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21.10.2016 3D-basierte Planung und Fertigung: Penthouse in der Elbphilharmonie

Wie implantiert man organische Räume in eine rechtwinklig-rationalistische Hülle? Wo steht der Systembau als Technik der Vorfabrikation heute? Welche Vorteile bietet diese moderne, intelligente Bautechnik, um Kosten, Zeit und Ressourcen zu sparen und vor allem, um die bis heute auf Baustellen auftretenden Toleranzen zwischen Planung und Realisierung vor Ort auszuschließen?

Das Münchner Büro Brückner Architekten als Generalplaner und der Spezialist für hochwertigen Innenausbau und Systembau, Schotten & Hansen, die sich auszeichnen durch die im Yacht-Bau erprobte Präzision, stellen in München ein erstes Gemeinschafts-Projekt vor. Es geht um den Bau einer zweigeschossigen Penthouse-Wohnung im 24., obersten Stock der Hamburger Elbphilharmonie. Die ambitionierte Entwurfsplanung stammt von der Innenarchitektin Irena Richter, er sieht strahlend weiße, amorphe Räume vor, wie man sie in einem modernen Gebäude der von den Baseler Stararchitekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron entworfenen Elbphilharmonie sicher nicht erwarten würde.

Eine besondere Herausforderung für die Bauleute war, dass die Baumaßnahmen in einem relativ späten Zeitfenster die umtriebige Endphase der Fertigstellung der Elbphilharmonie nicht behindern durften. Unter anderem deswegen kam für den Ausbau des Penthouses nur eine komplette Vorfertigung infrage. Auch steht kein Bauaufzug zum Einbringen größerer Bauteile zur Verfügung. Alles Baumaterial muss mit dem Personenaufzug auf die Baustelle gebracht werden.

Digitale Planung mit neuem 3D-Verfahren am Computer

Um genaueste Planunterlagen zu erhalten, wurde der leere Rohbau des Penthouses mit einem Laserscanner millimetergenau vermessen und in einem räumlichen Computer-Modell abgebildet. In dieses 3D-Modell konnten dann die Planungs-Skizze der Architekten eingebracht und zu einer exakten Entwurfs-Planung präzisiert werden. Nächster Schritt war die Entwicklung der Konstruktion und der technischen Installationen am Bildschirm. Der Computer zerlegte die organischen Formen, die Wand- und Deckenschalen und die pilzartigen Säulen in Einzelteile, die wie ein modulares Baukastensystem auf der Baustelle wieder zusammengesetzt werden können. Die Bauteile werden millimetergenau mit computergesteuerten CNC-Fräsen und modernen Robotern aus leichtem Porenbeton oder aus Gipskarton gefräst.

Viele Beteiligte, ein einziger Datenbank basierter 3D-Plan. Der Vorteil: Passgenaue Realisierung vor Ort ohne Toleranzen Zeit, Kosten und Personal-Einsparungen

Die High-Tech Methode der durchgängigen Planung und Herstellung auf der Grundlage eines räumlichen 3D-Computermodells, im Maschinen- und Fahrzeugbau und in anderen Bereichen der Produktionswirtschaft schon gang und gäbe, steckt in der Baubranche noch in den Kinderschuhen. Dabei hat die innovative, Computer gesteuerte Planung entscheidende Vorteile, denn alle Handwerker planen und produzieren, indem sie auf dieselben Daten zurückgreifen. Bautoleranzen werden so frühzeitig berücksichtigt, Änderungen in Echtzeit berechnet und an alle Beteiligten ausgegeben. Die Roboter werden vom Rechner gesteuert, produzieren individuelle Teile und sind auf serielle Vereinfachung nicht angewiesen.

Bei der Probemontage, einem 1:1-Mock-up in der Werkhalle, können Probleme vorab erkannt und gelöst werden, sodass eine reibungslose, passgenaue Montage auf der Baustelle auch mit drastischer Verkürzung der Bauausführungszeit möglich wird.

Rasche Montage vor Ort

Vor Ort wird eine ebenfalls am Computer entworfene Unterkonstruktion aus Holz errichtet. Anschließend werden die Installationen, die Kabelstränge und Rohrleitungen eingebaut, auch sie vorgefertigt angeliefert und ohne Verschnitt montiert. Jedes Teil hat eine eigene Nummer und wird vor Ort an seinem Platz passgenau eingefügt, für die Bauleute eine ungewohnte logistische Herausforderung. Insgesamt werden ca. 1.000 Module auf der Elbphilharmonie verbaut. Zum Schluss werden die Oberflächen mit einem feinkörnigen, atmungsaktiven Material homogen verputzt.

Verwirklichung eines individuellen Wohntraums in einem der aktuell spektakulärsten Neubauten, der Hamburger Elbphilharmonie

Unter dem beschwingten Dach der Elbphilharmonie entsteht nach den Wünschen des Bauherrn eine exklusive Penthouse-Wohnung in Form eines faszinierenden Raumkontinuums, das an die Expressionisten der 1910er Jahre, an Hablik, Scharoun und an Poelzigs legendäres Berliner Schauspielhaus erinnert. Einerseits öffnet sich die raumhoch gläserne Wand und bietet den fantastischen Blick über Elbe und Hafen, andererseits schwingt der Raum in organischen, archaischen Formen zurück und bildet geschützte, bergende Aufenthaltsbereiche. Eine Treppe zum Schlafbereich auf der Empore, Brüstungen, Tresen, Sitzbänke wachsen skulptural aus den Wänden heraus. Gänge und Durchblicke öffnen sich, führen in das höhlenartige Bad und in die Nebenräume. Das instinktive Wohngefühl, das Höhlenbauen der Kindheit, für das in unserer optimierten, pragmatischen Welt kein Platz mehr ist, wird hier in moderner, abstrakter Form wieder erlebbar. Doch erst die hochmoderne computergesteuerte Systembauweise macht es möglich, mit dieser Perfektion, unter den schwierigen örtlichen Bedingungen und in kürzester Zeit einen solchen Wohntraum zu realisieren.



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