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11.10.2023 Zukunftsfinanzierungsgesetz: Was Startup-Standorts besser macht

Deutschland braucht Innovationen. Doch die Rahmenbedingungen für Startups könnten besser sein. In Frankreich hat die Politik schon vor Jahren reagiert und die dortige Startup-Szene binnen weniger Jahre vorangebracht: 2022 lagen die Investitionen in französische Startups laut dem Londoner Risikokapitalgeber Atomico mit 14,6 Milliarden US-Dollar deutlich über dem Wert in Deutschland – hier flossen jungen Unternehmen 2022 lediglich 10,8 Milliarden US-Dollar zu. Auch im ersten Halbjahr 2023 hat sich diese Situation nicht verändert. Jetzt will die Bundesregierung mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz gegensteuern und den Finanzplatz Deutschland attraktiver machen, mehr privates Kapital mobilisieren und mit Hilfe von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen dafür sorgen, dass Startups auch für Fachkräfte attraktiver werden.

So soll das Zukunftsfinanzierungsgesetz aussehen

Aktuell liegt das Gesetz dem Bundesrat vor und könnte noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Es sieht in seiner jetzigen Form höhere Steuerfreibeträge für Mitarbeiterbeteiligungen vor und mildert das Problem der „Dry-Income-Besteuerung“ merklich ab. Dieses Problem entsteht, wenn Mitarbeiter Steuern auf nicht realisierte Buchgewinne ihrer Mitarbeiter-Aktien bezahlen müssen, was in der Vergangenheit oftmals zu großen Liquiditätsbelastungen führte.

Weitere geplante Maßnahmen sind eine niedrigere Mindestmarktkapitalisierung bei Börsengängen von nur noch einer Million Euro sowie der Verzicht auf einen sogenannten Mitantragsteller bei Börsengängen, was bislang eine hohe regulatorische Hürde für Unternehmen war, die in Deutschland an die Börse strebten. Auch sollen Unternehmen künftig Mehrstimmrechts-Aktien herausgeben können – das ermöglicht es Unternehmen etwa, Anteile zu verkaufen und im Gegenzug Kapital zu erhalten, die Stimmrechtsmehrheit in Entscheidungsgremien aber zu behalten. Im Gegenzug soll der Schutz für Investoren ohne Mehrheitsstimmrechte ausgebaut werden. Weitere Innovationen umfassen mehr Digitalisierung, wie etwa ein elektronisches Wertpapierregister sowie eine zeitgemäße Finanzmarktaufsicht, die künftig auch Englisch spricht.

Mitarbeiteraktien und Fachkräfte: Es braucht eine neue Kultur

Der aktuelle Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes weist in die richtige Richtung und könnte für Investoren, aber auch für Fachkräfte und Gründer ein Startschuss sein. Zwar fallen etwa die geplanten steuerfreien Höchstbeträge bei Mitarbeiterbeteiligungen mit 5.000 Euro noch immer gering aus, doch soll sich der Betrag immerhin mehr als verdreifachen. Auch die Maßnahmen gegen die Dry-Income-Besteuerung dürften Fachkräfte mit Mitarbeiter-Aktien oder Aktien-Optionen in Zukunft ruhiger schlafen lassen.

Während der Abbau regulatorischer Hürden bei Börsengängen für Startups in die Kategorie „Nice to have“ fällt – erfolgreiche Geschäftsmodelle werden diesen einmaligen Vorgang auch unter wenig zeitgemäßen Bedingungen meistern – bieten die Innovationen bei Mitarbeiterbeteiligungen große Potenziale. Gerade junge Startups adressieren mit ihren Geschäftsmodellen akute Probleme und sind innerhalb ihrer Branche in der Regel Disruptoren. Um komplexe Herausforderungen zügig zu meistern, kommt es auf kluge Köpfe und intakte Teams an. Mitarbeiteraktien können dafür sorgen, dass Startups Profis auf ihrem Gebiet von sich überzeugen können und zugleich die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen steigt. Damit die neuen Möglichkeiten, die das Zukunftsfinanzierungsgesetz bieten wird, innerhalb der Startups auch gelebt werden, müssen auch die Unternehmen tätig werden: Arbeitgeber müssen das Instrument der Mitarbeiteraktien erklären, Hilfestellung in der Praxis geben und vor allem auch die eigenen unternehmerischen Ziele transparent mit dem Team teilen. Nur so werden Mitarbeiteraktien ihre Stärken ausspielen können.

Startups sollten neue Möglichkeiten schnell nutzen

Auch die anderen zentralen Veränderungen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes sorgen für mehr Flexibilität – beispielsweise kann die Option auf Mehr-Stimmrechtsaktien dafür sorgen, dass Investoren und Startups künftig noch besser zusammenfinden und individuelle Lösungen Investitionen erst möglich machen. Auch wenn das Zukunftsfinanzierungsgesetz die Rahmenbedingungen für Startups verbessern wird, bedarf es mehr: Unternehmen müssen die neuen Möglichkeiten zügig in Anspruch nehmen und für positive Beispiele aus der Praxis sorgen. Dann dürften mittelfristig auch Anpassungen – etwa bei Mitarbeiterfreibeträgen – möglich sein.

Die Gesetzgeber müssen erkennen, dass die Rahmenbedingungen für junge Unternehmen nicht ausschließlich von einem Gesetz abhängen. Bürokratieabbau, Digitalisierung und Effizienz sollten der Politik auch bei künftigen Gesetzesvorhaben Leitlinien sein. Wenn das gelingt, kann das Zukunftsfinanzierungsgesetz in der Rückschau wirklich zur positiven Wende in der deutschen Startup-Politik werden.


(Kommentar von Matthias Schmidt, CEO der Kompass Group)


















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