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19.07.2021 Humboldtforum: Ohne diesen Schlussstein ergibt die Mitte keinen Sinn

Entwurf Bebauung des Berliner Schlossplatzes, 1998, von den Architekten Patzschke Klotz & Partner
Nach über 30 Jahren Architekturdiskussion und Bauzeit wird nun das Humboldtforum im teilweise rekonstruierten Schlossbau der Hohenzollern eröffnet. Rüdiger Patzschke, einer der beiden Gründer von Patzschke Architekten: „Wer sich das heutige Ergebnis ansieht, kann kaum erahnen, welche langwierigen Diskussionen und Kontroversen unter Architekten, Stadtplanern und Politikern hier in den letzten drei Jahrzenten geführt wurden.“

Zahlreiche Veranstaltungen, Wettbewerbe, Workshops und Auswahlverfahren brachten unzählige, teils exotische Entwurfsideen hervor, von Zeltdächern bis Jahrmarktkulissen mit Riesenrad.

„Unter den Architekten gab es Grabenkämpfe, die sowohl politisch als auch gestalterisch motiviert waren. Architekten mit bekannten Namen haben unfassbare Entwürfe vorgelegt, von denen kaum einer den Beifall der Bevölkerung gefunden hätte. Der Laie kann sich nicht vorstellen, dass all´ diese Entwürfe ernst gemeint waren“, führt Rüdiger Patzschke aus. Er ist deswegen außerordentlich glücklich, dass nunmehr die Stadtreparatur in der Berliner Mitte in der vorliegenden Form umgesetzt wurde: „Das frühe Berlin ist um das Stadtschloss herum entstanden und konzipiert worden. Ohne diesen städtebaulichen Schlussstein ergibt die ganze Mitte keinen Sinn.“

Seit der Wiedervereinigung setzten sich die Patzschkes für eine klassisch-traditionelle, der Stadtmitte entsprechenden Bebauung im Sinne der europäischen Stadt ein.
Im Rahmen des Interessensbekundungsverfahrens von 1997/1998 entwickelte das Architekturbüro Patzschke (damals Patzschke Klotz & Partner) einen eigenständigen, klassisch-traditionellen Entwurf entsprechend dem Credo der „kritischen Rekonstruktion“. Der zeitgenössische Entwurf gliedert die monumentale Baumasse des seinerzeitigen Schlosses in einer klassischen rhythmischen Form.

Der Turm, der im ursprünglichen Schloss spreeseitig über dem Haupteingang in Form einer Kuppel thronte, wurde als signifikantes Merkmal in reduzierter Form in die Blickachse der Verlängerung Unter den Linden verlegt. Robert Patzschke, Geschäftsführer von Patzschke Architekten, führt aus: „Ein Neubau in klassisch-traditioneller Formensprache, losgelöst von der Gestaltung des ursprünglichen Stadtschlosses, hätte eine adäquate Stadtraumreparatur für die Mitte Berlins geschaffen und gleichzeitig eine politisch und historisch neutrale Umhüllung für die kulturelle Nutzung des Humboldtforums geboten.“

Mit der Errichtung des Hotel Adlons dessen Planungsphase in die frühen 1990 Jahre fällt, haben die Patzschkes den Grundstein für eine Akzeptanz von Bauten mit klassischen und traditionellen Zitaten, die zur Heilung der durch den Krieg stark zerstörten Stadt beigetragen haben, gelegt. Heute gibt es eine Bandbreite von Architekten, die diesem Zeitgeist folgen.

Hierzu hat sich Prof. Dr. Christoph Stölzl, Berliner Kultursenator a.D., wie folgt geäußert: „Die Patzschkes sind klassische Dissidenten, die von außen eine Diskussion erobert haben. Eine Diskussion über die Fragen: Wie sollen Städte aussehen? Wie sollen die Individuen der Städte, die Häuser, aussehen. Man kann die Wirkung dieses Paukenschlages am Pariser Platz, das Hotel Adlon, gar nicht hoch genug einschätzen. Vieles was uns seitdem ganz selbstverständlich erscheint, wie z.B. der Stadtschlossaufbau, war vorher undenkbar und ist nun denkbar geworden. […] Ich glaube, wir leben besser und schöner in Städten, seitdem die Patzschkes ihre Fackel aufgesteckt haben.“ (Auszüge aus der Laudatio von Prof. Dr. Christoph Stölzl – Berliner Kultursenator a. D. – am 8. Dezember 2018 in der Parochialkirche zu Berlin anlässlich des 80. Geburtstages der Zwillinge Rüdiger und Jürgen Patzschke und des 50. Jubiläums von Patzschke Architekten)





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