News RSS-Feed

09.01.2023 Große Wohnungstransaktionen bleiben 2022 die Ausnahme

Zum Ende des Jahres 2022 hat sich die abwartende Haltung der Investoren am Wohnungsmarkt fortgesetzt. Die übliche Jahresendrallye blieb wie erwartet aus. Im vierten Quartal lag das Transaktionsvolumen* bei rund 1,96 Milliarden Euro, ein Rückgang von 80 Prozent im Vergleich zum Fünfjahresschnitt. Zugleich markiert das Schlussquartal 2022 das schwächste Quartalsergebnis auf dem deutschen Wohninvestmentmarkt in den vergangenen zehn Jahren.

Für das Gesamtjahr 2022 ergibt sich ein Transaktionsvolumen von rund 12,2 Milliarden Euro – ebenfalls der niedrigste Wert seit zehn Jahren. Im Vergleich zum Vorjahr beträgt das Umsatzminus 76 Prozent. Allerdings war das 2021er-Ergebnis durch sehr große Transaktionen wie die Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia maßgeblich geprägt worden. „Die Preisvorstellungen zwischen Käufern und Verkäufern lagen im vergangenen Jahr zunehmend auseinander. Viele Marktakteure haben ihre Ankaufsziele deswegen im Laufe des Jahres nach unten angepasst“, erläutert Michael Bender, Head of Residential JLL Germany.

Der Rückgang betraf insbesondere große, überregionale Portfoliotransaktionen. So hatten die fünf größten Transaktionen im abgelaufenen Jahr lediglich einen Anteil von zwölf Prozent am Jahresumsatz. Im Vorjahr waren es noch zwei Drittel gewesen. Überregionale Portfoliodeals machten nur noch ein Viertel des Gesamtumsatzes aus und damit die Hälfte des Durchschnittswerts der vergangenen fünf Jahre.


Trotz fehlender Großdeals wurde am Wohninvestmentmarkt aber auch 2022 rege gehandelt. Mit 372 registrierten Transaktionen versus 420 im Vorjahr sank die Zahl der Abschlüsse im Vergleich zum Transaktionsvolumen nur moderat. „Das verdeutlicht, dass der Gesamtmarkt – anders als häufig in der Öffentlichkeit dargestellt – weiterhin funktioniert und dass Transaktionen zustande kommen“, unterstreicht Bender.

Asset- und Fondsmanager dominieren den Markt auf der Käuferseite

Auffällig ist der relativ hohe Anteil an Abschlüssen im Core-plus-Segment. Mit rund 80 Prozent aller Investitionen lag deren Anteil deutlich über dem Fünfjahresmittel von 40 Prozent. Zudem gab es 2022 eine deutliche Verengung auf der Käuferseite. So dominierten Asset- und Fondsmanager sowie Immobilienunternehmen mit einem Anteil von 78 Prozent das Marktgeschehen. Im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre kam diese Käufergruppe dagegen nur auf einen Anteil von 30 Prozent. Auf der anderen Seite zogen sich Immobilien-AGs 2022 als Käufer vollständig aus dem Markt zurück. In den fünf Jahren zuvor hatten sie noch einen Marktanteil von rund 29 Prozent erzielt.

Verstärkt in den Fokus rückt für viele Marktteilnehmer das Segment geförderter Wohnungsbau. Weil für viele private Haushalte die Wohnkostenbelastung infolge gestiegener Energiepreise stark zugenommen hat, plant die Bundesregierung, den Bestand an Sozialwohnungen zu erhöhen und die Entwicklung von bezahlbarem Wohnraum gezielt zu fördern. „Investitionen in den geförderten Wohnungsbau werden aus Investorensicht angesichts der stark gestiegenen Fremdkapitalkosten wieder attraktiver. Denn diese versprechen neben zinsgünstigen Darlehen auch direkte Fördergelder und weitere Tilgungszuschüsse“, erläutert Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Insbesondere für langfristig orientierte und eher defensive Anleger sei der geförderte Wohnungsbau interessant.

Wohninvestments bleiben dank Nachfrageüberhang und Inflationsschutz attraktiv
Aber auch grundsätzlich bleibt die Assetklasse Wohnen aus Investorensicht attraktiv, was unter anderem mit dem hohen Nachfrageüberhang nach Wohnraum begründet ist. So gab es 2022 eine deutliche Nettozuwanderung nach Deutschland, vor allem aus der Ukraine. Zudem führen die gestiegenen Hypothekenzinsen dazu, dass private Ersterwerber ihr Kaufvorhaben zurückstellen müssen und sich dem Mietwohnungsmarkt zuwenden.

Auf der Angebotsseite fehlen die nötigen Impulse, um die steigende Nachfrage zu bedienen. Das Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, wurde 2022 mit geschätzten 280.000 fertiggestellten Wohnungen weit verfehlt. Für dieses Jahr könnte die Bilanz noch schlechter ausfallen, weil viele Bauprojekte komplett auf Eis gelegt wurden.

Andererseits bieten Investitionen in Wohnimmobilien den Vorteil, dass im Gegensatz zu Anleihen die nominalen Gewinne in Inflationsphasen aufgrund von höheren Mieterträgen gesteigert werden können. „In Zeiten hoher Inflation bleiben Immobilien daher eine lukrative Anlagemöglichkeit und sollten mit Blick auf die stabilen Cashflows gerade bei hoher Volatilität an den Aktien-, Renten- und Rohstoffmärkten 2023 gefragt bleiben“, meint Scheunemann. Er rechnet mit einer Zunahme des Marktgeschehens in diesem Jahr. Nach einem schwächeren Beginn sollten die Transaktionsvolumina im weiteren Jahresverlauf sukzessive anziehen. „Angesichts der insgesamt gesunkenen Liquidität an den Kapitalmärkten dürften die institutionellen Transaktionsvolumina jedoch mittelfristig nicht mehr das Niveau der Vorjahre erreichen. Langfristig sollte sich das Transaktionsvolumen auf einem neuen Niveau einpendeln, das zwischen dem derzeitigen niedrigen Niveau und dem der Vorjahre liegt.“

Der Jahresbeginn 2023 werde allerdings von einem weiteren Renditeanstieg geprägt sein, der wahrscheinlich bis zum zweiten Quartal anhalten werde. Dabei dürften sich die Renditen deutlich stärker nach den regionalen Risikoprofilen ausdifferenzieren als zuletzt. „Das Ende der ultralockeren Geldpolitik führt dazu, dass sich die Risikoprämien wieder deutlich erkennbarer an den lokalen Marktrisiken ausrichten. Daneben werden im Jahr 2023 auch die individuellen Eigenschaften der einzelnen Wohnimmobilien stärker in den Fokus rücken“, ist Scheunemann überzeugt.

Energieeffiziente Gebäude sind eher vor Preisrückgängen geschützt

Damit sind insbesondere die energetischen Eigenschaften der Immobilien gemeint. Bereits im vergangenen Jahr hat sich die Wertdiskrepanz zwischen energieeffizienten und weniger effizienten Gebäuden vergrößert. Einer Analyse von JLL zufolge lag die Preisdifferenz im ersten Halbjahr 2022 zwischen zwölf und 33 Prozent im Mittel.
Für 2023 rechnet JLL mit einer weiteren Segmentierung des Marktes nach dem energetischen Zustand der Objekte. „Zum einen nimmt der regulatorische Druck auf energetisch schlechtere Objekte weiter zu, etwa durch die Aufteilung der CO2-Kosten, zum anderen dürften energetische Sanierungen noch kostspieliger werden, da die Nachfrage nach auf lange Sicht Baudienstleistungen hoch bleiben wird“, sagt Michael Bender. Hohe Energiestandards dürften in der aktuellen Marktsituation vor Preisrückgängen schützen.






Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!