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21.11.2023 Auswirkungen der Euro-Aufwertung auf die EZB-Geldpolitik

Seit Anfang November konnte der Euro im Vergleich zum US-Dollar deutlich aufwerten – von knapp 1,06 auf über 1,09 EUR/USD. Hintergrund ist der schon seit Monaten schwelende Haushaltsstreit in den USA, der am 17. November in einem Ausgabenstopp der US-Regierung (government shutdown) hätte gipfeln können. Zwar wurde dies durch eine vorübergehende Einigung zwischen Demokraten und Republikanern vermieden, der Euro legte jedoch weiter zu. Einerseits wird befürchtet, dass die Regierung nach dem Auslaufen der kurzfristigen Vereinbarung im Januar doch noch die Zahlungen für nicht vorrangige Bereiche des US-Haushalts – bspw. für Bedienstete von Museen und Nationalparks – einstellen muss. Andererseits verändern sich auch die wichtigsten fundamentalen Treiber der Währungsrelation immer eindeutiger:

• Die US-Wirtschaft dürfte sich in den kommenden Quartalen abkühlen. Eine Rezession im Laufe des Jahres 2024 ist dabei nicht ausgeschlossen. Demgegenüber stehen die Zeichen für die Wirtschaft in der Eurozone auf Erholung. Diese wird zwar nur langsam verlaufen, aber der bisherige Wachstumsunterschied zugunsten der US-Volkswirtschaft dürfte abnehmen. Die in dieser Woche anstehenden Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone und für die USA sollten diese Erwartung untermauern.

• Auch wegen der konjunkturellen Abkühlung und angesichts der voraussichtlich weiter sinkenden Inflationsdynamik sind Leitzinssenkungen der US-Notenbank Fed ab dem Frühjahr 2024 nicht unwahrscheinlich. Da im November Präsidentschaftswahlen anstehen und die Notenbanker in der Regel zeitlich nah am Urnengang keine geldpolitischen Schritte umsetzen sollen, spricht sogar einiges für einen zweiten Zinsschritt im Frühsommer. Demgegenüber dürfte die Europäische Zentralbank EZB erst später nachziehen, womit auch der Zinsvorteil des Dollarraums abnimmt.

Selbst wenn der bevorstehende Anlauf auf die Marke von 1,10 EUR/USD eine weitere Aufwertung vorerst verhindern sollte, ist mit Blick auf die kommenden Monate mit einer stärkeren Tendenz der Gemeinschaftswährung zu rechnen. Dadurch würde für die Inflation in der Eurozone ein dämpfender Effekt ausgehen, denn auf den Weltmärkten in Dollar eingekaufte Rohstoffe, Güter und Transportdienstleistungen würden sich verbilligen – ein Faktor, der auch der EZB früher als vielfach erwartet eine erste Leitzinssenkung erlauben könnte.

(by: Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL)



















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