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07.10.2022 Viel Unsicherheit am Handelsimmobilienmarkt – Druck von allen Seiten

Am deutschen Handelsinvestmentmarkt wurden im 3. Quartal des Jahres Immobilien für rund 2,5 Mrd. Euro gehandelt. Das Ergebnis wird jedoch von der Milliardenübernahme des Einkaufszentrenbetreibers Deutsche EuroShop durch den Finanzinvestor Oaktree und der Vermögensverwaltung Cura getragen. Ohne diesen Sondereffekt würde das Transaktionsvolumen so niedrig ausfallen wie zuletzt im Jahr 2010. Doch aufgrund der Übernahme und einem starken Auftaktquartal belief sich das Transaktionsvolumen mit deutschen Handelsimmobilien in den ersten neun Monaten des Jahres auf rund 6,6 Mrd. Euro – im Vergleich zur Vorjahresperiode entspricht dieses Ergebnis einem Anstieg von 3 %.

Jörg Krechky, Head of Retail Investment Services Germany bei Savills, führt aus: „Der Finanzmarkt ist derzeit zu volatil, zu unberechenbar. Insbesondere die gestiegenen Fremdkapitalkosten und die generell erschwerte Finanzierbarkeit im Handelssegment bringt die Kalkulation einiger Investoren durcheinander. Allein das führt zu stärkerer Zurückhaltung der Marktteilnehmer. Hinzu kommen aber noch die Belastungsfaktoren im Handel: Lieferprobleme, gestiegene Personal- und Energiekosten, gedrückte Verbraucherstimmung, um nur ein paar Punkte zu nennen. Insofern birgt der Handelsimmobilienmarkt für Investoren im Moment zu viel Unsicherheiten und die Transaktionsaktivität ist nach wie vor gehemmt.“

Nutzermarkt präsentiert sich zweigeteilt

Daniel Kroppmanns, Head of Retail Agency Germany bei Savills, kommentiert die Lage an den Nutzermärkten wie folgt: „Der Druck im Handel kommt gerade von allen Seiten. So lässt beispielsweise die Preissensitivität der Verbraucher kaum Spielraum für Händler im Non-Food-Segment, die Preise im notwendigen Maße auf die Konsumenten umzulegen. Hier dürften die Preissteigerungen insgesamt unter der allgemeinen Inflationsrate bleiben. Sollten also Bestandshalter bei diesen Mietern einen Anstieg der Mieten auf Basis von Index-Klauseln in Betracht ziehen, könnte das die Händler zusätzlich unter Druck setzen. Und birgt insbesondere bei auslaufenden Mietverträgen die Gefahr von steigendem Leerstand. Aber das spiegelt nur eine Seite des aktuellen Geschehens wider. Auf der anderen Seite beobachten wir einige aktive Händler, die das Marktumfeld als Chance begreifen und nach wie vor expandieren. Denn antizyklisch und in einem ausgedünnten Wettbewerbsumfeld zu expandieren, bietet derzeit die Möglichkeit, gute Verträge in attraktiven Lagen abzuschließen.“

Volumenrückgang bei den Nahversorgern

Mit einem Anteil von 16 % am gesamten Gewerbetransaktionsvolumen reihen sich Handelsimmobilien hinter Büro- und Logistikobjekten auf dem dritten Platz ein und liegen damit unter dem 5-Jahres-Mittel von 18 %. Shopping-Center waren aufgrund der Deutschen EuroShop-Übernahme mit einem Volumen von knapp 2,0 Mrd. Euro das stärkste Segment (30 %) im bisherigen Jahresverlauf. Geschäftshäuser und Fachmarkzentren sind mit 1,52 Mrd. Euro (23 %) bzw. 1,46 Mrd. Euro (22 %) nahezu gleichauf. Dahinter rangieren Supermärkte und Discounter mit einem Volumenanteil von 15 % (983 Mio. Euro). Sonstige Einzelhandelsimmobilien, zu denen unter anderem Baumärkte oder Cash & Carry zählen, waren für 7 % des Volumens (480 Mio. Euro) verantwortlich. Auffällig ist der Volumenrückgang der Supermärkte und Discounter gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (Q1 – Q3 2021) um 52 %.

„Das rückläufige Investmentvolumen der Nahversorger kann aus unserer Perspektive nicht mit einem rückläufigen Investoreninteresse gleichgesetzt werden, sondern ist vielmehr der Produktknappheit am Markt geschuldet. Diese könnte anhalten, denn die Verkaufsbereitschaft der Eigentümer kann als gering eingestuft werden. Das liegt vor allem an der ertragreichen Mietkonstellation im Food-Retail. Und ist in Zeiten, in denen eine stabile Cash-Flow-Rendite aufgrund des wegfallenden Leverage-Effekts wieder mehr in den Fokus rückt, ein starkes Halte-Argument“, erläutert Krechky und ergänzt: „Aufgrund der gängigen Index-Mietverträge können Bestandshalter kurz- bis mittelfristig in dem Segment mit Mietsteigerungspotenzialen rechnen. Im Gegensatz zum Non-Food-Handel können Nahversorgungsmieter aufgrund ihrer Preissetzungsmacht die Mieterhöhungen allerdings besser an die Kunden weitergeben.“

Renditeanstieg über alle Handelssegmente hinweg

Die Phase der Preisanpassung setzte sich im vergangenen Quartal weiter fort und wurde vor allem aufgrund der hohen Volatilität erschwert. Doch trotz Schwankungen sind die Zinsen im 3. Quartal tendenziell weiter angestiegen. Daher geht Savills über alle Handelssegmente hinweg von einem Anstieg der Nettoanfangsrenditen aus. Neben der hohen Volatilität liegen die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern nach wie vor recht weit auseinander, sodass Savills wie im letzten Quartal Renditespannen ausweist. So liegt die Spitzenrendite für Supermärkte und Discounter derzeit bei 3,6 % - 4,0 % (Q2: 3,2 % - 3,5 %) und bei Fachmarktzentren bei 3,9 % - 4,3 % (Q2: 3,6 % - 3,9 %). Die Spitzenrendite für Shopping-Center stieg von zuvor 5,0 % auf nun 5,1 % - 5,5 % und bei Geschäftshäusern von vormals 3,2 % auf 3,2 % - 3,6 %. Rebecca Hummel, Senior Consultant Research Germany bei Savills, weist darauf hin, dass weitere Renditeanstiege wahrscheinlich sind: „Aufgrund der Unwägbarkeiten im Handel und der erhöhten sowie erschwerten Finanzierung könnte die Risikoprämie für Handelsimmobilien aktuell noch nicht ausreichend hoch sein, um das Transaktionsgeschehen deutlich zu beleben. Deswegen gehen wir perspektivisch von einem weiteren Anstieg der Renditen aus.“

Handelsimmobilien immer seltener Core-Objekte

Die Nachfrage nach Handelsimmobilien wird aus Perspektive der Investoren bis zum Jahresende und auch darüber hinaus an die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die Entwicklungen am Finanzmarkt geknüpft sein. Mit einer dynamischen Jahresendrally ist laut Savills allerdings nicht zu rechnen. Vielmehr sieht Krechky die Assetklasse gerade im großen Transformationsprozess: „Angesichts all der Verwerfungen und Unsicherheiten sind Handelsimmobilien für risikoscheue Investoren derzeit kein attraktives Investment und werden immer seltener als Core-Objekte eingestuft. Punktuell gibt es natürlich Ausnahmen.“ Krechky führt weiter aus: „Der Handelsimmobilienmarkt ist und bleibt vermutlich längerfristig ein schrumpfender Markt, vor allem im Non-Food-Segment. Das verkleinert das Investmentuniversum zusätzlich. Doch aus unserer Perspektive liegen gerade hier Chancen. So könnte die angespannte Marktlage die anstehende Flächenkonsolidierung im Handel abermals beschleunigen. Eigentümer, die langfristig einen attraktiven Handelsbesatz in ihren Objekten halten können, werden davon jedoch profitieren. Denn die Nachfrage nach den übriggebliebenen und offensichtlich funktionierenden Flächen erhöht sich und führt zeitgleich zur Stabilisierung der Mieten. Ein umfassendes Marktverständnis ist allerdings unabkömmlich, um solche Flächen ausfindig zu machen. Investoren, die über die derzeitige Krise hinausblicken, bietet sich mit entsprechender Expertise im aktuellen Umfeld die Gelegenheit attraktive Zukäufe zu tätigen.“






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