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08.01.2024 Auf dem Investmentmarkt für Immobilien ist der Tiefpunkt erreicht

Auf dem deutschen Investmentmarkt für Immobilien hilft nach einem historischen Tief derzeit nur der Blick nach vorne: Zum Jahresabschluss 2023 liegt das Transaktionsvolumen in Deutschland bei insgesamt 31,7 Milliarden Euro – ein Minus von 52 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit schließt 2023 als das schlechtestes Investmentjahr seit 2011 und unterschreitet den Zehnjahresschnitt um 58 Prozent. Im Dezember konnten zwar noch einige Transaktionen ins Ziel gebracht werden, und im Zuge der Stabilisierung der Zinsen registriert JLL auch wieder etwas mehr Aktivität – von einer klassischen Jahresendrallye war allerdings weit und breit nichts zu sehen. Dies belegen auch die Zahlen: Mit knapp 8,8 Milliarden Euro Transaktionsvolumen im vierten und damit auch stärksten Quartal des Jahres liegt der Beitrag der letzten drei Monate zum Gesamtjahresergebnis dennoch bei nur 28 Prozent. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre kam ein viertes Quartal auf 33 Prozent.

Dr. Konstantin Kortmann, Country Leader JLL Germany: „Das abgelaufene Jahr war für die Immobilienwirtschaft eine harte Prüfung. Auch das kommende Jahr wird wieder ein schwieriges, aber diesmal mit einer klareren Perspektive. Angesichts der Tatsache, dass die Zinssätze zumindest stabil bleiben sollten, bin ich optimistisch, dass 2024 der Tiefpunkt der Krise erreicht und sogar der Beginn einer Erholung im Immobiliensektor zu spüren sein wird. Aber es ist in der Branche allgemeiner Konsens, dass wir in den nächsten Jahren eine Menge harter Arbeit brauchen werden, um wieder in die Erfolgsspur zu kommen. Angesichts der vielen Herausforderungen von Zinsniveau bis hin zu geopolitischen Konflikten und dem globalen Superwahljahr 2024 wird sich zeigen, ob es eine langsame Erholung wird oder ob sich genug Dynamik für einen schnellen Aufschwung entwickeln kann.”

Langsam breitet sich wieder Zinsoptimismus aus

Kommt mit dem neuen Jahr also auch ein neuer Zyklus? Zumindest der Blick auf die Finanzmärkte und die Zinsentwicklung der letzten Wochen des Jahres 2023 zeigt, dass ein Wendepunkt erreicht sein könnte. Die Finanzierungskonditionen gemessen am fünfjährigen Swap-Satz lagen zum 29. Dezember bei leicht über 2,4 Prozent – ein Rückgang um mehr als 100 Basispunkte innerhalb von zwei Monaten und der niedrigste Stand seit September 2022. Ähnliches gilt für die Umlaufrendite deutscher Staatsanleihen. „Dieser Zinsoptimismus basiert auf der Erwartung der Marktteilnehmer, dass die Phase der Zinserhöhungen der Zentralbanken nicht nur vorbei ist, sondern dass im Laufe des Jahres 2024 sogar mit Zinssenkungen zu rechnen ist, auch wenn über den genauen Zeitpunkt einer ersten Zinssenkung sehr unterschiedliche Auffassungen kursieren“, sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

Vor allem die Europäische Zentralbank gibt sich in ihrer Rhetorik immer noch betont vorsichtig, die weitere Entwicklung der Inflation bleibt dabei der Gradmesser der künftigen Zinspolitik. JLL selbst rechnet mit einem ersten Zinsschritt nicht vor Juni. Wie auch immer die genaue Entwicklung sein wird: „Der aktuelle und zu erwartende Zinspfad sollte den Märkten und insbesondere der fremdkapitalintensiven Immobilienwirtschaft etwas mehr Planbarkeit und Sicherheit mit auf den Weg ins neue Jahr geben“, erwartet Scheunemann.

Angesichts der ansonsten herrschenden konjunkturellen und geopolitischen Unsicherheiten sind solche Impulse auch dringend nötig. Nichts ist für institutionelle und langfristig orientierte Investoren wichtiger als Planbarkeit und Handlungssicherheit. Immobilien bleiben ein wesentlicher Bestandteil eines ausgewogenen Anlageportfolios und Mittelzuflüsse internationaler Fonds- und Investmentgesellschaften zeigen ein wiedererlangtes Interesse an dieser Assetklasse.

Als ein Nadelöhr könnten sich die am Markt befindlichen Produkte erweisen. Doch nicht alle Bestandshalter werden es sich erlauben können, die Marktphase einfach „auszusitzen“. Der Investitionshöhepunkt des letzten Zyklus war 2019 mit einem Transaktionsvolumen zum Beispiel für Büroimmobilien in Höhe von rund 37 Milliarden Euro. „Eine fünfjährige Fremdfinanzierungslaufzeit vorausgesetzt, dürften in diesem Jahr viele Refinanzierungen anstehen, die möglicherweise nicht erfolgreich abgeschlossen werden können. Vor diesem Hintergrund erwarten wir eine Ausweitung des Immobilienangebots vor allem für Büroimmobilien. Für diejenigen, die weiterhin an die Zukunft des Büros glauben, dürften sich entsprechende Kaufgelegenheiten auch aus sogenannte Distressed Assets ergeben“, analysiert Scheunemann.

Mit Blick auf die kommenden Jahre könnte die Refinanzierungsthematik zu einem wesentlichen Aspekt werden. Global gesehen prognostiziert JLL, dass sich bis Ende 2025, basierend auf den durchschnittlichen Beleihungssätzen, auslaufende Kredite auf 2,1 Billionen US-Dollar belaufen werden. Neues Eigenkapital wird erforderlich sein, um die Beleihungsquoten stabil zu halten und die Schuldendienstbarkeiten weiterhin einzuhalten. Scheunemann warnt: „Das größte Risiko besteht bei Vermögenswerten, die in den letzten Jahren zu Spitzenbewertungen finanziert wurden.“

Die institutionellen Investoren werden wieder aktiver

Je nachdem, wie sich die Zentralbanken in ihrer Zinspolitik positionieren, könnte sich im Laufe des Jahres 2024 auch rasch eine dynamischere Aufwärtsentwicklung ergeben. „Aus der aktuellen Marktsituation heraus erachten wir für das Jahr 2024 ein Transaktionsplus von 20 bis 30 Prozent gegenüber 2023 als realistisch. Darin enthalten ist auch eine Rückkehr institutioneller Anleger, die nahezu das gesamte Jahr 2023 im Beobachtungsmodus operiert haben. Wir bemerken bereits, dass sie langsam aktiver werden und Immobilien wieder mehr in den Fokus rücken. Dies umso mehr, weil die Renditen von Staatsanleihen stark gesunken sind und bei realer Betrachtung nach Abzug der Inflation erneut in den negativen Bereich zurückgefallen sind“, sagt Jan Eckert, Head of Capital Markets JLL DACH.

Vom Rückgang beim Transaktionsvolumen um 52 Prozent sind Portfolio- und Einzeltransaktionen gleichermaßen betroffen. Mit Einzeltransaktionen wurde 2023 ein Volumen von knapp 20 Milliarden Euro erzielt (minus 49 Prozent), auf Portfoliodeals entfielen zwölf Milliarden Euro (minus 56 Prozent).

Großtransaktionen blieben im abgelaufenen Jahr eine Seltenheit. Die Liste der größten Deals 2023 führen drei Milliardentransaktionen an, darunter zwei im Segment Living: Im zweiten Quartal verkaufte Vonovia rund 30 Prozent der Anteile am Südewo-Portfolio an Apollo, aus dem dritten Quartal stammt der Verkauf von Supermärkten und Nahversorgern von x+bricks an Slate Asset Management. Im vierten Quartal kam es erneut zu einem Wohnportfolio-Anteilsverkauf: Vonovia beteiligte Apollo zu 30 Prozent an 31.000 Wohnungen in Norddeutschland.

Im dreistelligen Millionenbereich gab es 2023 insgesamt 49 Transaktionen, das ist im Vergleich zum Vorjahr mit 121 Verkäufen ein deutlicher Rückgang. Von den 49 Transaktionen entfielen mit 16 knapp ein Drittel auf die Assetklasse Logistik-Industrie, gefolgt von Living und Büro, die beide jeweils zehn Transaktionen beisteuerten.

Büroinvestments rangieren im Vergleich der Assetklassen nur noch auf Platz vier
Die sektoralen Trends haben sich auch im letzten Quartal fortgesetzt und insbesondere Büros standen unter Druck: „Der Markt für Büroinvestments ist 2023 nahezu völlig zusammengebrochen. Zum Jahresende machten Büroimmobilien nur noch knapp 17 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens aus, im Schnitt der vergangenen fünf Jahre waren es noch 33 Prozent gewesen“, analysiert Eckert. In absoluten Zahlen wurden 2023 lediglich 5,2 Milliarden Euro in diese Assetklasse investiert. Das ist der niedrigste Wert seit dem Zyklustief im Jahr 2009 nach der Finanzkrise und bedeutet im Jahr 2023 unter allen Assetklassen lediglich Platz vier.

Auf Platz eins landete die Assetklasse Living mit einem Anteil von knapp 29 Prozent vor dem Segment Logistik-Industrie mit 23 Prozent, was ein neuer Rekordwert seit Beginn der deutschlandweiten Erfassung durch JLL im Jahr 2006 ist. Einzelhandelsimmobilien kommen auf 17 Prozent. „Vor allem in der Logistik, bei Nahversorgungsimmobilien und Nischensektoren wie zum Beispiel Gesundheitsimmobilien gibt es nicht genügend Produkte, um die Nachfrage zu befriedigen. Das vorhandene Angebot jedoch trifft aufgrund der meist kleineren Volumina die derzeitigen Nachfragepräferenzen vieler Investoren“, beobachtet Eckert.

Auf die sieben Immobilienhochburgen entfielen mit 12,8 Milliarden Euro insgesamt 40 Prozent des deutschlandweiten Transaktionsvolumens. Der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr fällt mit 60 Prozent etwas stärker aus als außerhalb der Metropolen (minus 45 Prozent). Der Hauptgrund ist das schwache Abschneiden der Assetklasse Büro, bei der die sieben A-Städte üblicherweise und auch 2023 eine große Rolle spielten. 69 Prozent des deutschlandweiten Büro-Transaktionsvolumens entfiel im abgelaufenen Jahr auf diese Gruppe. Bei Living waren es 39 Prozent, bei Einzelhandel (26 Prozent) und Logistik-Industrie (24 Prozent) lediglich rund ein Viertel.

Anstieg der Renditen hat sich abgeschwächt – erstmals wieder positiver Leverage-Effekt

Die kräftig gesunkenen Anleiherenditen werden den Druck auf die Immobilienpreise und -renditen im neuen Jahr sicherlich etwas abmildern. „Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass Immobilien eine nachlaufende Assetklasse sind und sich Auswirkungen vergangener Zinserhöhungen noch gar nicht in vollem Umfang in den Immobilienbewertungen und -preisen widerspiegeln“, gibt Helge Scheunemann zu bedenken. „Wir rechnen deshalb für das Jahr 2024 grundsätzlich mit einer Seitwärtsbewegung bei den Renditen. Spielraum für einen Renditerückgang dürfte es dann frühestens im nächsten Jahr geben. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es 2024 für Investoren in bestimmten Segmenten des Marktes wieder interessante Einstiegsmöglichkeiten geben dürfte.“

Aktuell sieht JLL die Spitzenrendite für Büroimmobilien im Schnitt über die sieben Hochburgen bei 4,29 Prozent. Dieser Wert liegt um rund zehn Basispunkte unter der JLL-Prognose aus dem Oktober und deutet die oben bereits skizzierte Stabilisierung an, zumal auch Transaktionsevidenz vorhanden war. Im Jahresvergleich ergibt sich somit ein Plus von fast 100 Basispunkten und im Vergleich zum absoluten Renditetiefpunkt im ersten Quartal 2022 ein Anstieg um 166 Basispunkte. Bei gleichzeitig kräftig verbesserten Finanzierungskonditionen (Zins und Marge) ergibt sich zum Jahresende erstmalig seit Anfang 2022 bei vielen Investments wieder die Möglichkeit, durch den Einsatz von Fremdkapital einen positiven Leverage-Effekt zu erzielen.

Darüber hinaus sind auch die Renditen von Staatsanleihen stark gesunken und die Risikoprämie für Immobilien hat sich von ihrem Tiefpunkt zu Jahresbeginn auf aktuell 230 Basispunkte mehr als verdoppelt. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Blick auf die Renditen abseits von Core. In Zweitlagen betrug der Renditeanstieg seit dem ersten Quartal 2022 zwischen 192 und 259 Basispunkten je nach Ausstattungszustand, Laufzeit der Mietverträge und ESG-Konformität des Objekts. Dies verdeutlicht auch noch einmal den Qualitätsfokus der Investoren.

Für die anderen Assetklassen ergaben sich im Jahresverlauf 2023 sehr unterschiedliche Entwicklungen. Besonders im Einzelhandelssegment manifestieren sich die Unterschiede zwischen lebensmittelgeankerten Immobilien und Non-Food-Fachmärkten wie zum Beispiel Baumärkten. Für Letztere zogen die Anfangsrenditen im Jahresverlauf um 100 Basispunkte auf aktuell 5,90 Prozent an, während es bei Supermärkten oder Discountern mit einem Anstieg von nur 25 bis 60 Basispunkten deutlich moderater zuging. Shoppingcenter vergünstigten sich um weitere 50 Basispunkte auf 5,50 Prozent, das Gros der Renditeanpassung fand allerdings bereits in den Jahren zuvor statt.

Highstreet-Produkte und Wohnimmobilien erzielen die niedrigsten Spitzenrenditen

Als sehr preisrobust erweisen sich nach wie vor innerstädtische Geschäftshäuser, hier sieht JLL weiterhin hohe Verkaufsfaktoren. Die Spitzennettoanfangsrendite im Mittel der sieben Metropolen bleibt mit 3,50 Prozent relativ stabil und liegt nur knapp 30 Basispunkte über dem Vorjahresniveau. Neben Objekten in den Haupteinkaufsstraßen der Innenstädte sind Wohnimmobilien (Mehrfamilienhäuser) trotz eines Anstiegs der Spitzenrenditen um 73 Basispunkte mit im Schnitt 3,71 Prozent am teuersten. Logistikimmobilien, die in den vergangenen Monaten sogar kurzzeitig teurer waren als Büros, rentieren aktuell bei 4,41 Prozent und damit um 48 Basispunkte höher als zum Jahresende 2022.

„Für fast alle Assetklassen haben sich die zugrunde liegenden Mietpreise als wertstabilisierend erwiesen. Eine positive Entwicklung der Mieten sollte auch im neuen Jahr, wenngleich abgeschwächt, anhalten. Steigende finanzielle Belastungen der Unternehmen und Mieter durch steigende Löhne, Investitions- oder Nebenkosten engen den Spielraum für stärkere Mietsteigerungen jedoch dort ein, wo sich diese Kosten nicht an die Kunden weitergeben lassen“, gibt Jan Eckert einen Ausblick.























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