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01.07.2023 Zinserhöhungen bergen Risiken für die Finanzstabilität

Nach den jüngsten Turbulenzen liegt der Fokus der Industrieländer erneut auf ihren Kampf gegen die Inflation. Daher sind weitere Anhebungen der Leitzinsen wahrscheinlich, und die Zinssätze werden länger hochgehalten. Bislang ist die Wirtschaftstätigkeit in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften erstaunlich robust geblieben, was vor allem auf die anhaltende finanzpolitische Expansion zurückzuführen ist. Die Auswirkungen einer so langen Periode fiskalischer Unterstützung werden erst mit der Zeit abklingen und die Auswirkungen der geldpolitischen Straffung verzögern.

Wir erwarten daher in den kommenden Monaten eine relativ allmähliche Verlangsamung der Weltwirtschaft. In Verbindung mit dem wahrscheinlichen Ende der Zinserhöhungszyklen der großen Zentralbanken im dritten Quartal dürfte dies das günstige Umfeld für Risikoanlagen verlängern. Allerdings werden sich die verschärften Kreditstandards und die hohen Zinsen zunehmend auf die Fremdkapitalkosten der Unternehmen auswirken. Dies wiederum, wird die Unternehmensinvestitionen beeinträchtigen und letztlich zu einer leichten Rezession in den USA ab Anfang 2024 führen.

Die kurzfristige fiskalisch bedingte Robustheit des globalen Wachstums und die rasche Straffung der Geldpolitik sind nicht umsonst. Die meisten fiskalischen Maßnahmen seit der COVID-Pandemie sind nicht nachhaltig, sondern dienen lediglich dazu, die Gesamtnachfrage zu stützen und die Unternehmen über Wasser zu halten. Das bedeutet, dass die derzeitige Wachstumsstärke auf Kosten der Zukunft geht, da dies eine verpasste Gelegenheit ist, ein nachhaltigeres Wirtschaftssystem zu schaffen.

Aufstrebende Märkte zeigen Widerstandsfähigkeit

In der ersten Jahreshälfte zeigten die Schwellenländer eine weiterhin hohe Wachstumsdynamik und allgemein eine bemerkenswerte wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit. Die Schwellenländer hatten bereits 2021 in Erwartung der geldpolitischen Straffung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften mit Zinserhöhungen begonnen, und viele haben ihre Zinserhöhungen nach einem erheblichen Rückgang der Gesamtinflation ausgesetzt. Und obwohl der jüngste Bankenstress in den USA nicht auf die Schwellenländer übergriff, haben die Bemühungen, die Inflation in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften durch drastische Zinserhöhungen zu bekämpfen, zu einer Verlangsamung der Kapitalzuflüsse in einige Schwellenländer geführt. Eine der Folgen davon ist eine Verzögerung der finanziellen Entwicklung.

Doch wie sollen sich Finanzsysteme solide entwickeln, wenn externe Geldkreisläufe, insbesondere die Entscheidungen der Fed, das globale Kreditwachstum und die Preise von Finanzanlagen in der ganzen Welt beeinflussen, während das Risikomanagement noch Nachholbedarf hat. Es gibt kein Patentrezept, aber die Finanzsysteme müssen die Kunden an die erste Stelle setzen, und zwar mit Hilfe einer starken Aufsicht und Regulierung. Und für die kleinen Finanzinstitute in den ärmeren Ländern kann die Synergie von finanzieller Inklusion und Fintech zu einem besseren Zugang und Erschwinglichkeit beitragen.

Wir erwarten in naher Zukunft keine neue Episode globaler Krisen, aber es wird immer dringender, das bestehende Instrumentarium der multilateralen Institutionen und Zentralbanken zu erweitern, um die Finanzstabilität der Schwellenländer zu schützen, die von den geldpolitischen Entscheidungen der fortgeschrittenen Volkswirtschaften betroffen sind. Finanzkrisen in vielen Schwellenländern haben zwar keine systemischen Auswirkungen, aber sie haben erhebliche Verteilungseffekte und verschärfen die Ungleichheit. In einer integrierten Weltwirtschaft wird dies schließlich zu einem Problem für uns alle werden.

(von: Joeri de Wilde und Maritza Cabezas, Anlagestrategen bei Triodos Investment Management IM)














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