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07.10.2022 Wilmina in Berlin: Ex-Frauengefängnis ist Hotelimmobilie des Jahres

Hotel Wilmina in Berlin. Fotocredit: Wilmina
Die Auszeichnung „Hotelimmobilie des Jahres 2022“ geht dieses Jahr an das Hotel Wilmina in Berlin. Der Preis wurde gestern im Rahmen der 196+ hotelforum-Fachkonferenz verliehen. Dazu kommentiert Andreas Martin, Jury-Vorsitzender: „Der diesjährige Gewinner überzeugte die Jury durch mehrere Faktoren: Gelungen ist die Entstigmatisierung eines Immobilien-Ensembles aus leerstehendem Gerichtsgebäude und ehemaligem Frauengefängnis und damit die 180-Grad-Drehung der vorigen Nutzung in ein wohnliches, mit Liebe zum Detail ausgestattetes Hotel und Restaurant mit Ausstellungsfläche für Kunst. So wurde diesem, längere Zeit leer stehenden Areal eine neue Nutzung zugeführt und damit auch eine Aufwertung der Umgebung erzielt. Hotel und Restaurant empfangen internationale und Berlin-Gäste an einem neu geschaffen Rückzugsort, der durch die natürlich gewachsenen Gärten der ineinanderfließenden Innenhöfe geprägt ist und Ruhe ausstrahlt.“

Das Wilmina ist Teil eines denkmalgeschützten Justiz-Ensembles aus dem 19. Jahrhundert. In der Kantstraße blieb das ehemalige Frauengefängnis jahrzehntelang unzugänglich, verborgen im Inneren des Häuserblocks. Von der Straße aus ist nur das frühere Amtsgericht im Vorderhaus zu erkennen, das unter dem Namen Amtsalon als Kunst- und Kulturraum zu neuem Leben erwacht ist.

Den vier Bestandsebenen wurde ein neues Penthouse-Geschoss hinzugefügt. Im Zellentrakt wurden mehrere der ehemaligen Gefängniszellen verbunden und zu komfortablen Hotelzimmern umgebaut. Um einen Ausblick zu gewähren, wurden die kleinen Zellenfenster nach unten erweitert, während die Gitter im oberen Fensterteil erhalten blieben. Der ehemalige Schleusenhof wurde zum Restaurantsaal umgebaut und die vorgefundene urbane Wildnis im zentralen Gartenhof durch einen angelegten Staudengarten und begrünte Dachflächen ergänzt.

Das Konzept zielt auf nachhaltigen Materialgebrauch und folgt der übergeordneten Strategie, im gesamten Gebäude authentische Spuren der Vergangenheit zu erhalten, um Räume für die Gegenwart zu schaffen. Aus den ehemaligen Gefängniszellen entstanden 44 Gästezimmer: Das Spektrum reicht von Schlafkojen (11 Quadratmeter) bis hin zum Garden Loft (75 Quadratmeter), das sich im ehemaligen Versammlungsraum befindet. Alle Gästezimmer vereinen historische Authentizität mit modernem Komfort.

Aus den 36 Hotelbewerbungen aus sieben europäischen Ländern hatte die interdisziplinär besetzte 18-köpfige Jury zehn Nominierte aus sieben Ländern ausgewählt. Von diesen Nominierten wurden die folgenden drei Hotels ins Finale gewählt (in alphabetischer Reihenfolge):

25hours Hotel Piazza San Paolino (Italien, Florenz)
Hotel des Horlogers (Schweiz, Le Brassus)
Wilmina (Deutschland, Berlin)

Martin: „Die drei Finalisten sind interessanterweise alles keine Neuentwicklungen auf der sprichwörtlichen grünen Wiese. In Florenz wurde eine zentral gelegene und Fußballfeld große Fläche mit den benachbarten, teils sakralen Bauten behutsam verbunden. Der weniger im Fokus stehende Stadtteil von Florenz, hat damit eine neue Qualität erhalten. In der Schweiz wurde in einem Hochtal, nahe der französischen Grenze, ein unzeitgemäßes Hotel durch ein zeitgemäßes Hotel ersetzt und gleichzeitig neu und höherwertig positioniert. Dem Hochtal wurde damit auch wieder eine neue touristische Perspektive eröffnet. Und in Berlin-Charlottenburg ist es tatsächlich gelungen, einen lange negativ besetzten Ort mit klarer gestalterischer Handschrift wieder für Berliner und die Gäste der Stadt zu öffnen, ohne ihm die Ruhe der gewachsenen Gebäudestruktur und Innenhöfe zu nehmen.“

Das 25hours Piazza San Paolino Florenz im Stadtteil Santa Maria Novella schafft aufgrund seines Architekturkonzepts die Verbindung zwischen historischen Gebäudeteilen, deren Ursprünge bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen, und einem hochwertigen Neubau. Die Verschmelzung von gestern und heute wird durch das Interior-Design der Architektin Paola Navone pointiert. Es zitiert Dantes „Göttliche Komödie“ in einer ironischen und provokanten Interpretation. Die Gäste wandeln zwischen Tugenden und Lastern durch Dantes Welt, werden zu Protagonisten und nehmen dabei an der Geschichte und Kunst der Stadt teil. Denkmalgeschützte Bruchsteinmauern umarmen eine moderne Dachkonstruktion aus Glas und Stahl, die das Restaurant im Innenhof „beschirmt“.

Freigelegte Ziegelgewölbe kontrastieren mit der grün bepflanzten Fassade und kleinen Gärten mit Hängematten und Außenduschen. Trotz umfangreicher Eingriffe in die bauliche Struktur ist es durch behutsame und denkmalgerechte Restaurierung gelungen, das Flair des alten Stadtpalais zu erhalten. So ist ein Projekt entstanden, das durch die Neugestaltung der Piazza San Paolino zugleich einen bedeutenden, städtebaulichen Beitrag leistet.

Der Neubau des Schweizer Hotel des Horlogers im Vallée de Joux, der Wiege der Schweizer Uhrenkunst, wurde von der Bjarke Ingels Group in einer avantgardistischen Architektur entworfen. Das Gebäude folgt der Topographie des Tals durch die im Zickzack verlaufenden Wände, die zur Wiese hinabfallen. Das mit Minergie ECO® zertifizierte 4-Sterne-Superior-Hotel verfolgt einen ganzheitlich nachhaltigen Ansatz von der Gebäudeentwicklung bis zum täglichen Betrieb, um die Umweltbelastung zu reduzieren. Das Hotel soll ein Treffpunkt für lokale und internationale Liebhaber der Uhrmacherei, Architektur und Natur sein. Das Hotel verfügt über 50 Zimmer, darunter 12 Suiten, zwei Restaurants, eine Bar, einen Wellnessbereich und zwei Konferenzräume.

Die Inneneinrichtung von AU*M ist eine Hommage an die umliegende Landschaft. So verweisen die Wurzeln in der Lobby auf die Vegetation der Gegend. In der Bar stellen die felsenartigen Deckenleuchten entleerte Seen dar, die auf den Kopf gestellt wurden. Im Restaurant bilden große Steinblöcke eine Hommage an die lokalen Steinmauern. So wird eine Harmonie zwischen dem Hotel und der umgebenden Natur hergestellt.

Zudem wurden anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des 196+ hotelforums zwei Sonderpreise vergeben. Ein Special Award ging an Christoph Hoffmann und das 25hours Hotel Piazza San Paolino für eine gelungene Gesamtentwicklung des Hotels zusammen mit dem Entwickler Art Invest und den beteiligten Architekten zum Abschluss eines 25h-Entwicklungszyklus.

Das Hotel des Horlogers wurde ebenfalls mit einem Sonderpreis für eine besonders innovative Architektur sowie eine konsequent und glaubwürdig umgesetzte Nachhaltigkeitsstrategie (vom Einsatz von BIM und der Gebäudeleittechnik sowie der damit verbundenen Energieeffizienz, bis hin zur Vermeidung von Plastik und dem Verbrauch von lokalen Produkten) geehrt.

Angesprochen bei der Ausschreibung zur „Hotelimmobilie des Jahres“ waren sowohl Hotelentwickler als auch -eigentümer und -betreiber. Für den Preis haben sich zwischen Januar 2021 und Juli 2022 eröffnete Hotels beworben. Entscheidend bei der Jury-Auswahl war ein gelungenes Gesamtkonzept aus Architektur und Gestaltung, Einfügen in das Projektumfeld, Nachhaltigkeit und technische Innovationen, Originalität des Konzeptes sowie Wirtschaftlichkeit.

Finalisten „Hotelimmobilie des Jahres 2022“:

25hours Hotel Piazza San Paolino
Standort: Florenz, Italien

Eigentümer: Invesco
Betreiber: KNSA Hospitality / Ennismore (Accor Gruppe)
Projektentwickler: Art-Invest Real Estate
Architekt: Genius Loci Architettura
Innenarchitekt: Paola Navone, Studio Otto / Mailand
Betriebstyp / Kategorie: Stadthotel / keine Klassifikation
Bauzeit: 42 Monate
Zimmeranzahl: 171

Hotel des Horlogers

Standort: Le Brassus, Schweiz
Eigentümer: Manufacture d'Horlogerie Audemars Piguet SA
Betreiber: Eigentümer geführt, ohne Markenanbindung
Projektentwickler: CCHE, Lausanne
Architekt: BIG (Bjarke Ingels Group), New York
Innenarchitekt: AU*M, Lyon (Frankreich)
Betriebstyp / Kategorie: Boutique Hotel / 4-Sterne
Bauzeit: 48 Monate
Zimmeranzahl: 50

Wilmina

Standort: Berlin, Deutschland
Eigentümer: 2. Jeonie GmbH & Co. KG
Betreiber: Wilmina GmbH, Mitglied von Designhotels
Projektentwickler: 2. Jeonie GmbH & Co. KG
Architekt: Grüntuch Ernst Architekten
Innenarchitekt: Grüntuch Ernst Architekten
Betriebstyp / Kategorie: Stadthotel / Keine Klassifikation
Bauzeit: 100 Monate
Zimmeranzahl: 44








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