News RSS-Feed

07.10.2022 Griesheim zeigt, wie man schnell und äußerst kostengünstig Kitas baut

So soll die neue Kindertagesstätte „Südwest“ einmal aussehen. Visualisierung: Fichna Design
Die Stadt Griesheim hat erstmals die konkreten Planungen für ihre neue Kindertagesstätte „Südwest“ öffentlich präsentiert und die ungewöhnliche Realisierung des Projektes detailliert erläutert. Durch eine Veränderung der Bauweise bei gleichzeitigem Erhalt der Fördermittelzusage durch das Land wird der Bau schneller und vor allem wesentlich kostengünstiger errichtet, als das normalerweise passiert. Dieses Verfahren, das inzwischen als „Griesheimer Lösung“ weit über die Region hinaus Beachtung gefunden hat, wird in dieser Form erstmals in Hessen umgesetzt.

In einer Pressekonferenz im Bürgerhaus St. Stephan haben jetzt die Beteiligten die Entwicklung der „Griesheimer Lösung“, die Überwindung rechtlicher Hürden und die konkrete Bauplanung präsentiert. Bürgermeister Geza Krebs-Wetzel erinnerte dabei nochmal an den Ursprungsbeschluss der Stadtverordnetenversammlung zum Bau einer dringend benötigten neuen Kindertagesstätte. Die Baukosten waren damals mit rund acht Millionen Euro veranschlagt worden.

Aufgrund der Beispiele bereits realisierter Bauten wurde das serielle beziehungsweise modulare Bauen in Holzständer- beziehungsweise Holzrahmenbauweise ins Auge genommen, so Krebs-Wetzl. Dieses bietet durch die Vorfertigung qualitative Vorteile. Die Verwendung von Holz als Baustoff ist nicht nur nachhaltig sondern sorgt auch für ein gutes Raumklima. Dabei galt es aber auch die Vorteile des seriellen beziehungsweise modularen Bauens zum Tragen kommen zu lassen. Nach der bisherigen Sichtweise und Praxis bei öffentlichen Bauten haben die öffentlichen Auftraggeber an der getrennten Vergabe von Planung und Ausführung und losweisen Ausschreibung festgehalten, so der Bürgermeister. Dann können aber die Anbieter serieller Bauweise ihre Vorteile, dass die Elemente bereits fertig geplant sind und sie fertige Lösungen an der Hand haben, nicht ausspielen, sondern es treten im Gegenteil oft Schwierigkeiten auf, wenn die Individuelle Planung des öffentlichen Auftraggebers nicht mit den Maßen der Elemente des seriellen beziehungsweise modularen Herstellers korrespondiert. Um diesen Weg nun erstmals in Hessen gehen zu können wurde mit den Oberbehörden beziehungsweise Fördermittelstellen abgeklärt, dass die so genannte funktionale Leistungsvergabe förderfähig ist. Mit der funktionalen Leistungsvergabe gelingt es, die Stärken der genannten Hersteller abzurufen. Dies ist nach intensiven Gesprächen gelungen, so der Bürgermeister.

Die dann im Wegen der funktionalen Leistungsvergabe vorgenommene Vergabe war ein voller Erfolg. Bei Erfüllung aller hohen Standards wie insbesondere Passivhausniveau und einer mit der Kita-Fachleuten der Stadt abgestimmten Raumplanung konnten mit dem Anbieter, der den Zuschlag erhielt, die ursprünglich veranschlagten Kosten von 8 Millionen € radikal auf 4,9 Millionen €, also um 37,5 %, reduziert werden.
Vor der Realisierung gab es entsprechenden juristischen Klärungsbedarf, da eine Förderung durch das Land bei diesem Bauverfahren nicht vorgesehen war.

„Üblicherweise müssen Planung und Bauausführung getrennt ausgeschrieben und vergeben werden und auch die Bauausführung muss noch einmal in Einzellose unterteilt werden“, erläuterte auf der Pressekonferenz dazu Rechtsanwalt Harald Nickel aus Hanau und die Rechtsanwältin Sarina Schäffer-Teichert von der Frankfurter Kanzlei Heusen. Nickel hatte für die Stadt bereits den als „Griesheimer Weg“ bekannt gewordenen rechtlichen Rahmen für das Konversionsgebiet des ehemaligen August-Euler-Flughafens entwickelt. Dabei wird das Gebiet zwar durch einen privaten Investor, die Unternehmensgruppe Sahle Wohnen entwickelt, durch Bildung einer gemeinsamen Gesellschaft, der „Stadtentwicklungsgesellschaft Griesheim“, behält die Stadt jedoch ein volles Mitspracherecht bei der Entwicklung, der Gestaltung und der Vermarktung des neuen Wohngebietes.

Im Fall der Kindertagesstätte bestand das Problem darin, dass entgegen der bisherigen Förderpraxis des Landes eine Vergabe in Einzellosen nicht möglich war, da Planung und Ausführung des Projektes bei der seriellen Bauweise nun einmal in einer Hand lägen. Durch intensive Gespräche mit den entsprechenden Stellen des Landes und auch dank Hilfe aus dem Landtag sei es schließlich gelungen, so Nickel, die Behörden davon zu überzeugen, dass die gesetzlichen Bestimmungen auch die Förderung dieser ungewöhnlichen Bauweise ermöglichen.

Mit dem Unternehmen MBN GmbH aus Georgsmarienhütte habe man nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren den perfekt passenden Partner gefunden, so Bürgermeister Krebs-Wetzl. Das Kompliment konnte Carsten Völkerding, Niederlassungsleiter der MBN, direkt zurückgeben. „Die innovative Kraft und die Wünsche der Stadt passen hervorragend zu unserer Bauphilosophie“ so Völkerding auf der Pressekonferenz. Das Unternehmen MBN hat bereits zahlreiche Wohngebäude sowie gewerbliche und öffentliche Immobilien errichtet. Aus fabrikmäßig hergestellten Bauteilen können dabei individuell gestaltete Gebäude in kurzer Zeit errichtet werden.

Der Hauptbaustoff ist dabei das Naturmaterial Holz, das noch einen zusätzlichen positiven Effekt auf das Klima hat. Das im Holz enthaltende CO2 wird nicht, wie beim Verrotten, Verbrennen oder der Produktion von Biogas freigesetzt, sondern bleibt über Jahrzehnte im Holz gebunden. Auch ansonsten erfüllen die seriell erstellten Bauten alle Anforderung an modernes, energetisches und nachhaltiges Bauen, so Völkerding.

In Griesheim wird die neue Kindertagesstätte als zweigeschossiger Bau errichtet. Hier entstehen Gruppen und Schlafräume für 75 Kinder in drei Ü3-Gruppen und 48 Kinder in vier Krippengruppen. Hinzu kommen ein großer Mehrzweckraum, Küche, und Technikräume. Die Räume und das gesamte Gebäude entsprechen allen gesetzlichen Vorschriften an Kindertagesstätten, zum Beispiel bei der Energieeffizienz und bezüglich des Brandschutzes, so Völkerding.

Bürgermeister Geza Krebs-Wetzl ist jedenfalls hochzufrieden über die „Griesheimer Lösung“. Nach der kürzlich erfolgten Einweihung der Kindertagesstätte „Am Schwimmbad“ und der gestarteten Werbe-Initiative für pädagogische Fachkräfte sei die Kita Südwest ein weiterer Baustein auf dem Weg, Griesheim noch kinder- und familienfreundlicher zu machen. „Dass wir dies nun schneller und kostengünstiger hinbekommen als bisher und als andere Kommunen ist ein Erfolg, für den man allen Beteiligten nur dankbar sein kann, so der Bürgermeister abschließend.







Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!