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21.09.2022 Experten erwarten weitere Preiskorrekturen am Immobilienmarkt

Der Immobilienmarkt ist im Lauf des Jahres 2022 aus verschiedenen Gründen unter Druck geraten: Zu den Ursachen zählen der Anstieg von Zinsen und Baukosten, der Energiepreisschock und die schrumpfende Konjunktur. Dies führt zu ersten Bremsspuren am Markt. Experten sehen bereits leichte Preisrückgänge bei Wohn- und Gewerbeimmobilien. Sie bewegen sich nach Beobachtung von CR Investment Management und Trei Real Estate bei wenigen Kaufpreisfaktoren bzw. bei weniger als fünf Prozent des Angebotspreises und nach Auswertung von Colliers über alle Transaktionen bei im Durchschnitt 10 Prozent. Es gibt verschiedene Faktoren, die die Preise stützen – unter anderem die hohe Inflation und die starke Nachfrage nach Wohnimmobilien.

Insgesamt erwarten die Experten eine stärkere Ausdifferenzierung des Marktes. Als besonders wertstabil werden im Bürosegment wie auch bei Wohnimmobilien ESG-konforme Immobilien gesehen. Da die Dauer und die weitere Entwicklung der Krise kaum prognostizierbar sind, wird mit weiteren Preiskorrekturen in allen Top-7-Märkten und allen Nutzungsarten gerechnet. Im Jahr 2023 wird es zu einem Anstieg von NPLs kommen. Dies sind die Kernergebnisse der Online-Pressekonferenz „Trendwende am Immobilienmarkt: Wohin entwickeln sich die Preise im Wohn- und Bürosegment?“, an der heute Christian Kadel, Head of Capital Markets Germany bei Colliers, Pepijn Morshuis, CEO der Trei Real Estate, und Claudius Meyer, Geschäftsführer der CR Investment Management GmbH, teilnahmen.

Vervielfältiger bei Wohnimmobilien sinken bundesweit um ein bis vier Faktoren
Christian Kadel, Head of Capital Markets Germany bei Colliers, gibt zunächst einen Überblick über den Büromarkt. Kadel sieht seit dem ersten Quartal 2022 einen leichten Anstieg der Spitzenrenditen. „Diese sind von 2,7 auf 3,0 Prozent gestiegen. Trotz der großen Unsicherheit finden am Markt jedoch weiterhin Transaktionen statt, die vor allem auf eigenkapitalstarke Investoren entfallen.“ Herausforderungen kommen auf all jene Eigentümer zu, die an Gewerbemieter mit hohem Energiebedarf vermietet haben. „Hier wird derzeit viel gründlicher geprüft, ob der Mieter die Energiekosten tragen kann.“

Im Wohnsegment beobachtet Colliers, dass die Vervielfältiger bei Wohnimmobilien bundesweit um einen bis vier Faktoren sinken. „Analog beobachten wir steigende Renditen. Es gibt aber eine Reihe von Faktoren, die die Preise stützen und dagegenwirken: So ist die Nachfrage nach Wohnimmobilien ungebrochen hoch. Außerdem geht der Neubau zurück, wovon der Bestand profitiert. Auch der Zuzug in die Städte hält weiter an, was die Mieten für Bestandsimmobilien stützt.“

Mit Blick auf die kommenden zwölf Monate sagt Kadel: „Wir rechnen mit weiteren Preiskorrekturen in allen Top-7-Märkten und allen Nutzungsarten. Auch die Transaktionsvolumina sinken und werden weiter sinken. Ausnahmen sind Büroimmobilien mit Top-ESG-Standards. Noch unklar ist die weitere Auswirkung der hohen Inflation. Die Eigenschaft von Gewerbeimmobilien als Inflations-Hedge könnte als Nachfrage-Stimulus wirken.“

Eigenkapital-Deals nehmen zu, Preisabschläge sind kleiner als fünf Prozent
Pepijn Morshuis, CEO der Trei Real Estate, beobachtet am Markt bislang nur geringe Abschläge auf die Angebotspreise. „Die Abweichungen liegen bei unter fünf Prozent. Wir sehen deutlich gestiegene Eigenkapitalquoten bei Transaktionen. Bei drei großen Transaktionen mit einem Volumen von jeweils über 50 Mio. Euro haben wir beispielsweise jüngst zwei reine Eigenkapital- und einen 50-Prozent-Fremdkapital-Deal gesehen“, so Morshuis.

Morshuis betont außerdem, dass der Zins zwar eine wichtige, aber nicht die einzige Einflussgröße der Preisgestaltung ist. „Wichtig ist außerdem das Wirtschaftswachstum, die Verfügbarkeit von Kapital und der Realzins. Letzterer ist bekanntlich negativ bei einer Inflationsrate von aktuell 7,9 Prozent in Deutschland.“

Der Trei-Chef betont weiter: „Steigende Zinsen bedeuten nicht automatisch steigende Immobilienrenditen bzw. sinkende Preise. Die Korrelation von Zinsen und Immobilienrenditen ist nicht so eindeutig, wie oft behauptet. Dies zeigen zahlreiche Beispiele aus der Vergangenheit. So sind in Deutschland die Zinsen von zehnjährigen Staatsanleihen zwischen 2007 und 2010 um 2,0 Prozentpunkte gesunken. Im gleichen Zeitraum stiegen die Immobilienrenditen um 1,0 Prozentpunkte.“

Er erwartet zudem eine stärkere Ausdifferenzierung der Unterschiede zwischen den Assetklassen. „Wohnen und Logistik zähle ich eher zu den Gewinnern der aktuellen Entwicklung, Büros, Hotels und Handelsobjekte werden eher zu den Verlierern zählen“, so Morshuis.

Krise könnte zu Entspannung der Grundstücksmärkte in den Metropolen führen
Claudius Meyer, Geschäftsführer der CR Investment Management GmbH, bestätigt die Beobachtungen seiner Vorredner. „Wir sehen aktuell Preisabschläge bis zu fünf Prozent. Zudem sind die Fremdkapitalquoten im Vergleich zu 2021 um bis zu 10 Prozent gesunken.“ Auch Meyer erwartet eine stärkere Ausdifferenzierung des Immobilienmarktes. „Im Bürosegment geraten beispielsweise Backoffice-Standorte unter Druck. Im Gegenzug bleiben ESG-konforme Produkte wertstabiler als der Marktdurchschnitt.“

Meyer erwartet eine gewisse Entspannung an den Grundstücksmärkten in den Metropolen. „Ein Teil der Entwickler, die Grundstücke in den letzten Jahren teilweise sehr teuer erworben und finanziert haben, wird zum Verkauf gezwungen sein.“

In Krisenzeiten nehmen die Kreditausfälle zu. „Wir erwarten einen Anstieg der NPLs auf ein Volumen von rund 40 Mrd. Euro im Jahr 2023.“





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