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18.01.2024 Blick auf die europäischen Immobilienmärkte: The Great Repricing

Die europäischen Immobilienmärkte gehen momentan durch das „Great Repricing“. Auch wenn sich Immobilienbewertungen in der Regel langsamer an externe Ereignisse – in diesem Fall Zinserhöhungen – anpassen als Aktienmärkte, ist die geldpolitische Straffung schon zu lange im Gange, als dass sie ignoriert werden könnte. Das „Great Repricing“ erfolgt in den einzelnen Ländern (wobei der britische Markt wie üblich der beste Indikator ist) und bei den verschiedenen Immobilienarten (Logistik und erstklassige Büroimmobilien an der Spitze) in sehr unterschiedlichem Tempo und Ausmaß. Letzten Endes kann man jedoch mit Sicherheit sagen, dass alle Standorte und alle Immobilienkategorien davon betroffen sein werden.

Die Ursachen für die Entwertung von Immobilienvermögen sind hinlänglich bekannt. Es handelt sich weder um das Platzen einer Blase wie in den neunziger Jahren noch um eine systemische Finanzkrise wie 2008, sondern um das Ende des Immobilienprivilegs in einer Negativzins-Ära. Seit Juli 2022 ist der Leitzins der EZB von 0 % auf 4,5 % angestiegen, um die Inflation zu bekämpfen. Der Sieg scheint für die EZB nahe, die als relativ junge Zentralbank ihre Glaubwürdigkeit erst noch aufbauen muss, indem sie sich als Falke positioniert.

Der derzeitige Konsens (zumindest der Börsenkonsens) ist, dass die EZB die Zinssätze im Laufe des zweiten Halbjahres 2024 senken wird. Das wird aber die Neubewertung von Immobilien nicht verhindern, die bereits im September 2022 begonnen hat und sich bis Juni 2024 hinziehen könnte. Denn selbst wenn es zu Zinssenkungen käme, müssten die Immobilienrenditen gegenüber ihren anderen Konkurrenten auf dem Sparmarkt (wie Staatsanleihen oder festverzinslichen Wertpapieren) immer noch einen substanziellen Risikoaufschlag aufweisen. Der Markt kann nicht zu den Immobilienrenditen zurückkehren, an die man sich gewöhnt hat, als die Inflation und die Zinsen bei null lagen. Um die Wettbewerbsfähigkeit von Immobilien als Vermögenswert wiederherzustellen, müssen die Werte sinken.

Die große Preiserhöhung trifft nicht jeden Markt auf die gleiche Weise. Im Großen und Ganzen können wir drei Gruppen unterscheiden:

• Harte Neubewertung der Lieblinge der institutionellen Anleger: Büros und Logistik. Die Assetklassen mit den niedrigsten Spitzenrenditen, deren Bewertungen in den letzten drei bis fünf Jahren stark angestiegen sind, sind am stärksten betroffen. Das bedeutet auch, dass sich für diese Assetklassen ein Fenster der Möglichkeiten öffnen könnte, sobald die Bewertungen den Tiefpunkt erreicht haben. Die Zukunft von Büroimmobilien wird in den Augen vieler Anleger mitunter in Frage gestellt, auch weil die derzeitigen Turbulenzen auf vielen US-Büromärkten Verwirrung stiften. Wir sind der Meinung, dass diese liquideste Assetklasse im Immobilienbereich von den Investoren einfach nicht umgangen werden kann, dass aber bei der Auswahl der Assets neue Regeln gelten werden: mehr ESG-kompatible, flexible, zentrale und kleinere Gebäude.

• Moderate Neubewertung von alternativen Assets. Dazu gehören Immobilien, die bereits während der Pandemie mit Abschlägen versehen waren: Einzelhandel und Hotels. Gesundheitsimmobilien werden ebenfalls moderat neu bewertet, insbesondere unter dem Druck der betrieblichen Notlagen aufgrund von regulatorischer Unsicherheit, steigenden Energiekosten und Löhnen sowie Arbeitskräftemangel.

• Große Diskrepanzen auf den europäischen Wohnungsmärkten. Auch wenn der IWF ein potenzielles Systemrisiko für die europäischen Wohnungsmärkte sieht (in Bezug auf die Lebenshaltungskosten der Haushalte und die Auswirkungen auf den Bankensektor), zeigen die aktuellen Zahlen je nach Land sehr unterschiedliche Entwicklungen. Darlehen mit variablen Zinssätzen sind eindeutig eine Variable, wie die harten Abwertungen im Vereinigten Königreich und in den nordischen Ländern zeigen.

Länder, die in den letzten Jahren einen boomenden Markt erlebt haben (typischerweise deutsche A-Städte), erleben eine Korrektur, während Italien und Spanien einen starken Rückgang der Transaktionsaktivität, aber keinen einseitigen Preisverfall verzeichnen. Frankreich liegt im Mittelfeld zwischen Deutschland und den südeuropäischen Ländern. Die Bauträger von neuen Wohneinheiten haben jedoch auf allen europäischen Märkten große Schwierigkeiten.

2024 ist daher das sprichwörtliche "Übergangsjahr" für Immobilieninvestoren vom Ende eines Zyklus zum Beginn eines neuen. Die neue Landschaft der Immobilieninvestitionen könnte ganz anders aussehen als das Jahrzehnt der negativen Realzinsen. Unter den solidesten Megatrends, die wir bereits ausmachen, glauben wir, dass die Gewinner des nächsten Zyklus betreibergetriebene, demografiegetriebene, ESG-konforme Assets mit Aufwärtspotenzial auf der Mietseite sein werden.

(Von: Daniel While, Head of Research, Strategy & Sustainability bei Primonial REIM)

























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