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30.06.2023 Betonage der letzten Kelchstütze

Foto: © ingenhoven associates / HGEsch
Im Juni 2023 wurde die letzte von insgesamt 28 Kelchstützen betoniert. Die Kelchstützen mit ihren frei fließenden, dynamischen Formen bilden das Schalendach der neuen lichtdurchfluteten, unterirdischen Bahnhofshalle des zukünftigen Stuttgarter Hauptbahnhofes.

„Dieses Gebäude wird eine enorme Bedeutung für die Entwicklung Stuttgarts, Baden-Württembergs und Südwestdeutschlands haben. Dieser Bedeutung muss das Haus auch in seiner Gestaltung gerecht werden – zeigen, was Stuttgart heute ist und in Zukunft sein wird“, so Christoph Ingenhoven.

Ein Mobilitätsprojekt für das 21. Jahrhundert

Der Bahnausbau Stuttgart–Ulm ist eine der größten Infrastrukturmaßnahmen Europas. Der von ingenhoven associates entworfene künftige Hauptbahnhof bildet den Kern des Verkehrs- und Städtebauprojekts Stuttgart 21. Als tiefliegender, 8-gleisiger Durchgangsbahnhof wird er nach seiner Eröffnung den bisherigen 16-gleisigen Kopfbahnhof ersetzen. Die oberirdischen Bahnanlagen im Stadtzentrum werden zurückgebaut. Die frei werdenden Flächen eröffnen neue städtebauliche Perspektiven. Die bisher durch die Gleisanlagen getrennten Stadtteile Stuttgart-Ost und Stuttgart-Nord werden nach mehr als 150 Jahren wieder miteinander verbunden, Reisezeiten deutlich verkürzt.

Eine einzigartige Dachkonstruktion

28 Kelchstützen aus weißem Sichtbeton bilden das Schalendach der neuen, unterirdischen, lichtdurchfluteten Bahnhofshalle. Mit ihren frei fließenden, dynamischen Formen prägen sie die räumliche und sinnliche Qualität des Bahnhofs. Die Kelchstützen sind nach oben offen. Über diese sogenannten Lichtaugen, die durch eine Stahl-Glas-Konstruktionen geschlossen werden, fällt Tageslicht in die Halle und erfolgt deren natürliche Be- und Entlüftung.

Eine Schalenstruktur in dieser Form wurde noch nie gebaut. Sie setzt neue Maßstäbe hinsichtlich der Verbindung von Ingenieurtechnik und Ästhetik. Das 450 Meter lange und 80 Meter breite Schalendach ist ein komplexes Gebilde aus synklastisch und antiklastisch gekrümmten Flächen – mathematisch betrachtet eine Freiform, da es keine mathematischen Regelmäßigkeiten gibt, die sie beschreibt. Die Formen sind nicht willkürlich gewählt, sondern folgen auf effiziente Weise dem genauen Verlauf der Kräfte. Dadurch entsteht eine sehr materialsparende Konstruktion – in der Mitte zwischen den Kelchstützen ist die Betonschale nur 40 Zentimeter dick bei einer Spannweite von ca. 35 Metern.

Der geringe verglaste Öffnungsanteil der Kelchstützen, die ganzjährig ca. 15 Grad warme Tunnelströmung sowie das umgebende Erdreich vermindern Überhitzungen der Bahnhofhalle im Sommer sowie ein Auskühlen im Winter. Zugleich reduziert das einfallende Tageslicht den Energieverbrauch für die künstliche Beleuchtung. In der neuen, unterirdischen Bahnhofshalle herrscht so stets ein komfortables Klima ohne zusätzliche Raumkonditionierung, also ohne Energieverbrauch für Kühlung, Heizung oder Lüftung.

Eine neue Mitte für Stuttgart und die Metropolregion

Der gesamte Bahnknoten Stuttgart erfährt eine Neuordnung. Das Projekt Stuttgart 21 umfasst weit mehr als den Stuttgarter Hauptbahnhof – insgesamt vier neue Bahnhöfe, 57 Kilometer neue Schienenwege, 59 Kilometer Tunnelröhren, 16 Tunnel und Durchlässe sowie 44 Brücken. Die Planungen von ingenhoven associates beinhalten unter anderem auch Sanierung und Umbau des markanten, von Paul Bonatz und Friedrich Eugen Scholer im Jahr 1910 entworfenen, denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes. Es bleibt als Empfangsgebäude erhalten.

Mit der unterirdischen Hochgeschwindigkeitsstrecke gewinnt die Stadt neuen Freiraum. Noch erschweren die oberirdischen Gleise die Entwicklungsmöglichkeiten der Stuttgarter Innenstadt, die Lage im Talkessel schränkt zusätzlich ein. In Zukunft entstehen in einem zentralen Bereich zwei neue Viertel auf einer zusammenhängenden Fläche von circa 100 Hektar. Der Schlossgarten – als Grünes Herz die wichtigste öffentliche Grünanlage Stuttgarts – wird deutlich erweitert, zudem stärker in die Stadt eingebunden. Ein wesentliches Element des Entwurfs von ingenhoven associates ist dabei das begehbare Bahnhofsdach – ein neuer begrünter Platz, der beide Seiten des Talkessels verbindet. Die Lichtaugen geben einen direkten Einblick vom Platz in die unterirdische Bahnhofshalle, während vier sphärisch gekrümmte Gitterschalen aus Stahl und Glas die neuen Eingänge bilden.

1997 gewannen ingenhoven associates den internationalen Realisierungswettbewerb für den Um- und Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofes. Nach Abschluss der Finanzierungsvereinbarung im April 2009 begannen die Bauarbeiten für Stuttgart 21 am 2. Februar 2010. Zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2025 wird der zukünftige Stuttgarter Hauptbahnhof in Betrieb gehen.















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