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14.09.2022 Wohnungswirtschaft: Köln verbaut sich seine Zukunft

Nach rund sechs Monaten endete am 31. August die öffentliche Auslegungsfrist zur Neuaufstellung des Regionalplans Köln. Der Regionalplan legt grundsätzlich fest, welche Flächen im Regierungsbezirk Köln bis zum Jahr 2045 einer gewerblichen, industriellen oder wohnlichen Nutzung zugeführt werden könnten. Dabei geht es um das mögliche Potenzial, welches jedoch von den Kommunen nicht ausgeschöpft werden muss.

In einer gemeinsamen Stellungnahme an die Bezirksregierung haben der BFW Landesverband NRW, die Wohnungsbauinitiative Köln (WIK) und der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein deutlich gemacht, dass sie die Stadtentwicklung der Domstadt durch die de facto beschlossene und unzureichende Flächenausweisung gefährdet sehen. Der Rat der Stadt Köln hat in einem politischen Entscheidungsprozess eine Stellungnahme zum Regionalplan verabschiedet, die das Flächenkontingent der Bezirksregierung noch einmal massiv reduziert. Die Kölner Mehrheitsfraktionen Grüne und CDU hatten durchgesetzt, dass 19 Einzelflächen, die für Gewerbe, Industrie, Wohn-bebauung oder Handel vorgesehen waren, nun als Freiraum- oder Agrar-bereiche vorgehalten werden. Allein sechs davon sind im Stadtbezirk Lindenthal und vier im Bezirk Porz.

Der Flächenbedarf für die Stadt Köln wurde vom Land NRW ursprünglich mit ca. 3.800 Hektar beziffert, davon ca. 3.000 Hektar für den Wohnungsbau. Rund 240 Hektar Fläche wurden noch aus der in den Augen der Immobilien-wirtschaft nicht ausreichenden Planung herausgenommen. „Dabei stellen diese Zahlen bei weitem nicht die am Ende bebauten Flächen dar, da erst im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen über konkrete Bauvorhaben entschieden wird“, so die Vertreter der Immobilienwirtschaft.

Ziele in der Schaffung von Wohnraum deutlich verfehlt

Das Kölner Wohnbündnis, dem auch BFW, WIK und Kölner Haus- und Grundbesitzerverein im Jahr 2017 beigetreten sind, hat sich als Zielmarke die jährliche Bauleistung von 6.000 neuen Wohneinheiten gesetzt. Der Statistik des Amts für Stadtentwicklung und Statistik ist zu entnehmen, dass im Jahr 2021 nur ca. 2.500 Wohnungen fertiggestellt wurden. Im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019 lag diese Zahl bei ca. 3.300 Einheiten. Die vom Wohnbündnis gewünschte Zielmarke konnte somit in der Vergangenheit nicht einmal an-
nähernd erreicht werden.

WIK: „Ende der Vision von einer wachsenden Stadt“

Mit dem Blick auf eine wachsende Stadt hat die Wohnungswirtschaft im Wohn-bündnis zugesagt, 30% der zu schaffenden Wohnfläche als öffentlich geförderten Wohnraum zur Verfügung zu stellen sowie die erforderliche soziale Infrastruktur wie Kitas, Schulen, Spielplatz- und Grünflächen zu errichten. „Im Gegenzug hat sich die Stadt bereit erklärt, ausreichend Flächen mit Baurecht für den Wohnungsbau auszustatten“, so der stellvertretende WIK-Vorsitzende Stefan Rappen. Dies sei in den letzten Jahren leider nicht erfolgt. Umso mehr sei es nun Aufgabe der Stadt, im Rahmen der anstehenden Regionalplanung ausreichend Flächen für die Wohnbaulandentwicklung bereit zu stellen. Die nunmehr im Regionalplanentwurf ausgewiesenen Flächen sind nach Ansicht der WIK bei weitem nicht ausreichend, um den gestiegenen Anforderungen nach stadtnahen Wohnmöglichkeiten im Alter oder gar Wohnraum für Familien gerecht zu werden.

„Sollten Bezirksregierung und die Stadt Köln keine andere Lösung als die einer massiven Innenverdichtung finden, verabschiedet sich die Stadt von der Vision einer wachsenden Stadt“, ergänzt Stefan Rappen.

BFW: „Überholtes Bild der klimafeindlichen Flächenversiegelung durch Neubau“

„Verfehlte Neubauziele drängen vor allem Familien aus der Stadt. Der Verlust einer wichtigen, bildungsnahen Bevölkerungsgruppe führt zum Rückgang bei Steuereinnahmen und Kaufkraft und hat nicht zuletzt Auswirkungen auf die Durchmischung in Kitas, Schulen und anderen Begegnungsräumen einer Stadtgesellschaft“, weist BFW-Geschäftsführerin Elisabeth Gendziorra auf die mittelfristig eintretenden Folgen fehlenden Wohnraums hin. Landesweit vertritt der BFW NRW rund 300 Vertreter aus der mittelständischen Immobilien-wirtschaft. „Das Bild der klimafeindlichen Flächenversiegelung durch Neubau ist alt und überholt. Nachhaltige Stadtentwicklung ermöglicht die Aufwertung von Flächen zugunsten der Entstehung neuer ökologisch wertvoller Siedlungs-flächen für Wohnen und Arbeiten.“ In bestehenden Infrastrukturen werde am Ende auch weniger Fläche pro Kopf verbaut, weil mehr Höhe und Dichte möglich sei.

Kölner Haus- und Grundbesitzerverein: „Mittelschicht treibt es ins Umland“

Die Dimensionen des Wohnungsmangels gehen nach Ansicht von Thomas Tewes weit über den sozialen Aspekt der steigenden Mieten hinaus. Das zweite Mal in Folge verliert Köln – so Erhebung der Statistiker - im Wanderungssaldo des Jahres an Bevölkerung. Vor allem die Mittelschicht treibt es in das Umland und weit darüber hinaus, weil passende Wohnungen nicht zu finden sind. „Folge der Abwanderung sind u.a. Mangel an Arbeitskräften und massiv erhöhtes Pendleraufkommen“, so Thomas Tewes. Damit komme der mangeln-den Ausweisung von Bauland mittel- und langfristig auch eine bislang unterschätzte wirtschaftliche Komponente zu.

„Politik ist angehalten, neben den ökologischen auch den ökonomischen Auswirkungen ausreichend Gewicht beizumessen, sonst verspielt Köln auf lange Sicht seine Zukunft als prosperierende Stadt“, so die einhellige Meinung der Wirtschaftsvertreter. Die zu niedrige Bautätigkeit in Köln bewirke auch mehr Flächenversiegelung in den Außenbereichen. Die Branche tue alles, um dem Anspruch an effizienten, klima- und sozialfreundlichen Wohnungsbau gerecht zu werden. „Wir sind nicht das Problem, wir sind Teil der Lösung“, so die Vertreter der Bau- und Immobilienwirtschaft.

Was nun aus der Regionalplanung der nächsten Jahre wird, wird sich zeigen: „Die Bezirksregierung rechnet mit der Festsetzung des neuen Regionalplans bis Ende 2024/2025“, so Kenntnisstand von BFW-Geschäftsführerin Elisabeth Gendziorra.




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