News RSS-Feed

04.03.2025 Mut zur Digitalisierung: Warum die kommende Regierung handeln muss

Nach der Bundestageswahl in Deutschland werden durch die kommende Regierung auch die Weichen für die Zukunft unseres Landes gestellt. Warum die Digitalisierung dabei ein drängendes Thema ist, erklärt Yves Padrines, CEO des Münchner MDAX-Unternehmens Nemetschek Group.

„Zwar steht das Buzzword ‚Digitalisierung‘ in zahlreichen Wahlprogrammen – das tut es allerdings schon seit Jahrzehnten bei nahezu jeder Wahl, und meist bleibt es bei einem Lippenbekenntnis. Dabei beobachten wir alleine schon in unserer Domäne, der Bauindustrie, welche positiven Auswirkungen gelebte Digitalisierung haben kann – auf Unternehmen, die Umwelt und die Gesellschaft als Ganzes.

Bauprojekte künftig schneller, günstiger und nachhaltiger realisieren

Digitalisierung zieht sich durch den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes: von der Planung über Bau und Betrieb bis hin zur Sanierung und Rückbau. Und in all diesen Phasen kann und muss sie vorangetrieben werden. Denn die Vorteile für das Klima, die Bürger*innen, Kommunen und nicht zuletzt Bauunternehmen sind groß. Das wird besonders deutlich, wenn man die Hauptprobleme der Bauindustrie betrachtet.
So werden beispielsweise 90 Prozent aller Bauprojekte zu spät fertig und teurer als geplant. Dies gilt nicht nur für Großprojekte wie Stuttgart 21, sondern auch für kleine Projekte wie Eigenheime, Kindergärten oder Turnhallen. Insbesondere beim Wohnungsbau ist dies auch ein gesellschaftliches Problem: Wohnraum wird immer knapper und dadurch immer teurer. Ein beschleunigter und kosteneffizienter Wohnbau kann hier einen Teil zur Entspannung beitragen – insbesondere unter der Prämisse, dass in Deutschland gemäß Schätzungen 900.000 Sozialwohnungen fehlen. Schließlich haben insbesondere kommunale Wohnungsbaugesellschaften oft mit knappen Budgets zu kämpfen. Digitale Tools sind dabei wertvolle Helfer, die Bauprojekte spürbar beschleunigen und verschlanken – und dadurch kosteneffizienter machen. Laut Schätzungen kann man mit Digitalisierung am Bau etwa 20 Prozent an Zeit und Geld einsparen. Nicht nur beim Neubau, auch bei der Transformation bestehender Gebäude.
Hinzu kommt der Fachkräftemangel: Weltweit fehlen im Bausektor rund sieben Millionen Fachkräfte. Dies kann durch effizientere Planung abgeschwächt werden und gleichzeitig werden bestehende Arbeitsplätze gesichert. Denn entgegen landläufiger Meinung sichert Digitalisierung Arbeitsplätze und bietet wirtschaftliche Vorteile für die Unternehmen, da mehr Projekte in kürzerer Zeit bearbeitet werden können.

Auch im Kampf gegen den Klimawandel ist die Digitalisierung ein zentraler Hebel. Knapp 40 Prozent der globalen Emissionen an Treibhausgasen stammen aus dem Bau und dem Betrieb von Gebäuden. Ein Großteil dieser Emissionen ließe sich bereits bei der Planung vermeiden. Die Emissionen resultieren beispielsweise aus Materialverschwendung. Durch smarte Tools lassen sich beispielsweise Materialverschwendung durch Planungsfehler oder aus energetischen Ineffizienzen im Betrieb vermeiden. Diese helfen auch dabei, die zahlreichen Vorgaben von Anfang zu berücksichtigen: etwa bei der Dämmung, der Solaranlage oder der Einbindung der Heizung. So können Verzögerungen, Materialverschwendung und Extrakosten durch nachträgliche Umplanung oder Umbauten verhindert werden.

Wie die neue Bundesregierung die Digitalisierung in Deutschland voranbringen kann
Aber was wünschen wir uns konkret von der neuen Bundesregierung? Klare Vorgaben und Förderungen. Zumindest bei Ausschreibungen von Bauvorhaben für öffentliche Gebäude ist beispielsweise mittlerweile BIM (Building Information Modeling) Pflicht, damit eine Bewerbung überhaupt zugelassen wird. Das ist ein erster Schritt, wenn auch ein kleiner. Deshalb sehen zahlreiche Unternehmen aus der Bauindustrie noch keine Veranlassung, voll auf Digitalisierung zu setzen. Diese muss man motivieren, beispielsweise durch Förderprogramme, die den Einsatz digitaler Tools unterstützen.

Auch eine Ausweitung des digitalen Bauantrags wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Dieser ist zwar bereits flächendeckend möglich, aber nach wie vor optional. Eine Pflicht würde einen ersten Digitalisierungsschub in der Branche bringen – und Prozesse beschleunigen. Auch Förderungen von privaten Bauprojekten, bei denen digitale Tools zum Einsatz kommen, können ein Hebel sein. Und nicht zuletzt ist die Digitalisierung auch eine bildungspolitische Aufgabe: Die Fachkräfte von morgen müssen frühzeitig in Studium und Ausbildung ausgiebig mit den Möglichkeiten und Chancen der digitalen Bauwelt vertraut gemacht werden.

Wir wünschen uns von der Bundesregierung mehr Mut zur Digitalisierung in allen Bereichen. Wir Branchenvertreter stehen dabei gerne beratend zur Seite.“






















Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!