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10.10.2022 Stranded Assets: Ältere Objekte in Gefahr ESG-Konformität zu verpassen

Die Anforderungen von Gesetzgebern, Investoren und Nutzern an die Nachhaltigkeit von Immobilien steigen stetig. Die Einhaltung von ESG-Kriterien, insbesondere im Hinblick auf Energieeffizienz und CO2-Einsparung, haben sich zu einem entscheidenden Kriterium für den langfristigen Wert einer Immobilie entwickelt. Doch ein Großteil der Gebäude in Deutschland ist älter als 20 Jahre: Wie groß ist die Gefahr von Wertverlusten? Wie lassen sich diese Immobilien entwickeln? Wie groß ist ihr Anteil in den Portfolios von Immobilien-Bestandshaltern? In einer Trendumfrage von den Beratern AUREPA Advisors AG sowie PwC Deutschland, durchgeführt von RUECKERCONSULT, wurden Immobilien-Asset-Manager um ihre Meinung gebeten.

Rund 65 Prozent der Befragten bewerten die Gefahr, dass der ältere Gebäudebestand in die Energie-Effizienzklasse F oder schlechter (Stranded Asset) abrutscht, als hoch. Denn dieser ist energetisch so ungenügend, dass sich Sanierungsmaßnahmen nicht mehr amortisieren. Nicht-ESG-konforme Immobilien sind zudem laut 38 Prozent der Befragten schon jetzt schwieriger zu finanzieren, die anderen 62 Prozent sehen aktuell noch keine Probleme, erwarten aber, dass sich dies künftig ändern wird.

Hannes Eckstein, Founding Partner der AURELIUS Immobiliengruppe und Vorstand der AUREPA, sagt: „Viele Objekte sind gefährdet, Stranded Assets zu werden, weil die passende Asset-Management-Strategie fehlt. Ein Großteil des älteren Gebäudebestandes – gleich welcher Assetklasse – kann zu einer energieeffizienten Immobilie entwickelt werden. Dabei muss jedes Objekt individuell betrachtet und abgewogen werden, welche Sanierungsmaßnahmen zur langfristigen Wertschöpfung beitragen.“

Thorsten Schnieders, Partner PwC Deutschland, ergänzt: „Die Notwendigkeit ESG-Kriterien umzusetzen ist in der Branche angekommen. Die Möglichkeiten zur Umsetzung von ESG-Anforderungen insbesondere im Zusammenhang mit Bestandsoptimierungen sind vielfältig und nicht standardisiert. Fakt ist, dass die Nachhaltigkeit eines Gebäudes sowohl die Vermietungs- als auch Finanzierungsfähigkeit und damit das Gesamtpotential eines Gebäudes beeinflussen. Deshalb nimmt der Handlungsdruck deutlich zu – denn auch die Reportinganforderungen müssen schon bald im täglichen Immobilienmanagement integriert sein."

Der größte Druck, Immobilien ESG-konform zu entwickeln und sie nicht „stranden“ zu lassen, kommt laut 57 Prozent der Umfrageteilnehmer von regulatorischen Anforderungen. 36 Prozent der Befragten vernehmen diesen vor allem aus dem eigenen Unternehmen, nur 7 Prozent von Investorenseite.

Nicht-ESG-konforme Immobilien wesentlicher Bestandteil von Portfolios

Bei rund 29 Prozent der befragten Asset Manager machen nicht-ESG-konforme Immobilien 50 bis 75 Prozent ihres Immobilienbestandes aus, bei weiteren 36 Prozent sind es zwischen 25 und 50 Prozent. Nur bei rund 36 Prozent der Umfrageteilnehmer besteht das Portfolio zu maximal einem Viertel aus Immobilien, die als Stranded Asset eingestuft werden können.

Die Strategien, mit diesen Immobilien umzugehen, sind verschieden. 46 Prozent der Befragten werden sie im Bestand entwickeln, 25 Prozent wollen verkaufen und rund 16 Prozent planen, sie zu halten, bis sie ihre wirtschaftliche Nutzungsdauer erreicht haben. Weitere rund 13 Prozent sehen im Abriss und der Neuentwicklung eine Lösung.
Jan Rehbock, Founding Partner der AURELIUS Immobiliengruppe und Vorstand der AUREPA, führt aus: „Um Immobilien langfristig im Bestand zu halten, sind individuelle Manage-to-ESG-Strategien sowohl auf Einzelobjekt- als auch auf Portfolioebene unerlässlich. So können auch verschiedene Energieeffizienzklassen und der damit verbundene CO2-Wert ausgeglichen werden. Nicht jede Immobilie, wie beispielsweise historische Klinkerbauten, lassen sich durch Dämmung und den Austausch der Heizungsanlage zu einer ESG-idealen Immobilie entwickeln. Der komplette Abriss sollte aber immer nur die absolute Ausnahme sein.“

Auch Mieter müssen in die Pflicht genommen werden

Zur Verhinderung der Entwicklung von Stranded Assets aller Immobiliensektoren werden verschiedene Maßnahmen umgesetzt. Jeweils rund 17 Prozent der Stimmen entfielen auf den Austausch von Heizungs- und Klimaanlagen, die Installation von PV-Anlagen auf Dächern und die Nutzung von „grünem“ Strom. Weitere 12 Prozent nannten die Nutzung sonstiger erneuerbarer Energien, die Dachsanierung und -dämmung sowie die Fassaden- und Fenstererneuerung als erforderliche Maßnahmen, um Immobilien ESG-konform zu entwickeln.

Schnieders führt aus: „Nicht nur generelle Asset-Management-Maßnahmen sind von essentieller Bedeutung, um Wertschöpfungspotenziale zu heben. Um Energie einzusparen, müssen auch die Nutzer mit in die Pflicht genommen werden. Green Leases sind ein probates Mittel, das leider noch zu wenig genutzt wird. Denn für die Umsetzung von beispielsweise Energieeffizienz-Maßnahmen oder Mülltrennung müssen auch die Mieter ihren Beitrag leisten.“

So gaben rund 43 Prozent der Befragten an, noch mit keinem Mieter Green Leases abgeschlossen zu haben, weitere 50 Prozent haben diese mit einem Viertel umgesetzt und 7 Prozent mit bis zu der Hälfte ihrer Nutzer.

Mehr als die Hälfte geht von steigenden Preisen durch ESG aus

Generell ergibt die Frage nach den Auswirkungen der ESG-Anforderungen auf die Immobilienpreise ein gemischtes Bild: 57 Prozent der Bestandshalter gehen von einer Steigerung aus, 29 Prozent rechnen mit gleichbleibenden Preisen und 14 Prozent rechnen mit sinkenden Werten.

Rehbock erläutert: „Die Investition in ESG-Maßnahmen ist auch eine Investition in den langfristigen Immobilienwert und die Verlängerung der Nutzungsdauer. Denn wenn die Objekte weniger Energie verbrauchen, instand gesetzt sind und für den Nutzer und den Investor attraktiv bleiben, werden auch die Preise für diese Immobilien steigen.“

Schnieders ergänzt: „Auch sinkende Preise aufgrund der ESG-Anforderungen sind nachvollziehbar. Denn wenn die Investitionen, die zum Erreichen einer Energieeffizienzklasse von mindestens E umfangreich sind, wird der aktuelle Wert des Objektes entsprechend niedriger angesetzt. Gleichzeitig ergeben sich Wertschöpfungspotenziale und Investmentchancen, die genauer betrachtet werden sollten.“

Abschließend wurden die Immobilienmanager nach der Bedeutung von Nachhaltigkeitszertifikaten befragt. Die Meinung hierzu ist geteilt: Jeweils 50 Prozent sehen in solchen Zertifikaten einen Gradmesser für ESG-Konformität, 50 Prozent verneinen dies hingegen.

Rehbock resümiert: „Die Umfrage zeigt uns deutlich: Viele Immobilien laufen Gefahr zu stranden. Dies ist aber mit soliden Konzepten in den meisten Fällen abwendbar. Bewiesen haben wir dies mehrfach für gemischt genutzte Immobilien wie das Zweiundzwanzig in Wolfsburg und oder das RUBIQ in München. Klar ist: Es gibt keine Patentlösung. Jede Immobilie ist individuell und muss auch so entwickelt werden.“

Schnieders ergänzt: „Viele Bestandshalter zeigen sich noch unsicher, ob, wann und wie sie ihr Portfolio analysieren und im Hinblick auf ESG-Kriterien entwickeln oder Objekte besser veräußern sollten. Als Berater unterstützen wir diesen Prozess, schaffen Entscheidungsgrundlagen und ermöglichen klare Handlungsempfehlungen.“

Die anonyme Online-Umfrage wurde von RUECKERCONSULT im Auftrag von AUREPA und PwC Deutschland im August und September 2022 unter Asset Manager mit einem verwalteten Immobilienvermögen von zusammengenommen mehr als 100 Milliarden Euro durchgeführt.






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