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06.09.2023 Immobilienerbschaften: Sollen Erblasser das Erben lassen?

Bei vielen Gesetzen tut sich die Politik schwer, beispielsweise bei den heftig diskutierten, noch ausstehenden Erhöhungen der Freibeträge. Manche Dinge verlangen allerdings zügiges Handeln: Zu Beginn des Jahres trat die Änderung der Erbschaftssteuer in Kraft. Gegen heftigen Widerstand wohlgemerkt. Viele tatkräftige, arbeitssame Menschen sehen sich nun mit einem drastischen Aufschlag ihrer Erbschaftssteuer konfrontiert. Gerade bei gepflegten Immobilien in Bestlagen droht Erben eine schmerzhafte Erhöhung um nahezu ein Drittel. Wie viel Altersvorsorge steckt für Erben noch im Familienhaus? Die Kapitalinvest-Experten von WBD Immo zeigen, worauf Erbende und Vererbende achten sollten, um die finanzielle Zukunft der nächsten Grundstücksgeneration zu sichern.

Was beinhaltet die neue Regel?

Am 2. Dezember 2022 beschloss der Bundestag neue Bewertungsrichtlinien für Immobilienerbschaften. Konkret betrifft das rund 150 Millionen Euro, denn fast die Hälfte des durchschnittlichen Jahreserb- und Schenkvolumens von über 300 Milliarden Euro setzt sich aus Betongold zusammen. Der Wert dieser Immobilien richtet sich seit der Gesetzesänderung nach dem aktuellen Verkehrswert des Hauses oder der Wohnung. „Tatsächlich führt dieser neu erzwungene Maßstab häufig zu einem deutlich höheren Sachwert“, bekundet Julian Bertlein, Kapitalspezialist bei WBD Immo. Für die Bewertung einer Immobilie liegen drei Verfahren vor:

• Sachwertverfahren: Der Wert der Immobilie hängt von Herstellungs- oder Wiederbeschaffungskosten ab. Bei selbstgenutzten Immobilien wie Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern spielt dieses Verfahren die entscheidende Rolle.

• Ertragswertverfahren: Der Wert der Immobilie hängt von zu erwartenden Einnahmen ab. Dies kommt meist bei vermieteten Immobilien zum Tragen.

• Vergleichswertverfahren: Der Wert der Immobilie fußt auf vergleichbaren Immobilien in der Umgebung ab.

In Zahlen: Bisher lag der Sachwertfaktor für Ein- und Zweifamilienhäuser zwischen 0,5 und 1,5. Mit der Gesetzänderung schraubte er sich auf Faktor 0,8 bis 1,8 hoch. Zudem sanken die Liegenschaftszinssätze. Weiterhin treibt der eingeführte Regionalisierungsfaktor in bestimmten Lagen wesentlich den Wert an.

Da die Preise für Immobilien in den letzten Jahren zuverlässig in die Höhe kletterten, die Freibeträge jedoch seit 14 Jahren stagnieren, wirkt sich das tüchtig auf die zu zahlende Erbschaftssteuer aus. Auch sie wandert steil nach oben. Eigentümerverband „Haus und Grund“ fürchtet je nach Lage und Zustand eine Aufwärtsbewegung des zu versteuernden Wertes um teilweise bis zu 30 Prozent. Erben werden also quasi für den Fleiß ihrer Eltern bestraft. Doch wie immer gilt: Wissen bringt Kontrolle.

Tipps für das Erb-Verfahren:

1. Freibeträge kennen

Wer die Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer kennt und nutzt, hält die Steuer niedrig. Bei Ehepartner:innen und eingetragenen Lebenspartner:innen beträgt der Erbschaftssteuerfreibetrag 500.000 Euro, bei Kindern, Stief- und Adoptivkindern sowie Enkeln, deren Eltern verstorben sind, 400.000 Euro – jedes Elternteil pro Kind. Leben deren Eltern noch, liegt für Enkel der Freibetrag bei 200.000 Euro. Eine häppchenweise Übertragung der Immobilie mit sorgfältiger, frühzeitiger Planung und mehreren Teilschenkungen lohnt sich!

2. Vergleichswert einholen

Ebenfalls eine gute Nachricht ist die Vorrangigkeit des Vergleichswertverfahrens gegenüber Sachwert- und Ertragswertverfahren. Fehlen Vergleichswerte für eine Immobilie, greift die neue Regel – und nur dann! Von daher empfiehlt es sich, ein Vergleichswertverfahren anzustreben. Zwar erfordert dies eine etwas umfangreichere Datenlage und somit etwas mehr zeitliches Invest. Doch gilt es als präzise und eignet sich für verschiedene Immobilienarten. Anders als Sachwert- und Ertragswert spiegelt es das tatsächliche Geschehen auf dem Markt realistisch wider.

3. Trautes Familienheim Glück allein

Verheirate Personen beziehungsweise mit gesetzlich eingetragenen Lebenspartnern oder Lebenspartnerinnen sowie Eltern haben Glück. Sowieso, aber auch steuerlich gesehen. Denn sie verfügen über die grundsätzlichen Voraussetzungen für ein sogenanntes Familienheim. Ein solches Familienheim bringt steuerliche Begünstigungen, wenn der Erblasser das Haus oder die Wohnung bis zu seinem Tod selbst nutzt. Falls nicht, können Erblasser zwingende Gründe angeben, die sie an einer Selbstnutzung hindern. Allerdings wünscht sich niemand solche Bedingungen: Als zwingender Grund gilt es, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen eine unabhängige Haushaltsführung durchkreuzen und externe Hilfe ein vertretbares Ausmaß sprengt. Nach dem Tod oder dem zwingend nötigen Auszug des Erblassers müssen Kinder oder Partner binnen sechs Monaten in die geerbte Immobilie einziehen und dort mindestens eine Dekade leben. Ein kleiner Haken zwickt: Beim Vererben an Kinder herrscht ein Größenlimit von 200 qm. Geht die Immobilie an den oder die Partner oder Partnerin über, existiert keine Grenze nach oben. Nach zehn Jahren des Wohnens fällt die Steuerbefreiung nachträglich weg.


















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