News RSS-Feed

14.02.2023 Deutliche Preiskorrekturen und sinkende Immobilienquote erwartet

In der DVFA-Monatsfrage Februar wurden die Investment Professionals nach den Implikationen von hoher Inflation und Zinswende für die Immobilienallokation von Pensionskassen und anderen Multi-Asset-Investoren befragt. Nach Jahren eines sehr guten konjunkturellen Verlaufs im Immobiliensektor hat die Branche massiv mit den Auswirkungen des Zinsanstiegs zu kämpfen. Die Umfrageergebnisse bestätigen erste sichtbare Anzeichen in Bezug auf deutliche Preiskorrekturen, deuten jedoch auch auf weitere strukturelle Anpassungen hin.

„Im Umfeld sinkender Renditeerwartungen für den Immobiliensektor erwarten unsere Mitglieder tendenziell eine Reduktion der Immobilienquote in den Portfolios von Multi-Asset-Investoren“, kommentiert Thorsten Müller, DVFA-Vorstandsvorsitzender und Mitglied der DVFA-Kommission Immobilien.

„Die Einschätzung bzgl. der Immobilienaktien überrascht mich – hier hätte ich ein klareres Signal erwartet, dass „das Schlimmste“ bereits überstanden ist. Auch eine signifikante Anpassung der Immobilienquoten nach unten könnte den Markt neben den aktuellen Zinseffekten auf Preise zusätzlich belasten“, kommentiert Prof. Dr. Sven Bienert MRICS REV, Universität Regensburg und Mitglied der DVFA-Kommission Immobilien.

Sinkende Immobilienpreise werden erwartet – Korrektur sollte 2023 10 % nicht übersteigen

Für das Jahr 2023 erwarten 71 % der Teilnehmer über alle Segmente und Regionen betrachtet sinkende Preise. Überwiegend sollten die Korrekturen im Preisband von minus 5 bis 10 % notieren – nur jeder zehnte Teilnehmer der Umfrage erwartet stärkere Einschnitte von über 10 %. Die Ergebnisse decken sich somit mit anderen Studien und auch dem aktuell bereits beobachtbaren Markttrend. Der Umfang wäre somit „verdaubar“; Horrorszenarien, wie von einigen Markt-Auguren prophezeit, sind aus Sicht der DVFA Investment Professionals eher nicht zu erwarten.

Attraktivität sinkt im komparativen Vergleich – Rückläufige Immobilienquoten erwartet
Während der letzten 10 Jahre stieg im Durchschnitt die gesamte Immobilienquote (direkt und indirekt gehalten) von Anlegern, die in diverse Anlageklassen investieren – auf über 12 % bis Ende 2021. Gefragt wurde nach der künftigen Entwicklung der aktiven Allokation (prozentualer Immobilienanteil am Gesamtvolumen der Anlagen bzw. Immobilienquote) von Multi-Asset-Investoren in Immobilien in Deutschland. Die Frage bezog sich zum einen auf eine Schätzung für 2023 und zum anderen auf eine mittelfristige Perspektive über mehrere Jahre.

Für 2023 erwarten fast 50 %, dass die Quote maximal gleichbleibt (27 %) oder bereits sinkt (20%). Was die mittelfristige Perspektive betrifft, so glaubt sogar jeder vierte Befragte (25 %) an eine sinkende und nur 21 % an eine stabil bleibende Quote. Eine Steigerung der Immobilienallokation in 2023 oder mittelfristig erwartet nur ein verschwindend kleiner Teil.

Steigende Yields, sinkende Kaufpreise und nachlassende Total Returns bei Immobilienanlagen

Die Ergebnisse sind im aktuellen Marktumfeld nachvollziehbar. Anleihen und andere Anlageklassen gewinnen an komparativer Attraktivität gegenüber Immobilien. Sinkende Immobilienbewertungen reduzieren das Fondsvermögen und das steigende Zinsniveau erschwert die Finanzierung. Anschlussfinanzierungen werden teurer und erfordern auch teilweise Nachschüsse aufgrund steigender Anforderungen an die Eigenkapitalquote (sinkende LTVs). Entsprechend erwarten fast 3/4 aller Befragten (73 %), dass die Gesamtrendite (in Form des Total-Return aus Wertänderungs- und Cashflow-Rendite) von Immobilienanlagen dieses Jahr im Vergleich zu allen anderen Anlageklassen unterdurchschnittlich sein wird.

Letztlich werden die bisher als Kapitalquellen bzw. direkt als Käufer auftretenden Pensionskassen bzw. andere Multi-Asset-Investoren vermehrt auf die Verkäuferseite wechseln und dem Markt so Liquidität entziehen – mit entsprechenden Auswirkungen für die Immobilienbranche. Einzelne Fonds berichten bereits über rückläufige Kapitalzusagen im Vergleich zum Vorjahr. Ob es lediglich bei Zurückhaltung im Neugeschäft bleibt oder im Jahresverlauf auch Kapitalrückgaben einsetzen werden, bleibt hingegen abzuwarten, ergänzt Sven Bienert.

Ausblick bei Immobilienaktien weiter unsicher

Bei den deutschen Immobilienaktien bleibt die Situation auch 2023 weiter unübersichtlich; das urteilt beinahe die Hälfte der Teilnehmenden (46 %). 25 % schätzen, dass die Bodenbildung bereits durchlaufen ist, ein knappes Drittel (29 %) und damit sogar etwas mehr, erwartet die Talsohle jedoch erst im laufenden Jahr.
Trotz der bereits massiven Preiskorrekturen bei Immobilienaktien von teilweise über minus 50 % im vergangenen Jahr und dem allgemeinen Vorlauf im Vergleich zur Marktentwicklung bei Direktinvestments: ein klares Signal für einen Einstieg wird hier scheinbar noch nicht gesehen! Während der Mietmarkt durch Zuzug und Indexierungen gestützt wird, sind die Auswirkungen von rezessiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, hoher Inflation, steigenden Zinsen und möglicher Druck auf das Preisniveau der Immobilienbestände weiterhin Unsicherheitsfaktoren.

Eigenwahrnehmung des deutschen Immobilienstandortes “neutral“

Im europäischen und internationalen Vergleich stuft die Mehrheit der ausschließlich inländischen Umfrageteilnehmer (63 %) den Immobilienstandort Deutschland dennoch als „neutral“ ein - 23 % der Befragten beurteilen diesen gar als überdurchschnittlich attraktiv. Diese Wahrnehmung des eigenen Marktes steht im Gegensatz zur aktuellen Außenwahrnehmung: in Studien von RICS zum Sentiment wird Deutschland im europäischen Kontext bspw. unterdurchschnittlich beurteilt.

Inflationssicherung schafft keinen Ausgleich für Zinsanstieg

Die Zinsentwicklung belastet Immobilien im Vergleich zu anderen Anlageklassen überproportional negativ, sagen 70 % der DVFA Investment Professionals. Überraschend: nur 5 % meinen, dass keine Belastung zu erwarten ist, weil der Zinsanstieg bei gleichzeitig hoher Inflation durch Indexanpassungen positiv für Immobilien sei. Das Votum ist somit eindeutig: das Argument, die Inflation würde letztlich über die indexgesicherten Mieten den Wertausgleich bewirken, ist aus Sicht der Teilnehmer kritisch zu hinterfragen. Zu gravierend sind die negativen Implikationen des raschen und deutlichen Zinsanstiegs.

Mehrheit sieht Zielallokation kleiner gleich 10 % aller Anlagen

Immobilien – der „safe haven“ defensiver Anleger wie beispielsweise Pensionskassen? 2/3 der Befragten empfiehlt hier eine Gesamtallokation (Direktanlage, Immobilien-Depot und indirekte Immobilienanlagen) von bis zu 10 % (50 % empfahlen 5-10 %, sowie 18 % nur 0-5 %). Immerhin 1/3 empfiehlt auch weiterhin eine Quote von über 10 %.





Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!