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08.08.2023 Büromarkt: Preisfindung noch nicht abgeschlossen, Renditen steigen

Im zweiten Quartal 2023 sinkt der Victor Prime Office Indikator mit 4,8 Prozent etwas weniger stark als im Vorquartal (minus 5,7 Prozent). Der Indikatorstand für die beobachteten Toplagen der fünf deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München notiert damit Ende Juni 2023 bei 185,8 Punkten.

„Der Performancerückgang resultierte wie im Vorquartal überwiegend aus der Nachjustierung der Spitzenrenditen um 30 Basispunkte in Düsseldorf und je 25 Basispunkte an den übrigen vier Immobilienstandorten“, sagt Ralf Kemper, Head of Value and Risk Advisory JLL Germany. Generell ist das Transaktionsgeschehen nach wie vor äußerst gering und es gibt kaum Klarheit über das aktuelle Preisgefüge. Kemper erklärt: „Einige hochklassige Deals funktionieren noch auf überraschend hohen Preisniveaus, viele andere Vermarktungsaktivitäten münden hingegen nicht in Transaktionen, da sich die beteiligten Parteien nicht auf einen Preis einigen können.

Traditionell kaufkräftige institutionelle Investoren halten sich weiterhin zurück und geben – wenn überhaupt – zurückhaltende Gebote ab. Opportunisten beginnen, aus diesem Vakuum entstehende Chancen zu suchen, allerdings erreichen deren Angebotsniveaus nicht die Vorstellungen der Verkäufer. Aus diesem Sentiment in Verbindung mit weiteren Zinserhöhungen sowie auf Basis der Analyse der wenigen Transaktionen, wie beispielsweise dem Verkauf des Cube 10 in Hamburg von Amundi an Ofi Invest, wurde eine erneute Anpassung der Spitzenrenditen abgeleitet.“

Während die Büromietmärkte einer drohenden Krise lange Zeit zu trotzen vermochten, ist nun auch hier eine Abkühlung spürbar. Das Vermietungsvolumen an den fünf Topstandorten fällt im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um rund 32 Prozent geringer aus. Unternehmen sind angesichts der konjunkturellen Schwäche vorsichtiger bei der Neuanmietung von Flächen. „Die Nachfrage konzentriert sich auf kleinere und zunehmend auf hochwertigere Flächen“, erläutert Kemper. Damit setze sich die Spreizung fort: „Topflächen sind gefragt und erzielen hohe und weiter steigende Mietpreise, abseits davon halten sich Angebot und Nachfrage die Waage.“

In den im Victor betrachteten Premiumlagen der fünf Immobilienhochburgen ist nach wie vor eine rege Vermietungsaktivität im Gange, der Leerstand ist sehr gering und im Vergleich zum Vorquartal sogar leicht rückläufig. So reichen die Leerstandsraten von 1,5 Prozent in der Münchner Spitzenlage bis zu 8,5 Prozent in Düsseldorfs Innenstadtlage. Kemper ergänzt: „ESG-Konformität spielt die entscheidende Rolle für die Einschätzung zukünftiger Erträge von Investoren. Bei Investmentkalkulationen zu Core-plus- oder Value-add-Immobilien, also Liegenschaften, die durch Renovierung und Abvermietung am Markt neu positioniert werden können, werden unisono potenzielle Mietsteigerungen bei der Modellierung von Mietcashflows berücksichtigt. Unsicherheit besteht allerdings weiterhin bei der Kalkulation des Exitwerts nach Durchführung der Maßnahmen. Die erzielbaren Kaufpreisfaktoren sind im aktuell volatilem Zins- und Finanzierungsumfeld nach wie vor nicht zuverlässig greifbar.“

Jahresperformance sinkt so kräftig wie noch nie

Im zweiten Quartal 2023 erzielt das Schlusslicht des Vorquartals – Düsseldorf – nun mit minus 3,9 Prozent die geringste negative Quartalsperformance. Der neue Indikatorstand notiert bei 166,8 Punkten. In der Stadt am Rhein ist die Marktmiete vergleichsweise kräftig gestiegen und hat den Effekt des Renditeanstiegs stärker abgemildert als an den anderen betrachteten Standorten. Zudem ist die Leerstandsrate im Vergleich zum Vorquartal gesunken. Die Frankfurter Bankenlage liegt ebenfalls dank positiver Mieteffekte mit minus 4,6 Prozent auf dem zweiten Platz und dem neuen Indikatorstand von 170,6 Punkten. Nur knapp dahinter folgt die Münchner Spitzenlage mit minus 4,7 Prozent auf 198,4 Punkte. Insbesondere eine deutliche Erhöhung der Spitzenmiete hat dazu beigetragen. Stagnierende Mieten resultieren in der Hamburger Innenstadt in einer Quartalsperformance von minus 5,4 Prozent auf den neuen Indikatorstand von 201,5 Punkten. Die schwächste Performance weist Berlin mit minus 5,6 Prozent und 202,3 Punkten auf.

Der erneute Rückgang der Quartalsperformance bringt die über alle Standorte gerechnete Jahresperformance noch tiefer in den negativen Bereich. Mit 19,4 Prozent erreicht das Jahresminus einen Negativrekord. Die Rangfolge der Städte ist dabei ähnlich wie im Vorquartal. Erneut erzielt München mit minus 17,2 Prozent noch das beste Ergebnis. Dank der vergleichsweise guten Quartalsentwicklung folgt die Düsseldorfer Bankenlage mit minus 17,4 Prozent. Die Hamburger Innenstadt landet mit minus 19,6 Prozent im Mittelfeld und den letzten Platz teilen sich die Berliner Spitzenlagen und die Frankfurter Bankenlage (beide minus 21,1 Prozent).

Der Victor Indikator ist nun auf einem ähnlichen Stand wie im zweiten Quartal 2018, wobei die Städte deutliche Unterschiede aufweisen. Während Berlin, Düsseldorf und Hamburg im Durchschnitt liegen, sind die Wertverluste in Frankfurt am höchsten. Dort ist der Indikator auf das Niveau des zweiten Quartals 2017 gefallen. München schlägt sich mit einem Indikatorrückgang auf den Stand Mitte 2019 am wackersten.

„Die großen Fragen lauten: Wann werden sich Eigentümer von ihren Immobilien trennen und wie viel Produkt wird dann gleichzeitig auf den Markt kommen? Ist das Ausbleiben von adäquatem Investmentprodukt nur eine Preisfrage oder eine Grundsatzfrage? Wird die zunehmende Akzeptanz auf Verkäuferseite, dass das ,alte‘ Preisniveau nicht mehr erzielbar ist, gebremst durch einen Verkaufsdruck, der noch nicht groß genug ist? Die Finanzierungsausläufe wirken im Gegensatz zur Zeit der Finanzkrise oft konservativ, woraus sich möglicherweise Spielraum bei Anschlussfinanzierungen ergeben könnte.

Sehr wahrscheinlich scheint es, dass die Renditen im weiteren Jahresverlauf weiter, jedoch langsamer steigen werden. Es bleibt abzuwarten, ob der Refinanzierungsdruck angesichts fallender Werte und zunehmender Anforderungen von Banken (zum Beispiel hinsichtlich Deckungsquoten) steigt und zu größerer Verkaufsbereitschaft führt oder ob Verkäufer die derzeitige Preisentwicklung nur als temporäre Delle sehen, die es durchzustehen gilt, bis zu der erwarteten mittelfristigen Stabilisierung des Preisgefüges“, schlussfolgert Ralf Kemper.













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