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04.10.2023 Cherry Picking: Alternative Finanzierer sind vorsichtig geworden

Hohe Inflation, gestiegene Zinsen und sinkende Marktwerte vieler Immobilien gehen auch an alternativen Finanzierern nicht spurlos vorbei, das zeigt der neunte Mezzanine Report der FAP Group. Ganz im Gegenteil: Erste Ausfälle bei bestehenden Finanzierungen zeigen ihre Wirkung. Nahezu alle institutionellen Anleger haben die direkte Vergabe von Mezzanine-Kapital eingestellt. Entsprechend ist der Anteil der Befragten, die positiv in die Zukunft blicken, deutlich gesunken. Immerhin noch 40 Prozent der Umfrageteilnehmer (Vorjahr: 53 Prozent) erwarten in den nächsten zwölf Monaten eine zunehmende Nachfrage nach alternativen Finanzierungslösungen.
Kein Wunder, denn die aktuelle Marktsituation mit der verbreiteten Zurückhaltung von Banken spielt alternativen Finanzierern durchaus in die Hände. Eine steigende Anzahl von Finanzierungsmöglichkeiten gepaart mit gestiegenen Zinsen und reduzierten Marktwerten vieler Immobilien erlauben Ausreichungen für Mezzanine-Kapital zu Finanzierungsausläufen, die bisher eher als „Stretched Senior“ bezeichnet wurden. Die Risikoposition fällt demnach geringer aus.

„Die aktuelle Marktphase zeigt, welche Kreditfonds bei der Vergabe von Nachrangkapital Schwächen in der handwerklichen Umsetzung aufweisen. Jetzt treten große Qualitätsunterschiede zutage, die vorher keiner wahrhaben wollte“, sagt Hanno Kowalski, Managing Partner FAP Invest. „So haben aktuell insbesondere Investments in Finanzierungen ein Problem, bei denen das Immobilienprojekt von der Entwicklungsphase bis zur Fertigstellung nicht durchfinanziert ist. Ähnliches gilt für Finanzierungen, die nicht zumindest innerhalb der Laufzeit des Darlehens auf real geschaffene und im Fall eines Verkaufs erzielbare Ist-Werte abgestellt sind.“

Entsprechend dreht sich der Markt weg von Projektentwicklungen hin zu Bestandsimmobilien. Eine Finanzierung für Projekte zu erhalten, ist nur noch mit erhöhtem Eigenkapitaleinsatz möglich. Gänzlich vorbei scheint die Zeit, in der Finanzierer besonders gerne in Grundstücke investierten, weil sie auf hohe Renditen durch Baurechtsschaffung oder Bebauung spekulierten. Diese Entwicklung bedeutet auch: Die Debt Yield, eine in den Vorjahren bei der Vergabe von Mezzanine-Tranchen oft verkannte Kennzahl, rückt wieder in den Mittelpunkt. Alternative Finanzierer schauen wieder vermehrt auf den Cashflow.

Ging die Tendenz in den vergangenen Jahren eindeutig hin zu größeren Tickets, werden sie nun deutlich kleiner: Finanzierungsbeträge von über 100 Millionen Euro vergeben nur noch rund sechs Prozent der Umfrageteilnehmer – 2022 waren es noch doppelt so viele. Die favorisierte Größenordnung der meisten alternativen Finanzierer liegt aktuell bei 10 bis 50 Millionen Euro.

Eigenkapitalanforderungen steigen - Finanzierungsausläufe sinken

Bezifferte FAP den durchschnittlichen Loan-to-Value (LTV) für Bestandsimmobilien im vergangenen Jahr noch bei knapp 85 Prozent, rutscht er in diesem Jahr auf 80,6 Prozent. Damit ein Projekt für einen alternativen Finanzierer derzeit überhaupt in Frage kommt, müssen in der Regel mindestens 15 Prozent Eigenkapital eingebracht werden – Tendenz steigend. Das spiegelt sich auch im durchschnittlichen Loan-to-Cost (LTC) in Höhe von 84,4 Prozent wider (Vorjahr 87,5 Prozent).

„Mezzanine rutscht in der aktuellen Marktphase im Capital Stack deutlich nach unten, und es kommt eine Qualität in den Markt, die es so in den vergangenen Jahren unter Risikogesichtspunkten nicht gegeben hat“, sagt Kim Jana Hesse, Head of Capital Partners FAP Finance.

Whole Loans sind nochmals attraktiver geworden, sowohl aus der Sicht der Darlehensgeber als auch der Darlehensnehmer. Sie gelangen mit ihrem Mix aus klassischer Senior- und ergänzender Nachrangfinanzierung vielfach in die Position, in der sich noch vor einem Jahr reine Seniordarlehen befanden. Nur mit Whole Loans lassen sich also noch Finanzierungsausläufe erreichen, die zuvor der Senior allein dargestellt hat.

Wohnen und Mixed-Use im Fokus – starke Zuwächse bei Hotels und Freizeitimmobilien
Alle Umfrageteilnehmer gaben an, die Assetklassen „Mixed-Use“ und „Wohnen“ zu begleiten. Lagen Büroimmobilien im vergangenen Jahr noch auf Platz zwei, rutschen sie nun auf Platz drei – auch wenn sich nach wie vor 94 Prozent der Befragten in Büros engagieren. Hotel- und Freizeitimmobilien verzeichnen eine kräftige Erholung: 66 Prozent der Teilnehmer gaben an, Hotelimmobilien zu finanzieren – ein Plus von 20 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Freizeitimmobilien finanzieren 34 Prozent der Umfrageteilnehmer, im Jahr 2022 lag der Wert noch bei 11 Prozent. Bei der beliebten Assetklasse Wohnen stehen insbesondere A- und B-Städte im Mittelpunkt – und dort sind vor allem erstklassige Lagen erwünscht.

Die Befragung für den neunten Mezzanine Report der FAP Group erfolgte im Zeitraum Februar bis Juni 2023. Zum ersten Mal seit der Einführung des Mezzanine Reports kann die FAP Group in diesem Jahr das Volumen an Mezzanine-Finanzierungen nicht bemessen. Zu gering war die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Finanzierungen, zu kleinteilig das Volumen. Große Transaktionen haben so gut wie nicht stattgefunden, und das zur Verfügung stehende freie Nachrangkapital wurde diversifizierter eingesetzt.

















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