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05.07.2023 Wohnportfolios: Tiefpunkt der letzten 12 Jahre, mehr kleinere Deals

Der Transaktionsmarkt für Wohnportfolios in Deutschland weist auch im zweiten Quartal des Jahres 2023 ein deutlich unterdurchschnittliches Umsatzresultat auf. Nach Analyse von NAI apollo, Partner der NAI apollo group, sind in den vergangenen drei Monaten Wohnportfolios (ab 30 Wohneinheiten) für rund 1,3 Mrd. Euro gehandelt worden. Ein schwächeres Dreimonatsergebnis wurde zuletzt im Jahr 2011 registriert. Zusammen mit dem bereits niedrigen Vorquartalsresultat von rund 2 Mrd. Euro summiert sich das Transaktionsvolumen im ersten Halbjahr 2023 nun auf knapp 3,3 Mrd. Euro. Auch dies ist das schwächste Resultat seit 2011, infolgedessen sowohl der Fünf- als auch der Zehnjahresschnitt der ersten Halbjahre mit rund 67 bzw. 64 Prozent deutlich unterschritten werden.

„Mit Blick auf die aktuellen Rahmenbedingungen am Markt ist diese Entwicklung nicht überraschend. Hohe Inflation, steigende Finanzierungskosten, signifikante Baupreiszunahmen und die eingetrübten gesamtwirtschaftlichen Aussichten prägen weiterhin das Marktumfeld, so dass die Transaktionsaktivitäten noch nicht zugenommen haben. Die voneinander abweichenden Preisvorstellungen von potenziellen Käufern und Verkäufern nähern sich zwar an, haben aber noch nicht das Niveau erreicht, aus dem eine wirkliche Marktbelebung resultieren könnte“, so Dr. Marcel Crommen, Managing Partner bei NAI apollo.

„Allerdings gibt es auch Lichtblicke. Im Gegensatz zum Vorquartal und Vorjahr hat eine Transaktion oberhalb der 500-Millionen-Marke stattgefunden. Vonovia konnte dabei insgesamt 1.350 Neubauwohnungen in zentralen Lagen von Frankfurt, München und Berlin für rund 560 Mio. Euro an CBRE Investment Management verkaufen. Dies unterstreicht die weiterhin hohe Bedeutung an Investitionen in Core-Produkten in dem aktuell schwierigen Marktumfeld“, fügt Stefan Mergen, Managing Partner bei apollo valuation & research GmbH hinzu.

In der Analyse nicht berücksichtigt werden konnte die Beteiligung am über 21.000 Wohneinheiten großen „Südewo“-Wohnportfolio der Vonovia durch den US-Finanzinvestor Apollo. „Unsere Bedingung, dass bei dem Erwerb von Anteilen an einer Objekt- oder Immobiliengesellschaft die Kontrollmehrheit erzielt werden muss, wurde in diesem Fall nicht erfüllt“, erklärt Dr. Konrad Kanzler, Head of Research der NAI apollo group.

Segment 100 < 500 Mio. Euro mit höchstem Anteil, kleinere Deals mit Zuwächsen
Der Großabschluss zwischen Vonovia und CBRE Investment Management beschert der Preiskategorie ab der 500-Mio.-Euro-Marke den zweithöchsten Marktanteil von 17,1 Prozent. Den größten Anteil erreicht erneut das Cluster 100 < 500 Mio. Euro. Dieser liegt nun bei 45,7 Prozent (H1 2022: rund 41,8 Prozent). Das gehandelte Volumen hat sich dabei aber im Vorjahresvergleich von 3 Mrd. Euro auf rund 1,5 Mrd. Euro halbiert. Rückgänge sowohl beim absoluten Transaktionsvolumen als auch bei den Marktanteilen weisen zudem alle Umsatzgrößensegmente zwischen 10 und 100 Mio. Euro auf. In Summe kommen diese nun auf über 1 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Rückgang im Jahresvergleich von 74,1 Prozent. Hinzugewonnen hat hingegen die unterste Umsatzklasse mit Transaktionen unterhalb der 10-Mio.-Euro-Grenze.

„Hier sind in den vergangenen sechs Monaten rund 170 Mio. Euro erzielt worden. Dies sind fast 18 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2022. Die Ergebnisse der Vorkrisenjahre werden damit zwar ebenfalls nicht erreicht, allerdings wird deutlich, dass Transaktionsaktivitäten auf dem deutschen Wohnportfoliomarkt derzeit vor allem im unteren Umsatzgrößensegment stattfinden“, so Mergen. So wechselten insgesamt auch nur rund 15.000 Einheiten den Eigentümer, was einen Rückgang von über 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet.

Eigenkapitalstarke Investoren dominieren auf Käuferseite, Immobilienaktiengesellschaften & REITs stärkste Verkäufergruppe

Der Transaktionsmarkt für Wohnportfolios ist kleinteiliger geworden. Die in den Vorjahren den Markt mit erheblichen Zukäufen dominierende Gruppe der Immobilienaktiengesellschaften und REITs zeigt momentan keine Ankaufsaktivitäten. Stattdessen hat sie nun auf Verkäuferseite mit einem Verkaufsvolumen von über 1,1 Mrd. Euro bzw. einem Marktanteil von 34,2 Prozent die Führungsposition übernommen. „Nach den Jahren der mit hohen Fremdkapitalanteilen gestemmten Großankäufe liegt der Fokus bei den börsennotierten Immobiliengesellschaften auf Eigenkapitalsicherung und -erhöhung, woraus auch ein höheres Verkaufsangebot resultiert. Die Positionen der stärksten Käufergruppen nehmen stattdessen eigenkapitalstarke Investoren ein“, legt Kanzler dar. So belegen die Asset- und Fondsmanager mit 1,3 Mrd. Euro (Marktanteil: 39,9 Prozent) aktuell den ersten Platz, gefolgt von der Gruppe der Privatinvestoren und Family Offices, deren Marktanteil sich von 3 Prozent im Vorjahr nun auf 20,2 Prozent erhöht hat. „Das absolute Ankaufsvolumen Privater beläuft sich damit auf knapp 660 Mio. Euro, was mehr als einer Verdreifachung im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 gleichkommt“, ergänzt Mergen.

Handel mit Projektentwicklungen zeigt deutlichen Rückgang

Die aktuellen Zahlen spiegeln einen deutlichen Rückgang des Projektentwicklergeschäfts wider. Hohe Bau- und Finanzierungskosten haben im Jahresverlauf 2023 sowohl die generellen Bauaktivitäten als auch den Handel von Projektentwicklungen stetig abnehmen lassen. So reduzierte sich das durch Forward Deals generierte Transaktionsvolumen von 3,4 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum auf nun rund 750 Mio. Euro (davon rund 630 Mio. Euro in Q1) zur Jahresmitte 2023. „Das Neubausegment ist zwar nach wie vor gefragt, allerdings sind die Kosten hierfür so hoch, dass es für potenzielle Käufer schwer finanzierbar ist. Dies erhöht sicherlich weiter die Attraktivität von ESG-konformen Bestandswohnungen des Core-Segments. Parallel forciert sich die Nachfrage vor allem nach Value-Add-Immobilien, die zwar ein höheres Risiko aufweisen, aber bei entsprechenden Manage-to-ESG-Strategien ein größeres Wertsteigerungspotenzial bieten“, erläutert Crommen.

Deutsche Investoren marktbestimmend, internationale Anleger bauen Marktanteil leicht aus

Die Dominanz inländischer Investoren bleibt bestehen. Deutsche Käufer überwiegen im laufenden Jahr mit einem Umsatzanteil von 67,8 Prozent (- 4,6 Prozentpunkte ggü. H1 2022). Parallel schlossen sie mit einem Anteil von 85,8 Prozent die meisten Transaktionen. Der Umsatzanteil internationaler Anleger vergrößert sich dementsprechend auf 32,2 Prozent. „In beiden Fällen zeigen sich im Jahresvergleich aber erhebliche Rückgänge beim gehandelten Volumen. So ist dieses bei den inländischen Käufern um 57,4 Prozent auf 2,2 Mrd. Euro gesunken. Das Minus im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2022 bei internationalen Investoren bewegt sich bei 47,1 Prozent. Damit haben diese im aktuellen Jahr Wohnportfolios für nahezu 1,1 Mrd. Euro erworben“, so Kanzler.

Zurückhaltende Transaktionsaktivitäten auch in den kommenden Monaten

Der deutsche Wohnportfoliotransaktionsmarkt ist zur Jahresmitte 2023 unverändert von fehlender Dynamik geprägt. Dies hat in den letzten drei Monaten zu einem weiteren Rückgang des Transaktionsgeschehens geführt. „In den letzten Quartalen kam es am Wohnportfoliotransaktionsmarkt infolge von Zinsanstieg, ESG und neuer Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit bzw. Energieeffizienz zu einer Neubewertung von Risiken. Viele Marktplayer haben ihre Investitionsprogramme infolgedessen heruntergefahren und gehen sehr selektiv vor. Einige Verkäufe fanden zur Sicherung von Liquidität statt, u.a. seitens der Immobilienaktiengesellschaften. Dies kann auch im Non-Core-Segment zu einer Marktbelegung beitragen und bietet Raum für Akteure mit höherer Risikobereitschaft“, so Mergen.

„Das allgemeine wirtschaftliche Stimmungsbild hat sich zuletzt wieder verschlechtert, so dass von konjunktureller Seite in den kommenden Monaten noch kein positiver Einfluss auf den Transaktionsmarkt zu erwarten ist. Allerdings wird für das nächste Jahr – mit Blick auf sich aufhellende Konjunkturprognosen und unter der Prämisse einer sinkenden Inflation sowie einer darauffolgenden Stabilisierung des Zinsumfelds – eine Belebung des Marktgeschehens auf dem Wohnportfoliotransaktionsmarkt absehbar“, ergänzt Kanzler.

Aktuell ist das Ende der Preisfindungsphase zwischen Käufer- und Käuferseite noch nicht erreicht, allerdings haben Annäherungen stattgefunden. Positiv ist der stabile Mietmarkt zu erwähnen. Das momentan stark wachsende Ungleichgewicht zwischen knappem Wohnraumangebot und zunehmender Wohnraumnachrage wird auch zukünftig zu weiter steigenden Mieten führen, was in Zeiten fallender Kaufpreisfaktoren für Investoren umso wichtiger wird. „Für die nächsten Monate wird zudem eine anwachsende Anzahl an Zwangsverkäufen erwartet. Parallel streben verschiedene Immobilienunternehmen kurz- bis mittelfristig auch größere Bestandsverkäufe an. Dies stützt den Markt, allerdings ist ein signifikantes Anziehen der Marktaktivitäten unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht zu erwarten“, so Crommen.













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