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01.08.2023 Wohnungspolitik in Berlin: Alles neu macht der Senat?

„Berlin hat einen neuen Senat – gibt es damit auch eine Kehrtwende in der Wohnungspolitik? Der bisherige Senat hatte nicht auf Ausweitung des Neubaus gesetzt, sondern auf Eingriffe in den Markt, die wie Mietendeckel und Enteignung von Wohnungsunternehmen überwiegend gescheitert sind. Besteht nun die Chance, dass der neue Senat ein investitionsfreundliches Umfeld für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft schafft?

Zumindest wird im Koalitionsvertrag das Ziel formuliert, pro Jahr 20.000 neue Wohnungen zu bauen, davon 5.000 Sozialwohnungen. Die Einführung eines dritten Fördermodells für mittlere Einkommen erscheint als sinnvolle Maßnahme, weil inzwischen auch Durchschnittsverdiener unter der Wohnungsnot leiden und mit diesem Förderweg größere Mengeneffekte erreicht werden können. Bedarfsgerecht ist auch die Förderung des Baus von Wohnungen für Studierende.

Können diese Ziele erreicht werden? Im Jahr 2022 wurden immerhin 17.310 Wohneinheiten fertiggestellt, aber der Rückgang der Auftragseingänge im Berliner Bauhauptgewerbe um 9,7%, in Brandenburg sogar um 19,2% im ersten Quartal 2023 lässt erwarten, dass diese Zahl in den nächsten Jahren nicht mehr gehalten werden kann – ein Trend, der angesichts steigender Zinsen und Kosten auch bundesweit zu beobachten ist.

Wohnungsbau rentiert sich immer weniger, wenn sich die Schere zwischen (staatlich regulierten) Mieten, Grundstücks-, Bau- und Finanzierungskosten weiter öffnet und lange Genehmigungsverfahren für Unsicherheiten und Zwischenfinanzierungskosten sorgen. Umso sinnvoller ist es, dass der Koalitionsvertrag anstrebt, die Förderbedingungen an die gestiegenen Zinsen und Baukosten anzupassen, so dass zumindest der Neubau von Sozialwohnungen von der Zinsentwicklung entkoppelt wird.

Der Koalitionsvertrag verspricht auch die vermehrte Bereitstellung von Bauland für den Neubaubedarf. Dazu gehören Nachverdichtungen auf schon versiegelten Flächen (wie Aufstockungen und Dachgeschossausbauten); allerdings werden die Neubauziele nicht ohne Ausweisung neuer, großflächiger Baugebiete zu erreichen sein.

Das angekündigte „Schneller-Bauen-Gesetz“ erscheint ebenfalls als sinnvolles Maßnahmenpaket, um bürokratische Hemmnisse abzubauen und der Baukostensteigerung entgegenzuwirken. Deshalb: Je schneller das „Schneller-Bauen-Gesetz“ selbst kommt, desto eher wird es gelingen, Investitionsbereitschaft freizusetzen und in der Pipeline befindliche Projekte zu realisieren.

Die vom Land Berlin angestrebten Bundesratsinitiativen zur weiteren Verschärfung des Mietrechts werden dagegen nicht dazu beitragen, die Investitionsbereitschaft in den Mietwohnungsbau zu steigern. Das beste Mittel gegen steigende Mieten ist und bleibt die Ausweitung des Wohnungsangebots durch Neubau.

Der neue Senat hat grundsätzlich den Ernst der Lage erkannt und sich hohe Neubauziele gesetzt. Ob diese Ziele erreicht werden können, hängt davon ab, mit welcher Entschlossenheit der Senat die Wohnungsbauförderung ausweitet, Bauland mobilisiert und bürokratische Hemmnisse abbaut. Denn nur der Bau neuer Wohnungen hilft gegen den Wohnungsmangel, der sich zu einem Hemmnis für den gesamten Berliner Wirtschaftsstandort zu entwickeln droht.

Am Wohnungsmarkt – in Berlin und bundesweit – hat sich gezeigt, dass zu viele regulatorische Eingriffe seitens des Staates eher schädlich statt förderlich sind. Das gilt auch für die gewerblichen Bereiche. Umso rätselhafter ist es, dass die Berliner Koalition über eine Bundesratsinitiative Gewerbemietspiegel und „die Verbesserung eines angemessenen Kündigungsschutzes“ für Gewerbemietverträge einführen möchte. Nicht nur, dass dies zu weiteren Verunsicherungen z.B. bei Investoren und Bestandhaltern führen würde: Derartige Eingriffe in die Vertragsfreiheit und das Eigentumsrecht können wohl kaum durch ein asymmetrisches Verhältnis zwischen Vermietern und gewerblichen Mietern begründet werden, so dass hier die nächste Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht droht.

Vor diesem Hintergrund gilt es, die zukünftigen Entwicklungen in Berlin abzuwarten, genau zu beobachten und einzuordnen. Fest steht in jedem Fall: Der Berliner Immobilienmarkt bleibt spannend!“

(Von: Maria Jansen, Niederlassungsleiterin Aengevelt Berlin)













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