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24.11.2023 Baukostenersparnis durch Umstrukturierung der Stellplatzpflicht

Der Immobiliendienstleister Aengevelt fordert hinsichtlich gestiegener Baukosten und Zinsen innovative Lösungen, um insbesondere den drastisch nachlassenden Wohnungsbau wieder anzukurbeln. Angesichts der zunehmenden Verbreitung moderner Verkehrskonzepte empfiehlt Aengevelt u.a. den Verzicht auf die Pflicht, PKW-Stellplätze zu schaffen. Dadurch können je nach Projekt Herstellungseinsparungen in einer Größenordnung von bis zu 10 Prozent erreicht werden.

Die Pflicht, beim Bau von Wohnungen, Büro- und Handelsimmobilien Kfz-Stellplätze zu schaffen, geht auf die Reichsgaragenordnung aus dem Jahr 1939 zurück. Heute findet sich eine fast gleichlautende Formulierung in den meisten Bauordnungen der Länder, die überdies Landesstellplatzordnungen erlassen haben. Die Kommunen können mit Stellplatzsatzungen und Bebauungsplänen noch über diese Anforderungen hinausgehen. So werden inzwischen z.T. bis zu zwei Stellplätze je Wohneinheit gefordert.

Insbesondere in Großstädten können die geforderten Stellplätze oft nur durch kostenintensive Tiefgaragen nachgewiesen werden. Bei konventionellen Herstellkosten von bis zu EUR 30.000 erhöht die Schaffung eines Stellplatzes die Baukosten einer Wohneinheit um durchschnittlich bis zu 10 Prozent. Die meisten kommunalen Satzungen stehen in begründeten Ausnahmefällen die Möglichkeit einer Ablösezahlung vor, die dann in vielen Städten indessen auch bei EUR 10.000 oder mehr je Stellplatz liegt.

Indes haben zahlreiche Kommunen eine Verkehrswende eingeleitet. Klimaorientierte Verkehrskonzepte sehen vor, den Kraftfahrzeugverkehr zu reduzieren, indem u.a. der ÖPNV ausgebaut wird, Sharing- und Shuttle-Angebote forciert und der Fußgänger- und Radverkehr erleichtert werden. Teilweise wird sogar die Zahl der Kfz-Stellplätze im öffentlichen Raum reduziert, um die Attraktivität des PKW-Verkehrs zu verringern und Autofahrer zum Wechsel auf andere Verkehrsmittel zu bewegen.

Vor dem Hintergrund zukünftiger Mobilitätskonzepte ist die Stellplatzpflicht veraltet. Nach einer Untersuchung der Hochschule Rhein-Main stehen im dortigen Ballungsraum schon heute 30 Prozent aller privaten Stellplätze leer, weil sie nicht mehr benötigt werden. Dieser Anteil dürfte sich in Zukunft noch deutlich erhöhen.

Die Stadtstaaten Berlin und Hamburg haben die generelle Stellplatzpflicht bereits abgeschafft. In Berlin errichtet z.B. die HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft in der Rummelsburger Bucht eine Wohnanlage mit 169 Wohneinheiten, die nur zwei Kfz-Stellplätze aufweist, dafür aber 400 Fahrradeinstellmöglichkeiten. Solche Projekte zeigen, dass bei leistungsfähigem ÖPNV-Anschluss und einem attraktiven Car-Sharing-Angebot ein größerer Verzicht auf Stellplätze als bislang möglich ist. Alternativ können Bauträger aber auch mit öffentlich zugänglichen Garagen kooperieren oder Shuttle-Angebote organisieren.

Aengevelt Research verweist zudem noch auf einen paradoxen Effekt der Stellplatzpflicht: Wenn bei Bauvorhaben, gleich, ob es sich um Wohnungsbau, Bürobau oder Bau von Handelsimmobilien handelt, oberirdische Stellplätze geschaffen werden, verringert sich Bebauungsdichte zugunsten ökologisch wertloser Parkplatzflächen. Dadurch steigen die Kosten für die Verkehrsinfrastruktur, die Wege werden länger, der ÖPNV und das gesamte Verkehrssystem werden ineffizienter. Die Stellplatzpflicht erschwert somit die Verkehrswende und bedarf der Neufassung.

Angesichts der Notwendigkeit, den Wohnungsneubau attraktiver zu machen und nachhaltig anzukurbeln, muss sicherlich ein Gesamtpaket mit der Kombination verschiedener Maßnahmen von staatlicher Förderung über schnelle Baulandausweisung bis hin zu Erleichterungen bei Genehmigungen etc. geschnürt werden. Hier kann indessen die Abschaffung bzw. Einschränkung der Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen durchaus ihren Beitrag zur Kostensenkung leisten.





















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