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24.10.2022 Photovoltaik vs. Landwirtschaft: Feindschaft oder doch beste Freunde?

Warum sich Photovoltaik und Landwirtschaft bei der Flächennutzung oft in Konkurrenz gegenüberstehen und wie sich diese Rivalität lösen lässt, erklärt Oliver Wortmann, Geschäftsführer innerhalb der Unternehmensgruppe Privates Institut:
„Solarenergie ist eine entscheidende Säule der zukünftigen sicheren und grünen Energiepolitik. Deutschlands Ziel, bis 2030 ganze 215 Gigawatt[2] an Leistung installiert zu haben, führt im Zuge der internationalen Klimaverpflichtungen natürlich dazu, dass die Regierung versucht, die Geschwindigkeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien stark zu beschleunigen. Neben Dachanlagen stehen hier vor allem Freiflächenanlagen im Zentrum der Bewegung. Dieser Ausbau sorgt jedoch auch für Differenzen bei der Flächennutzung im Einzelnen. Vor allem die Landwirtschaft sieht sich oft als Opfer der aktuellen Situation und kämpft um jedes mögliche Fleckchen Erde. Die Lebensmittelwirtschaft befürchtet beispielsweise die Versiegelung von fruchtbaren Äckern und negative Auswirkungen der Anlagen auf die umliegende Umwelt. Dabei stehen moderne Photovoltaik-Anlagen in Wirklichkeit im Zeichen des Umwelt- und Naturschutzes.

Große Ausbaupläne

Gaskrise, Klimawandel und Lieferschwierigkeiten führen zu immer mehr Sorge in der deutschen Bevölkerung. Die Bundesregierung steht hier vor einer Mammutaufgabe, um das Land unabhängiger von fossiler Energie zu machen und gleichzeitig die heimische Wirtschaft und im Besonderen die Landwirtschaft zu stärken. So will Deutschland die Versorgung in der Krise sichern. Beide Vorhaben benötigen jedoch einiges an Nutzungsfläche und stehen somit auf den ersten Blick oft in Konkurrenz. Gerade der von vielen geforderte und vom Staat geförderte Ökolandbau benötigt aufgrund der meist geringeren Erträge im Vergleich zu konventioneller Landwirtschaft ein Vielfaches an Platz. Dadurch kommt es bei der raren Fläche in Deutschland zu wiederkehrenden Konflikten. Dabei finden sich Solarprojekte aktuell vor allem auf brachliegenden und landwirtschaftlich nicht nutzbaren Geländen. Besonders mit Schadstoff belastete Flächen, wie beispielsweise ehemalige Bergbaugebiete, eignen sich sehr gut für die Photovoltaik und erhalten sogar die Chance, sich wieder zu regenerieren.

Für alle Seiten ein Gewinn

Viele Bauvorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien liegen zudem weit hinter dem Zeitplan oder kommen erst gar nicht in die entscheidende Phase, auch weil die lokale Bevölkerung im Zuge der Errichtung Nachteile für sich oder die regionale Umwelt zu erkennen glaubt. Aufgrund dieser gerade im Süden noch spärlich vorhandenen Akzeptanz von PV-Anlagen bietet es sich für Projektentwickler und Anlagenerrichter in jedem Fall an, Gemeinden frühestmöglich für das neue Projekt zu gewinnen. Hierbei sollten Verantwortliche über bestehende Vorurteile aufklären und beispielsweise Betroffene über die finanziellen und biologischen Vorteile einer solchen Anlage für Ortschaften informieren. Als entscheidender Faktor für die Lokalpolitik erweist sich unter anderem die Gewerbesteuer, die ein solcher Solarpark in der näheren Umgebung in die kommunalen Kassen spielt. Mit diesen zusätzlichen finanziellen Mitteln im Gemeindehaushalt lässt sich eine Vielzahl von notwendigen Investitionen, wie beispielsweise für Infrastruktur, Schulen oder auch Kindergärten tätigen.

Zukunftssicherung durch mehrere Standbeine

Gerade Landwirtinnen und Landwirte müssen sich in Zeiten des Klimawandels immer breiter aufstellen, um überhaupt rentabel wirtschaften zu können. Neben den hohen Preisen für Dünger beziehungsweise Energie muss die Agrarwirtschaft sich auch mit Wetterkapriolen auseinandersetzen. Hier lohnt es sich besonders im Zuge des Klimawandels, nicht mehr nur auf ein Standbein zu setzen. Viele dieser Landbesitzerinnen und Landbesitzer überlegen deshalb, ob sie die hauptberufliche Arbeit auf dem Traktor einschränken und nebenbei einen Teil ihrer Felder lieber der Energiewende zur Verfügung stellen. Die Photovoltaik bietet dabei eine stetige und damit langfristig planbare Einnahmequelle, die viele Betriebe auch über schlechte Erntejahre bringen kann.

Vorteil für die biologische Vielfalt

Die Ansiedlung von Solaranlagen kann sich zudem positiv auf die biologische Vielfalt der umliegenden Landschaften auswirken. Anstelle einer vollkommenen Versiegelung der bestehenden Fläche schafft eine gute Planung beim Bau der neuen Anlage mehr Biodiversität und hilft zudem bei der Erhaltung von einzelnen Tierarten. Durch eine fundamentlose und platzsparende Befestigung bewahren Verantwortliche auf diesen Geländen oft bestehende Habitatstrukturen und ermöglichen die Entstehung neuer Rückzugsorte. Zudem begünstigen die nicht überdüngten und somit eher nährstoffarmen Böden die Ansiedlung von seltenen Arten. Während Industrie oder Landwirtschaft Lebensraum meist eher einschränken oder ihn sogar manchmal unbeabsichtigt zerstören, erlauben gerade Freiflächenanlagen Maßnahmen zur Förderung der Tier- und Pflanzenpopulationen. Hier kann die PV-Industrie einen echten Beitrag für die Umwelt leisten.

Friedliche Koexistenz

Statt sich um freie Flächen zu streiten, können Photovoltaik und Landwirtschaft auch zusammenarbeiten und sie im Zuge der Agri-Photovoltaik gemeinschaftlich nutzen. Dabei gehen die verantwortlichen Unternehmen auf Grundlage der örtlichen Gegebenheiten individuell auf die Wünsche von Kommunen und Flächeneigentümern ein. Mit einer hohen Flächeneffizienz schonen solche Anlagen somit den Ressourcen- und Flächenverbrauch auf deutschen Feldern. Das Konzept, das zum ersten Mal Ende des letzten Jahrhunderts vom Fraunhofer-Institut vorgestellt wurde, findet seit Kurzem auf einigen Flächen Anwendung. Bisher noch eher eine kleine Nischenproduktion, eröffnet sich damit vielleicht ein Ausweg, um künftige Flächendiskussionen von vorneherein zu vermeiden.“






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