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19.01.2024 Stimmung bei Immobilienfinanzierern trübt sich Ende 2023 ein

Unter deutschen Immobilienfinanzierern herrscht nach wie vor Krisenstimmung. Der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (Difi)* sinkt im vierten Quartal um 4,8 Punkte und schließt das Jahr 2023 mit einem Minus von 38,3 Punkten ab. Die leichte Zuversicht, die zur Jahresmitte aufgekommen war und für einen Aufwärtstrend beim Difi gesorgt hatte, ist Ende 2023 wieder einer pessimistischeren Einschätzung des Finanzierungsumfelds gewichen. Im Vergleich zum Rekordtief Ende 2022 notiert der Index allerdings um 31,4 Punkte höher.

Der Difi bildet die Einschätzungen von Finanzierungsexperten ab. Quartalsweise werden die Lage am Kreditmarkt in den vergangenen sechs Monaten und die erwartete Entwicklung in den kommenden sechs Monaten bewertet. Der Difi berechnet sich als ungewichtetes Mittel aus den Salden der beiden Teilindikatoren Finanzierungssituation und Finanzierungserwartung aller Nutzungsarten.

Seit dem zweiten Quartal 2023 arbeitet JLL mit dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) zusammen. Bis zum vierten Quartal 2022 wurde der Difi in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erstellt. Im ersten Quartal 2023 wurde der Difi nicht erhoben.

Insbesondere die Bewertung der kommenden Monate kostet den Difi einige Punkte. So verliert der Erwartungsindikator im Vergleich zum Vorquartal 14,5 Punkte und notiert aktuell bei minus 29,6 Punkten. Das ist zwar nach wie vor deutlich besser als der Lageindikator, der bei minus 47 Punkten liegt. Allerdings hat sich die Lageeinschätzung im Quartalsvergleich um 4,8 Punkte verbessert. Damit reduziert sich der Abstand zwischen Situation und Erwartung von 36,7 auf nur noch 17,4 Zähler.

Dr. Jan Wedemeier, Senior Researcher am HWWI, kommentiert: „Die Halbierung der Punktedifferenz zwischen den beiden Teilindikatoren verdeutlicht, dass sich die Zukunftsaussichten der Expertinnen und Experten merklich eingetrübt haben. Ursächlich dafür ist das anhaltend volatile geopolitische und konjunkturelle Umfeld. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass die Befragung in einem Zeitraum durchgeführt wurde, in dem die Inflationssorgen überwogen haben und die Aussicht auf Zinssenkungen noch sehr vage waren. Zum heutigen Stand dürfte der Ausblick besser ausfallen.“

Logistik wird am besten bewertet, Bürosektor wird abgestraft

Bei der Betrachtung der einzelnen Nutzungsarten setzt sich der Trend der Vorquartale fort: Alle Marktsegmente weisen auch im vierten Quartal 2023 negative Saldowerte aus Lage- und Erwartungseinschätzung auf. Am besten schneidet hier die Nutzungsart Logistik mit minus 23,9 Punkten ab. Dahinter folgen Wohnen (minus 28,3 Punkte), Hotel (minus 32,6 Punkte) und Einzelhandel (minus 45,7 Punkte). Alle vier Segmente zeigen sich im Vergleich zum Vorquartal stabil. Anders sieht es bei Büroimmobilien aus, die in der Expertengunst 23,0 Punkte verlieren und mit minus 60,9 Punkten mit Abstand das Schlusslicht bilden.


Als einziges der fünf Immobiliensegmente müssen Büros bei der Bewertung der Finanzierungssituation im Vergleich zum dritten Quartal Abstriche machen. Mit minus 73,9 Punkten fällt die Einschätzung der aktuellen Lage für Büros am schwächsten aus. Vorn liegt auch hier die Logistik mit minus 30,4 Punkten, gefolgt von Hotel (minus 34,8 Punkte), Wohnen (minus 39,1 Punkte) und Einzelhandel (minus 56,5 Punkte).

„Büroimmobilien sind zurzeit das Sorgenkind. Hier schlagen sowohl das schwache konjunkturelle Umfeld als auch strukturelle Probleme des Büromarkts auf die Stimmung der Finanzierer. Die Nutzungsart steht deshalb nicht nur aktuell, sondern auch im kommenden Jahr zunehmend unter Druck“, sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

Entsprechend bilden Büros auch bei der Erwartung der kommenden sechs Monate mit einem Indikatorstand von minus 47,8 Punkten das Schlusslicht. Die besten Aussichten gibt es für die Sektoren Wohnen und Logistik mit jeweils minus 17,4 Zählern, Hotel kommt auf minus 30,4 Punkte und Einzelhandel auf minus 34,8 Punkte. Damit erzielen alle Erwartungsindikatoren wie in den Vorquartalen Punktzahlen, die über denen der Lageindikatoren liegen, auch wenn die Diskrepanz teilweise deutlich gesunken ist.

Kreditmargen legen wieder zu, insbesondere für Value-add-Produkte
Die schlechtere Stimmung unter den Immobilienfinanzierern kommt auch in angepassten Kreditkonditionen zum Ausdruck. Nach dem kräftigen Rückgang zur Jahresmitte bewegen sich die Kreditmargen zum Jahresende wieder nach oben. In allen Nutzungsarten steigen die Durchschnittsmargen im Halbjahresvergleich – sowohl im Core- als auch im Value-add-Segment.

Am deutlichsten verteuern sich die Konditionen für Core-Immobilien für die Nutzungsarten Einzelhandel und Logistik mit einem Anstieg von jeweils 28 Basispunkten. Für Hotels beträgt der Margenaufschlag zwar im Mittel nur rund elf Basispunkte, dafür bietet die Nutzungsart mit 151,2 Basispunkten derzeit die höchsten Durchschnittsmargen, dicht gefolgt vom Einzelhandel mit 147,8 Basispunkten. Wohnen rangiert mit einem Abstand von knapp 40 Basispunkten zur Nutzungsart Hotel am unteren Ende.

Im Value-add-Segment verzeichnet die Nutzungsart Wohnen mit 50 Basispunkten die höchsten Zuwächse und damit auch die höchsten Durchschnittsmargen mit 158 Basispunkten. Dahinter folgen dicht beieinander Büro (156,8 Basispunkte), Hotel (155,7 Basispunkte) und Logistik (153,4 Basispunkte).

Das Schlusslicht bildet der Einzelhandel mit 136,4 Basispunkten. „Damit ist der Einzelhandel die einzige der fünf Nutzungsarten, bei der im vierten Quartal 2023 die Durchschnittsmargen im Value-add-Segment unter denen im Core-Segment liegen“, analysiert Scheunemann.

Banken werden wieder etwas großzügiger bei der Beleihung

Im Gegensatz zu den Margen haben sich die Beleihungsausläufe (Loan-To-Value, LTV) positiv für Kreditsuchende entwickelt. So sind die markttypischen LTVs nach Expertenbeobachtung in beiden Risikoklassen Core und Value-add segmentübergreifend moderat gestiegen, nachdem sie im ersten Halbjahr 2023 auf Tiefststände abgerutscht waren. Einzig bei Büros der Kategorie Value-add blieben die LTVs in der zweiten Jahreshälfte mit 39,4 Prozent nahezu stabil.

Im Core-Segment liegen die LTVs im vierten Quartal 2023 zwischen 1,3 und 6,7 Prozentpunkte über denen des zweiten Quartals. Die höchsten LTVs erreichen Wohngebäude mit 55,9 Prozent, am wenigsten Kreditspielraum sehen Finanzierer bei Hotels mit durchschnittlich 45,2 Prozent. Auch im Value-add-Segment sind Wohnimmobilien mit 51 Prozent Spitzenreiter, gefolgt von Logistik (43,9 Prozent), Hotels (41 Prozent), Büro (39,4 Prozent) und Einzelhandel (39,2 Prozent).

„Die Kreditgeber zeigen sich bei der Beleihung zwar etwas konzilianter als vor einem halben Jahr. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich insbesondere die Banken nach wie vor im Neugeschäft zurückhalten und den Fokus auf die Betreuung ihrer Bestandskunden legen“, sagt Timo Wagner, Team Leader Debt Advisory JLL Germany. Insbesondere Immobilien mit schwacher Drittverwendungsfähigkeit würden mit erschwerten Finanzierungsbedingungen konfrontiert, das Gleiche gelte für Projektentwicklungen. Allgemein sieht Wagner deutliche höhere Abschlusswahrscheinlichkeiten, wenn sich Kreditsuchende an alternative Darlehensgeber wenden: „Die Umsetzungschance ist gefühlt doppelt groß wie vor einem Jahr.“





















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