen über die Kontinente hinweg kommt dabei weiterhin eine hohe Bedeutung zu. Gerade wir Europäer sollten zusehen, dass wir einen Teil unseres Kapitals im Ausland arbeiten lassen. Nicht nur wir freuen uns über einen Tapetenwechsel – unser Geld auch.


(Kommentar von Bodo Orlowski, CEFA)






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