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15.09.2023 Due Diligence: Karlsruher Richter verschärfen Aufklärungspflicht

Heute hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein wichtiges Urteil zu den Auswirkungen der Durchführung einer Ankaufsuntersuchung durch den Käufer einer Immobilie, sogenannte Due Diligence, auf die Aufklärungspflichten des Verkäufers gefällt. Die Karlsruher Richter entschieden, dass der Verkäufer, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Informationen und Unterlagen gewährt, seine Aufklärungspflicht hierdurch nur erfüllt, wenn und soweit er erwarten kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von den offenbarungspflichtigen Umständen erlangen wird. Es reiche nicht aus, Unterlagen ohne entsprechenden Hinweis kurz vor dem geplanten Vertragsabschluss in einen virtuellen Datenraum einzustellen.

Im konkreten Fall ging es um Sanierungskosten in Millionenhöhe. Die Informationen hierzu wurden ohne gesonderten Hinweis einen Bankarbeitstag vor dem Notartermin vom Verkäufer in den Datenraum eingestellt. Das OLG Celle hatte in der Vorinstanz vor allem den Käufer in der Pflicht gesehen, sich alle notwendigen Informationen vor Vertragsabschluss zu beschaffen. Der BGH sieht das anders und konkretisiert die Pflichten des Verkäufers in seinem heutigen Urteil. Das OLG muss nun erneut verhandeln und offene Fragen klären.

Dr. Kathrin Groß, Rechtsanwältin bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland, kommentiert die BGH-Entscheidung: „Hiermit setzt der BGH seine Rechtsprechung zur Offenlegung von Informationen bei Immobilientransaktionen fort. Die Möglichkeit des Käufers, sich Kenntnis von offenbarungspflichtigen Umständen zu verschaffen, schließt die Pflicht des Verkäufers zur Aufklärung nicht von vorneherein aus. Vielmehr ist der Verkäufer verpflichtet, den Käufer auf Mängel oder sonstige kaufrelevante Umstände hinzuweisen, die – sei es bei einer Besichtigung der Immobilie oder aus übergebenen Unterlagen zum Objekt – nicht ohne Weiteres ins Auge springen. Gemäß dem BGH-Urteil gelten diese Grundsätze nunmehr ausdrücklich auch für Datenräume.“

Die auf die Real Estate-Branche spezialisierte Anwältin erklärt: „Nach den Klarstellungen des BGH reicht es nicht mehr aus, Unterlagen zur Immobilie in einen Datenraum einzustellen und dem Käufer allein die Prüfung und Bewertung im Rahmen seiner Due Diligence zu überlassen. Vielmehr trifft den Verkäufer die Pflicht, den Käufer auf alle Umstände rechtzeitig hinzuweisen, die für dessen Kaufentscheidung erkennbar relevant sind. Die frühzeitige Aufklärung des Käufers gewinnt an Relevanz. Der Hinweis auf die kaufrelevanten Umstände und die Vereinbarung eines Cut-off-Dates, ab dem keine Unterlagen mehr in den Datenraum eingestellt werden, sollten aus Sicht eines Verkäufers künftig in keinem Kaufvertrag mehr fehlen.“

M&A-Anwältin Anna-Lena Löcherbach von CMS ergänzt mit Blick auf Transaktionen außerhalb der Immobilienbranche: „Für Transaktionen generell gilt: Das Einstellen von Unterlagen in einen Datenraum entbindet den Verkäufer nicht per se von seinen Aufklärungspflichten. Vielmehr erfüllt der Verkäufer diese nur, wenn und soweit er die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von den offenbarungspflichtigen Umständen erlangen wird. Dies hängt unter anderem davon ab, ob eine Due Diligence Prüfung durchgeführt wird, wie der Datenraum und der Zugriff hierauf strukturiert und organisiert sind, wie leicht die Unterlagen zu finden sind und dass diese rechtzeitig vor Vertragsschluss in den Datenraum eingestellt worden sind. Die Anforderungen an den Verkäufer zur Strukturierung einer Transaktion sind durch das BGH-Urteil gestiegen.“






















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