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05.10.2022 Innenstadt: Wie gelingt der Mix aus Wohnen, Arbeiten und Leben?

V.l.: Marion Hoppen, Prof. Elisabeth Merk, Prof. Dr. Tobias Just, Iris Schöberl, Ariane Breuer. Foto Urheber: PVM Productions / Frauen in der Immobilienwirtschaft
Die strukturellen Veränderungen in den Innenstädten erfordern eine neue Nutzungsmischung. Dies gilt umso mehr nach dem Wegfall des stationären Handels als alleinigem Frequenzanker. Doch wie gelingt der neue Mix aus Wohnen, Arbeiten und Leben? Darüber diskutierten hochkarätige Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auf dem Panel der „Frauen in der Immobilienwirtschaft e.V.“ auf der EXPO REAL am 4. Oktober. Zwei zentrale Punkte wurden dabei deutlich: Für eine erfolgreiche Transformationen der Innenstädte bedarf es vor allem mehr Flexibilität und einer besseren Kooperation aller beteiligten Akteure.

Die Themenaspekte einer zukunftsfähigen Innenstadt, die die Panel-Teilnehmenden vor rund hundert Zuschauer:innen diskutierten, reichten von der Analyse eines optimalen Nutzungs- und Flächenmixes und den dafür notwendigen politischen Rahmenbedingungen bis hin zu städtebaulichen Vorbildern und der Mobilität in den Innenstädten der Zukunft.

Prof. Dr. Tobias Just, wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer des IREBS Immobilien Akademie, präsentierte den Zuschauer:innen eingangs die zentralen Aktionsfelder und Herausforderungen für resiliente Städte, die er im Auftrag des Urban Land Instituts (ULI) im Fachbuch „Die europäische Stadt nach Corona“ herausgearbeitet hatte. „Viele Städte haben in den kommenden Jahrzehnten eine gewaltige Transformationsaufgabe zu leisten, weil die Anforderungen an typische Leistungen der gebauten Umwelt im Wandel sind: Wohnen wird weiterhin wichtiger, kurze Wege werden wertvoller und dies betrifft weniger die Wege zu Arbeitsplätzen, sondern die Nähe zu urbanen Annehmlichkeiten”, so Just.

Dabei ging Just auch auf die Auswirkungen der aktuell wachsenden Herausforderungen ein, mit denen die Immobilienwirtschaft konfrontiert ist: „Dieser Umbau wird gerade jetzt erschwert, weil Kapital angesichts steigender Zinsen verknappt wird und weil sich die Zahlungsfähigkeit privater Haushalte aufgrund der hohen Preissteigerungen verschlechtert hat. Um dies zumindest zum Teil zu kompensieren, müssen Städte innovativer, flexibler und über die Grenzen kooperativer werden.“

„Bei der Neugestaltung unserer Innenstädte geht es darum, die Trennung von Einkaufen, Wohnen und Arbeiten aufzuheben”, führte Iris Schöberl, Managing Director des Münchener Fonds- und Asset-Managers CT Real Estate Partners GmbH, zum diskutierten Flächen- und Nutzungsmix aus. Die Vize-Präsidentin des ZIA und Mitgründerin der Immofrauen betonte: “Gute Konzepte, die beispielsweise eine Wohn- oder Büronutzung in den oberen Stockwerken mit Einzelhandel, Gastronomie und Kultur im Erdgeschoss verbinden, tragen so zu einer lebendigen Durchmischung bei. Aktuell bieten sich unter anderem durch die Reduzierung der Flächen vieler Filialisten und die spürbare Veränderung in den Besatz- und Mieterstrukturen neue Möglichkeiten, unsere Innenstädte zukunftsfähig zu machen und attraktiv zu erhalten.“

Neben der dafür notwendigen, stärkeren Flexibilität von insbesondere rechtlichen Rahmenbedingungen sei dafür auch eine engere Kooperation aller Nutzergruppen notwendig, sagte Ariane Breuer, Geschäftsführerin von “Clever Expandieren” und Immofrauen-Mitglied. Breuer hat im Jahr 2020 die digitale Plattform “Die Stadtretter” mitgegründet, in der inzwischen über 1.000 Kommunen und Unternehmen Wissen und best practices austauschen.

„Zur Transformation unserer Innenstädte bedarf es mehr als Positionspapiere und pauschale Forderungen an die Politik“, forderte Breuer. „Die echte Bereitschaft zur Vernetzung und Zusammenarbeit aller Stadtakteure entscheidet letztlich darüber, ob unsere Zentren eine lebendige Zukunft haben. Hierzu benötigen wir Mut, eine konstruktive Fehlerkultur und lokale sowie bundesweite Reallabore bzw. Experimentierräume. Auch unsere rechtlichen Rahmenbedingungen müssen sich den geforderten Innovationen anpassen – bisher läuft es in Deutschland leider noch andersrum. Das müssen wir schnell ändern.“

Als positives Beispiel verwies Breuer auf das Projekt “Stadtlabore für Deutschland – Leerstand und Ansiedlung”, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird und in dem sich darüber hinaus Iris Schöberl als Beirätin engagiert. Hier wird derzeit in 14 deutschen Modellstädten eine digitale Plattform für proaktives Ansiedlungsmanagement erarbeitet.

Wie die Stadt München die Transformation gestaltet und welche Rolle Innenstädte im übergeordneten Kontext einnehmen, skizzierte die Münchener Stadtbaurätin Prof. Elisabeth Merk. „Städte sind Orte globaler und lokaler Wertschöpfungsketten. Dies gilt es in der aktuellen Transformationsdynamik positiv zu nutzen – als Mehrwert des Urbanen, der allen zugutekommt“, so Merk. „Und dazu braucht es vor allem eins: Mut, um gängige Muster zu durchbrechen und innovative Ideen auszuprobieren“ – ein Appell, der große Einigkeit unter den Diskutanten hervorrief.





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