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12.10.2022 Frankfurt und Toronto mit höchstem Blasenrisiko – München überhitzt

Der weltweite Boom bei Wohnimmobilien geht zu Ende. Zugleich weisen der Frankfurter und der Münchner Wohnungsmarkt laut dem aktuellen UBS Global Real Estate Bubble Index die höchsten Blasenrisiken innerhalb der Eurozone auf. Im internationalen Vergleich zeigt Frankfurt nach Toronto sogar das höchste Risikoniveau aller Wohnungsmärkte weltweit. Insgesamt besteht für vier der untersuchten europäischen Großstädte ein akutes Blasenrisiko. Für das jährliche Ranking betrachtet das Chief Investment Office von UBS Global Wealth Management die Preisentwicklung von Wohneigentum in 25 Metropolen weltweit.

Toronto und Frankfurt führen das diesjährige Ranking an. Deutliche Anzeichen einer Preisblase bestehen zudem in Zürich, München, Hong Kong, Vancouver und Amsterdam. Tokio kehrt in den Risikobereich zurück, während der Wohnungsmarkt in Tel Aviv sich erstmals dorthin entwickelt hat. Das inflationsbereinigte Preiswachstum bei Wohneigentum stieg in allen untersuchten Städten von Mitte 2021 bis Mitte 2022 auf durchschnittlich fast 10 Prozent – die höchste jährliche Wachstumsrate seit 2007. Im vergangenen Jahr lag dieser Wert noch bei 6 Prozent. Die steigenden Zinssätze stehen jedoch nicht im Einklang mit den Preisen. Der globale Boom auf den Wohnungsmärkten neigt sich laut diesjährigem Index seinem Ende zu.

Fokus Frankfurt: In der Mainmetropole sind die zuletzt üblichen zweistelligen Preissteigerungen erstmals seit 10 Jahren zurückgegangen. Zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 stiegen die Immobilienpreise nur noch um rund 5 Prozentpunkte. Die Wohnungspreise in Frankfurt liegen dennoch mehr als 60 Prozent über dem Niveau von vor 5 Jahren. In diesem Zeitraum war die Investitionsnachfrage stark und Preise stiegen deutlich schneller als Einkommen und Mieten. Heute weist Frankfurt einen historisch niedrigen Leerstand und gesteigerte Neubautätigkeiten auf, trotz stagnierendem Bevölkerungswachstum seit Beginn der Pandemie. Die Tendenz zu kleineren Haushaltsgrößen verschärft die Wohnungsknappheit und kann voraussichtlich nur durch weitere Neubauprojekte abgeschwächt werden. Investitionen in Mietobjekte gelten zugleich zunehmend als unattraktiv, was die Nachfrage nach zum Verkauf stehenden Immobilien verringert. Auch steigende Finanzierungskosten und schwache wirtschaftliche Wachstumsaussichten für 2023 dürften die Hochstimmung am Markt bald beenden.

Fokus München: Die Stadt an der Isar nimmt weiterhin Platz 4 im weltweiten Ranking ein. Der Wohnungsmarkt ist stark überhitzt und weist das höchste Preis-Miet-Verhältnis aus. Es ist dort im Verhältnis zum Mieten also besonders teuer, eine Immobilie zu kaufen. Nachdem sich die Immobilienpreise im vergangenen Jahrzehnt mehr als verdoppelt haben, kühlt das Wachstum auch hier nun auf rund 5 Prozent ab. Der Wohnungsmarkt ist durch eine niedrige Leerstandsquote und eine zugleich wachsende Anzahl von Erwerbstätigen geprägt. Die gedämpften Konjunkturaussichten in Deutschland könnten die Wohnungsnachfrage nun belasten. Höhere Hypothekenzinsen haben die Erschwinglichkeit bereits verschlechtert: Ein hochqualifizierter Arbeitnehmer aus dem Dienstleistungssektor kann sich in München im Durchschnitt eine Wohnung mit einem Zimmer weniger leisten als noch vor der Pandemie.

Maximilian Kunkel, Chefanlagestratege für UBS in Deutschland: «Sowohl in Frankfurt wie auch in München hat die Preisentwicklung von Wohneigentum deutlich an Dynamik verloren. Der Boom geht zu Ende. Das Risiko einer Immobilienblase ist in beiden Städten weiterhin so hoch wie in kaum einer anderen Metropole auf der Welt. Gerade Investoren, die aus Renditeüberlegungen Käufe in diesen Regionen Deutschlands erwägen, sollten derzeit Vorsicht walten lassen.»

Auch alle untersuchten US-Städte befinden sich in diesem Jahr im überwerteten Bereich, mit stark ausgeprägtem Ungleichgewicht in Miami und Los Angeles, vor San Francisco, Boston und New York. Die Wohnungsmärkte in Stockholm, Paris und Sidney bleiben trotz leichter Abkühlung ebenfalls überhitzt. Anzeichen einer Überbewertung gibt es zudem in Genf, London, Madrid und Singapur. São Paulo – ein Neuzugang im diesjährigen Index – ist ebenso wie Mailand und Warschau fair bewertet. Trotz eines Auflebens der Nachfrage liegt der Wohnungsmarkt in Dubai ebenfalls im fair bewerteten Bereich.

Der Immobilienboom neigt sich dem Ende zu

Ungeachtet der Zins- und Wirtschaftsentwicklungen ziehen die Preise weiter an: Von Mitte 2021 bis Mitte 2022 sind die Immobilienpreise in allen betrachteten Städten gestiegen – ausgenommen Paris, Hongkong und Stockholm. Auch ausstehende Hypotheken nehmen zu und die Verschuldung der Haushalte steigt das zweite Jahr in Folge deutlich schneller als im langfristigen Durchschnitt. Dennoch sind die Indexwerte gegenüber dem Vorjahr im Schnitt nicht weiter gestiegen. Stark wachsende Einkommen und Mieten haben zunehmende Ungleichgewichte verhindert. Zudem sind die Preise für Wohnimmobilien in nicht städtischen Gebieten ein zweites Jahr in Folge schneller gestiegen als in den Städten. Das inflationsbereinigte Preiswachstum hat sich infolge der gestiegenen Teuerung erheblich verlangsamt. Dennoch: Die aktuellen Bewertungen bleiben überhöht.

Bedingt durch tiefe Zinssätze haben sich die Eigenheimpreise in den vergangenen 10 Jahren stetig von den lokalen Einkommen und Mieten abgekoppelt. Die Städte mit dem höchsten Blasenrisiko haben in diesem Zeitraum inflationsbereinigte Preisanstiege von durchschnittlich 60 Prozent verzeichnet, während die realen Einkommen und Mieten nur um etwa 12 Prozent gestiegen sind.

Die Hypothekarzinsen haben sich in allen analysierten Städten gegenüber ihrem Tiefststand Mitte 2021 im Durchschnitt bis Mitte 2022 nahezu verdoppelt. Kombiniert mit den deutlich gestiegenen Immobilienpreisen können sich hoch qualifizierte Arbeitskräfte im Dienstleistungsbereich nun durchschnittlich ein Drittel weniger Wohnfläche leisten als noch unmittelbar vor der Pandemie. Zugleich schmälern Inflation und Vermögensverluste aufgrund der aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten die Kaufkraft der Haushalte, was die Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum reduziert und die Wohnimmobilie als Anlage zunehmend unattraktiver macht. Kreditkosten übersteigen in vielen Städten die erzielbaren Erträge.

Damit ist der weiterhin robuste Arbeitsmarkt in vielen Städten zur letzten verbliebenen Stütze des Eigenheimmarktes geworden. Bei einer Verschlechterung der Wirtschaftslage könnte jedoch auch diese wegfallen. Die Situation bringt ein weltweites Stocken des Immobilienbooms mit sich und legt nahe, dass in vielen der sehr hoch bewerteten Städte in den nächsten Quartalen mit erheblichen Preiskorrekturen zu rechnen ist.

Regionale Ergebnisse

Europa

Mit Frankfurt, München, Zürich und Amsterdam besteht in vier europäischen Großstädten ein akutes Blasenrisiko. Die Städte weisen starke Ungleichgewichte auf, die sich unter anderem in sich abkoppelnden Preisen von Mieten und Einkommen sowie steigender Hypothekenzinsen zeigen. Madrid schließt in den überbewerteten Bereich auf und verzeichnet einen schnellen Preisanstieg, obwohl sich eine hoch qualifizierte Arbeitskraft dort noch immer den meisten Wohnraum unter allen in der Studie analysierten Märkten des Euroraums leisten kann. Paris bleibt der Euroraummarkt mit der schlechtesten Bezahlbarkeit, stellt mit sinkenden Immobilienpreisen allerdings einen Ausreißer unter den untersuchten Märkten des Euroraums dar und verlässt die Blasenrisikozone. Auch Stockholm verzeichnet einen Preisrückgang und wechselt in den überbewerteten Bereich. In Folge restriktiver Geldpolitik sanken die Preise um mehr als 10 Prozent im zweiten Quartal. London liegt ebenfalls im überbewerteten Bereich, verzeichnet aber einen Preisanstieg um 6 Prozent im Vorjahresvergleich, gestützt durch eine strukturelle Wohnraumknappheit und steigende Nachfrage. Dennoch dämpfen höhere Hypothekarzinsen, das Ende der Befreiung von der Stempelsteuer sowie unsichere Konjunkturaussichten den Preisausblick.

Warschau zog mit einem der stärksten Arbeitsmärkte in Osteuropa lange neue Einwohner sowie Immobilien-Investoren an. Der Markt ist noch immer fair bewertet, doch Wohnraum ist aufgrund hoher Preise und rasch steigender Hypothekenzinsen zuletzt unbezahlbar geworden. Auch Mailand gilt als fair bewertet und profitiert von der wirtschaftlichen Erholung nach Ende der Pandemie, niedrigeren Zinssätzen und steuerlichen Renovierungsanreizen, die das Preiswachstum nach einem Jahrzehnt stagnierender Preise stützen.

Naher Osten

Die Immobilienpreise in Tel Aviv haben sich zwischen 2001 und 2017 in etwa verdreifacht, während das Mietwachstum nahezu Schritt hielt. Nach einer kurzen Korrekturphase 2018 setzte sich das Preiswachstum weiter fort und wies allein zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 einen Preisanstieg von 18 Prozent auf. Auch das ausstehende Kreditvolumen nahm um 18 Prozent zu, der stärkste Anstieg in 25 Jahren. Folglich befindet sich der Markt nun erstmals im Blasenrisikobereich. Dubais Wohnungsmarkt durchlief in den vergangenen beiden Jahrzehnten ein ständiges Auf und Ab, da die Nachfrage nach Eigenheimen stark von der Entwicklung der Ölpreise abhing. Im vergangenen Jahr haben steigende Ölpreise und mehr Einwanderung den Markt belebt. Die Immobilienpreise nahmen von Mitte 2021 bis Mitte 2022 um 10 Prozent zu und die Mieten übertrafen in dieser Zeit das Wachstum der Eigenheimpreise. Somit ist der Markt heute fair bewertet.

APAC

Die Immobilienpreise in Tokio sind mehr als zwei Jahrzehnte lang nahezu ununterbrochen gestiegen, begünstigt durch attraktive Finanzierungsbedingungen und Bevölkerungswachstum. Die Ungleichgewichte haben nun die Schwelle zum Blasenrisiko erreicht, da Wohnraum immer weniger bezahlbar ist. Zugleich sind Zeichen einer Abschwächung zu beobachten und das Preiswachstum hat sich im Jahresvergleich auf 5 Prozent halbiert, womit es erstmals seit 10 Jahren unter dem landesweiten Durchschnitt liegt. In Sydney sind die Preise in den Jahren 2020 und 2021 um insgesamt 30 Prozent in die Höhe geschnellt, bevor die Verschärfung der Kreditvergabestandards im vergangenen Jahr sowie aggressive Zinserhöhungen in diesem Jahr die Bezahlbarkeit stark minderten. In der Folge sind die Preise im zweiten Quartal 2022 bereits um mehr als 5 Prozent zurückgegangen. Der Markt bleibt aber stark überbewertet. Hongkong verzeichnete zwischen Mitte 2021 und Mitte 2022 eine Korrektur der Eigenheimpreise um rund 4 Prozent – die schwächste Wachstumsrate aller untersuchten Städte. Trotzdem kommt der Markt nicht aus der Blasenrisikozone heraus. Singapur verzeichnet zwischen Mitte 2021 bis Mitte 2022 steigende Immobilienpreise um 11 Prozent und verfügt weiterhin über ein starkes internationales Ansehen als Wirtschaftszentrum.

Nord- und Südamerika

Die analysierten US-Städte haben seit Beginn der Pandemie ein deutlich stärkeres Preiswachstum erlebt als in den vorangegangenen Jahren. Miami profitiert von einer starken Zuwanderung und großem Interesse ausländischer Investoren und verzeichnet die stärksten jährlichen Wachstumsraten bei Eigenheimpreisen und Mieten. Auch in San Francisco zeichnen sich starke Preisanstiege ab. Angesichts einer schwächeren Beschäftigungssituation in der Tech-Branche und voraussichtlich fortgesetzter Fern- und Hybrid-Arbeitsmodelle gelten die Aussichten für Immobilienpreise der Stadt aber als eher düster. Die in Los Angeles bestehenden großen Ungleichgewichte haben im vergangenen Jahr weiter zugenommen, womit die Bezahlbarkeit einen nahezu historischen Tiefstand erreicht. Boston zeigt dank einer starken und vielseitigen Wirtschaft das höchste Einkommenswachstum über alle betrachteten Städte. Die Ungleichgewichte sind im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert. New York weist hingegen das geringste Preiswachstum aller analysierten US-Städte auf. Die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt bleibt hinter preiswerteren und in Bezug auf Steuern, Geschäftsklima und Vorschriften günstigeren Städten und Bundesstaaten zurück. Die Immobilienpreise in Vancouver und Toronto haben sich in den vergangenen 25 Jahren mehr als verdreifacht. Der Index gibt schon seit einigen Jahren Warnsignale. Der Preisanstieg von weiteren 35 Prozent seit der Pandemie ist nicht nachhaltig. Die jüngsten Zinserhöhungen durch die Bank of Canada dürften demnach das Fass zum Überlaufen bringen. Eine Preiskorrektur ist bereits im Gange.

Nach einer langen Phase der Stagnation hat das Preiswachstum in São Paulo leicht angezogen, der Markt bleibt jedoch weiterhin angemessen bewertet. Trotz des kürzlich starken Anstiegs der Zinssätze bleibt die Nachfrage nach neuen Hypotheken robust. Da sich der geldpolitische Straffungszyklus seinem Ende nähert und die Konjunkturaussichten solide bleiben, könnte weiteres Aufwärtspotenzial für den Immobilienmarkt bestehen.







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