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14.07.2023 Nach Beratungsstopp: Heizungsgesetz (GEG) gemeinsam entwickeln!

Dr. Wulff Aengevelt, Geschäftsführender Gesellschafter Aengevelt Immobilien
„Bundesgesetze werden nach den Vorgaben des Grundgesetzes vom Deutschen Bundestag verabschiedet – in drei Lesungen nach eingehenden begleitenden Beratungen in Fachausschüssen unter Einholung und Diskussion von Stellungnahmen von Sachverständigen und Verbänden und alsdann bei Zustimmungspflichtigkeit auch im Bundesrat. Auf diesem Wege sollte auch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) („Heizungsgesetz“) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden.

Dazu kam es bekanntermaßen nicht, weil das Bundesverfassungsgericht aufgrund des Eilantrags eines Abgeordneten das Verfahren stoppte, weil den Abgeordneten das Recht zusteht, Gesetzentwürfe im Deutschen Bundestag zu beraten. „Dies setzt“, so heißt es in dem Beschluss, „eine hinreichende Information über den Beratungsgegenstand voraus. Die Abgeordneten müssen dabei Informationen nicht nur erlangen, sondern diese auch verarbeiten können.“ Im Übrigen bestehe im Hinblick auf die zum 1. Januar 2024 angestrebte Gesetzeskraft immer noch genügend Zeit, den Entwurf im September zu beraten und zu verabschieden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 5. Juli 2023 - 2 BvE 4/23).

Was ist der Hintergrund für diese Entscheidung? Der Gesetzentwurf wurde am 17. Mai 2023 in den Bundestag eingebracht. Öffentliche Diskussionen veranlassten Bundesministerium und Bundeskabinett jedoch dazu, ständig Nachbesserungen vorzunehmen („wir haben den Entwurf 180 Grad gedreht“), die dem Bundestag am Freitag, dem 30. Juni 2023 in Form einer 94-seitigen Synopse und einer 14-seitigen Begründung zugeleitet wurde. 3 Tage später, schon am Montag, fand eine Sachverständigenanhörung statt – allerdings noch auf Basis des ursprünglichen Gesetzesentwurfs. Am folgenden Nachmittag, 4. Juli, wurde dann ein weiterer Änderungsantrag vorgelegt, der bereits über Nacht am nächsten Morgen, 5. Juli, vom Ausschuss „beraten“ wurde. Die Schlussabstimmung im Bundestag sollte dann mit nur einem Tag weiterer Nachberatung am 7. Juli erfolgen. Damit hatten die Abgeordneten überhaupt keine hinreichende Zeit, die neuen zahlreichen Änderungsanträge des umfangreichen und technisch komplexen Gesetzentwurfs auch nur ansatzweise qualifiziert zu verarbeiten und zu prüfen.

Als Reaktion auf die per höchstrichterlichem Gerichtsbeschluss nun in den September oder auf einen späteren Zeitpunkt verschobene Abstimmung über den Gesetzentwurf hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bei einschlägigen Fachvereinigungen längst terminierte Werkstattgespräche zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes („Heizungsgesetz“) sofort abgesagt und verweigert dazu zudem sogar die Fortsetzung des Fachdiskurses, so z.B. eine für den 11. Juli 2023 terminierte Zusammenkunft des Wirtschaftsrates mit dem hochrangigen Leiter der Ministeriumsabteilung Wärme, Wasserstoff und Effizienz. In der Absage des Ministeriums heißt es dazu wörtlich: „Aus Respekt gegenüber dem Bundestag und dem (leider) noch nicht abgeschlossenen parlamentarischen Verfahren können wir Ihnen auch keinen neuen Termin bis nach Verabschiedung des GEG anbieten.“

Gerade im Falle des Heizungsgesetzes, das im wahrsten Wortsinne alle Bürger betrifft, ist es definitiv unverzichtbar, neben dem Parlament auch relevante Interessenvertretungen, Sachverständige und Experten-Gremien umfassend einzubinden und deren Input in den Heranbildungs- und Entscheidungsprozess des angestrebten Gesetzes einfließen zu lassen. Solche Experten-Gespräche sind gängige parlamentarische Praxis und flankieren die Arbeit der Abgeordneten, sich auch fachbezogen ein angemessenes Bild zu verschaffen und den Gesetzentwurf zu prüfen und optimierend zu gestalten.

Letztlich kann nur so – gerade bei einem solch komplexen Thema - ein fundiertes, realitätsnahes und technisch wie wirtschaftlich und sozialverträglich umsetzbares Gesetz entstehen, das dann damit auch Chancen auf eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung und zeitnahe Umsetzung hat! Grundsätzliche Gesprächsabsagen und sogar grundsätzliche Verweigerungsreaktionen sind dagegen vollkommen untauglich und erfüllen nicht mal mehr die Qualität von Alibi-Veranstaltungen!

Tatsächlich ist das Gesetz in seiner jetzigen Form kaum im Wohnungsbestand umsetzbar, weil ein hoher Anteil der Bestandsgebäude nicht für Wärmepumpen geeignet ist, weil ein kostentreibender Umsetzungsengpass kreiert wird vor dem Hintergrund, dass nicht genügend Wärmepumpen zeitgerecht und zu auskömmlichen Preisen geliefert werden können, weil es zudem nicht genug Fachkräfte für die Installation gibt und weil wir nicht genug Strom produzieren können, um die Wärmepumpen zu betreiben. Auch wer die auf bis zu 600 Milliarden Euro geschätzten Kosten – zutreffend? – eigennutzungs- bzw. bei Vermietung vertragsfriedlich-realistisch ausgewogen bezahlen soll, wird zudem immer noch vorwiegend ideologiebasiert diskutiert und ist damit auch noch weiterhin umstritten. Statt Mietfrieden sind Unstimmigkeiten und juristische und gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen den Mietvertragspartnern damit vorprogrammiert.

Wer ideologiebasiert ein energie- und klima- und damit gesellschaftsrelevantes, für alle Generationen weitreichendes Gesetz mit realitätsfernen Weichenstellungen beschließen will, statt gemeinsam mit Bürgern und ihren Interessenvertretungen, Experten und Verbänden ein sozial ausgewogenes und technisch-wirtschaftlich umsetzbares Gesetz zu entwickeln, eröffnet verheerenden Folgen Tür und Tor und leistet dem unerlässlichen Klimawandel einen Bärendienst.“

(Statement von Dr. Wulff Aengevelt, Geschäftsführender Gesellschafter Aengevelt Immobilien)













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