News RSS-Feed

23.12.2022 Immobilienmarkt dürfte 2023 weitere Preisanpassung erleben

Durch die Zinswende steigt der Druck auf die Immobilienmärkte, denn Investoren erwarten auch hier höhere Renditen. Gestiegene Fremdkapitalzinsen verstärken diesen Renditedruck noch weiter. Angesichts dessen hat bei Immobilieninvestments ein Prozess der Preisanpassung eingesetzt. Dieser steht aktuell noch am Anfang und dürfte sich 2023 fortsetzen. Gleichwohl erweisen sich Immobilien weiterhin als robuste und Cashflow-stabile Anlageklasse für Investoren, nicht zuletzt aufgrund rückläufiger Neubauvolumina sowie einer hohen Flächennachfrage.

Die historisch hohen Inflationsraten haben dazu geführt, dass die Zinsen an den Kapitalmärkten deutlich gestiegen sind. Gleichzeitig reagierten die großen Zentralbanken im Verlauf dieses Jahres mit höheren Leitzinsen. Im Zuge dieser Zinswende ist die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen zwischen September 2021 und September 2022 von minus 0,2 auf rund 2 Prozent gestiegen. Beim zehnjährigen Midswap-Satz für den Euroraum war der Anstieg noch deutlicher: Er hat sich im gleichen Zeitraum von 0,2 auf 3,1 Prozent erhöht.

Die Renditeerwartungen steigen

Als Konsequenz aus dieser Entwicklung erwarten Investoren nun auch höhere Renditen an den Immobilienmärkten. Darüber hinaus gilt es, die höheren Zinsen insbesondere bei Neuankäufen im Blick zu behalten, weil die Kosten für Fremdfinanzierungen steigen.
Erfahrungsgemäß reagieren Immobilienrenditen mit Verzögerung auf höhere Anleiherenditen und allgemein steigende Zinsen. Ob sie den jüngsten Anstieg in gleichem Umfang nachvollziehen werden, bleibt abzuwarten. Bislang ist anhand der Transaktionsdaten nur eine leichte Erhöhung zu sehen. Bezüglich der Aussagekraft dieser Daten ist zu bedenken, dass die Transaktionen derzeit deutlich rückläufig sind, so dass die Marktentwicklung die Renditeentwicklung aktuell nur unvollständig wiedergeben könnte.

Transaktionsvolumina sind rückläufig

Ein Blick auf das Transaktionsgeschehen zeigt, dass sich die Prozesse spürbar verzögern. Zudem gestaltet sich die Preisfindung schwieriger. Zwar hat insbesondere das Segment der Büroimmobilien im ersten Quartal 2022 einen starken Auftakt hingelegt, in Deutschland ebenso wie in Frankreich, dem Vereinigten Königreich, den Benelux- und den nordischen Staaten. Der Grund dafür sind Nachholeffekte infolge der Corona-Pandemie. Im zweiten und dritten Quartal 2022 zeigten sich jedoch bereits deutliche Bremsspuren.

Auch in den Sektoren Büro, Industrie, Retail, Hotel und Wohnen ist europaweit ein rückläufiges Investitionsvolumen für die ersten drei Quartalen 2022 zu verzeichnen. Im vierten Quartal dürften die Transaktionsvolumina über die verschiedenen Segmente hinweg noch einmal merklich niedriger ausfallen.

Immobilien: Preisanpassungen dürften sich 2023 fortsetzen und zu weiter steigenden Nettoanfangsrenditen führen

Bis zu 100 Basispunkte mehr sind bereits möglich

Trotz des rückläufigen Transaktionsgeschehens lässt sich erkennen, dass ein Preisanpassungsprozess eingesetzt hat. Bereits in den vergangenen Monaten war es möglich, die Preise bei Neuerwerbungen aufgrund der Zinsentwicklung teilweise nach unten nachzuverhandeln. Der Markt dürfte also weiterhin eine Preisanpassungsphase sehen: Die Immobilienrenditen werden steigen und die Preise im Gegenzug sinken. Käufer werden sich mitunter nicht scheuen, auch einmal aggressivere Angebote zu unterbreiten.

Preisabschläge sind momentan fast überall in Europa zu beobachten, vor allem im Bereich Logistik und auch bei Büros. In den Niederlanden sind die Renditen für Top-Logistikimmobilien mit zehnjährigen Mietverträgen von den Tiefstständen bereits um etwa 100 Basispunkte gestiegen, in Deutschland möglicherweise schon um rund 75 Basispunkte. Der Büromarkt könnte eine ähnliche Entwicklung nehmen. Fachmärkte erfreuen sich dagegen nach wie vor besonders großer Beliebtheit, daher werden die Preisabschläge hier vermutlich nicht ganz so stark ausfallen.

Zentrale Büroimmobilien stehen im Fokus

Auch im aktuellen Umfeld sind Mikrolage, Objektqualität und Vermietung die entscheidenden Kriterien für erfolgreiche Investitionen. Core-Lagen mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr werden weiterhin im Fokus stehen.
Das Interesse an Büroimmobilien in zentralen Lagen dürfte hoch bleiben. Hier gilt es, auf die Agglomeration im Umfeld sowie die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr zu achten. Insgesamt ist zu erwarten, dass der Markt für Büroimmobilien stärker auseinanderdriftet: Randlagen, in denen in den vergangenen Jahren viele Flächen entstanden sind, werden eher unter Druck geraten und könnten vermehrt Leerstände verzeichnen. Anders in zentralen Lagen: Dort Flächen zu halten, ist für Unternehmen als Mieter gewissermaßen ein Aushängeschild. Daher sind sie bestrebt, diese zukunftsfähig zu gestalten, unter anderem mit repräsentativer Architektur und offenen, kommunikativen Flächen.

Logistikimmobilien bleiben ebenfalls interessant, unter anderem in den Niederlanden. Dort und in Deutschland steigen die Ankaufrenditen.

In Deutschland sind zudem Fachmarktzentren attraktiv. Hier kommt es auf eine gute Anbindung zum Straßennetz, ebenerdige Parkgelegenheiten sowie eine Agglomeration mit hoher Kaufkraft an. Ein Blick auf deutsche Wohnimmobilien lohnt ebenfalls wieder.

Neue Ansätze werden dem veränderten Umfeld gerecht

Die erwarteten Preisrückgänge dürften vielfach mit verzögerten, inflationsbedingten Mietanstiegen einhergehen. Anstiege um fünf bis zehn Prozent sind auch 2023 zu erwarten. Insofern hat die Inflation in dieser Hinsicht einen positiven Effekt auf Immobilieninvestments.

Die Analyse von ESG Kriterien ist fester Bestandteil der Ankaufsprüfung geworden. Die ökonomische Schere zwischen grünen und nicht grünen Objekten dürfte weiter aufgehen, wobei diese Entwicklung wohl noch einige Jahre andauern wird. Und auch wenn der Fokus aktuell vor allem auf ökologischen Aspekten liegt, gewinnen die Faktoren Soziales und Governance ebenfalls an Bedeutung.

Rückläufige Neubauvolumina unterstützen den Markt

Alles in allem bleiben Immobilien für Investoren eine attraktive Anlageklasse, auch wenn die Preisfindung eine Herausforderung darstellt. Für die Attraktivität gibt es gute Argumente: Die Bodenfläche in den begehrten Lagen ist begrenzt, und die Neubauvolumina sind rückläufig. Gleichzeitig ist trotz des aktuell unsicheren Umfeldes die Nachfrage nach Flächen hoch, und zwar über alle Segmente, denn es gibt noch reichlich aufgestaute Nachfrage, die in den vergangenen Jahren nicht zum Zuge gekommen ist. Im Ergebnis ist weiterhin mit niedrigen Leerstandraten sowie mit steigenden Mieten zu rechnen. Die Renditeaufschläge gegenüber sicheren Anleihen dürften also interessant bleiben, wenn sie sich auch leicht einengen sollten.

(Von Katrin Hupfauer, Head of Real Estate Transactions, und Uwe Krause, Head of Real Estate Fund Management, MEAG MUNICH ERGO Kapitalanlagegesellschaft mbH)





Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!